Ermittler behaupten:
“Auf Stimmrekorder ist eine Explosion zu hören”
Die Nachrichtenagentur AFP meldete unter Berufung auf eine anonyme Quelle, der Flugdatenrekorder bestätige einen plötzlichen Absturz: "Alles ist normal, völlig normal während des Fluges, und dann plötzlich nichts mehr." Zudem wirke es auf Fotos der Trümmerteile so, als seien diese von innen getroffen worden, was eher für die These einer Bombe spreche.
In beiden Fällen wurden die Quellen der Informationen nicht näher genannt. An der Untersuchung des Falls sind auch französische Ermittler beteiligt. Der russische Ferienflieger mit 224 Menschen an Bord war vergangenen Samstag kurz nach dem Start in Sharm el-Sheikh über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Niemand überlebte. Die britische Regierung hält es für wahrscheinlich, dass Terroristen eine Bombe an Bord des Fliegers geschmuggelt haben. Ägypten und Russland mahnten dagegen zu Geduld.
Agenten: "Bombe wurde an Bord gebracht"
Bereits zuvor hatte die britischen Tageszeitung "The Times" berichtet, ein gemeinsamer Einsatz britischer und US-Agenten hätte Erkenntnisse gebracht, die auf eine Bombe als Ursache für die Tragödie schließen lassen. Die Agenten hätten demnach Satelliten eingesetzt, um die elektronische Kommunikation zwischen Extremisten der Organisation Islamischer Staat in Syrien und in Ägypten abzuhören.
"Der Ton und der Inhalt der Mitteilungen überzeugten die Experten, dass eine Bombe von einem Passagier oder von einem Mitglied des Flughafenpersonals an Bord gebracht wurde", hieß es am Freitag in dem Bericht, der allerdings keine Quellen für seine Informationen nennt. Auch die BBC berichtete, dass die britische Regierung Hinweise darauf erhalten habe, wonach eine Bombe im Frachtraum des abgestürzten russischen Passagierflugzeugs gewesen war. Die Informationen stützten sich demnach auf abgehörte Gespräche von Milizen auf der Sinai-Halbinsel.
Auch Cameron und Obama vermuten Bombe
Der britische Premierminister David Cameron hatte zuvor gesagt, es sei "mehr als wahrscheinlich", dass der Airbus von einer Bombe zerstört worden sei, und sich dabei auch auf Geheimdienstinformationen berufen. Und auch US-Präsident Barack Obama sagte am Donnerstag in Washington: "Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass da eine Bombe an Bord war, und wir nehmen das sehr ernst."
Britische Touristen werden zurückgeholt
Wegen des Verdachts, dass in Sharm el-Sheikh ein Sprengsatz an Bord der Maschine geschmuggelt wurde, hatte Großbritannien am Mittwoch alle Flüge dorthin gestoppt. Nachdem die Sicherheitsvorkehrungen verschärft wurden, sollen die bis zu 20.000 in Region festsitzenden britischen Touristen nun aus Ägypten zurückgeholt werden.
Putin ordnete Aussetzung aller Flüge nach Ägypten an
Indes hat auch der russische Präsident Wladimir Putin eine Einstellung russischer Flüge in das Land angeordnet. Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Der Präsident habe die Regierung angewiesen, einen entsprechenden Vorschlag des Inlandsgeheimdienstes FSB umzusetzen. Das Kabinett solle den Rücktransport russischer Reisender aus Ägypten organisieren, sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge.
Der Stopp der Ägypten-Flüge hat drastische Auswirkungen: Nach Angaben des russischen Tourismusverbandes halten sich derzeit 45.000 russische Touristen in Ägypten auf, die Hälfte davon in Sharm el-Sheikh, wo der abgestürzte Airbus gestartet war. Der Tourismusverband schätzt die Zahl sogar auf rund 70.000. Ägypten ist eines der beliebtesten Ferienziele der Russen. Der Rücktransport könnte nach Expertenschätzung zwei Wochen oder länger dauern.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Russlands Präsident Putin wollen nach dem Unglück nun enger zusammenarbeiten. In einem Telefonat am Freitag vereinbarten die Staatschefs die "bilaterale Kooperation" zu verstärken, um die Sicherheit für russische Touristen in Ägypten zu gewährleisten und die Sicherheitsmaßnahmen für russische Flugzeuge zu verstärken.
flyniki fliegt am Samstag nach Sharm el-Sheikh
Die Fluglinie flyniki wird hingegen wie geplant am Samstag ihren Flug von Wien nach Sharm el-Sheikh durchführen, teilte die Fluggesellschaft am Freitag mit. "In Absprache mit den Behörden haben wir besondere Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet, die es unseren Gästen erlauben, wie gewohnt Handgepäck und Gepäck mitzuführen", so flyniki-Sprecherin Milene Platzer. "Die Sicherheit unserer Gäste und unserer Besatzung hat höchste Priorität." Man habe sich deshalb "umgehend mit den zuständigen österreichischen Behörden in Verbindung gesetzt, um die Situation vor Ort zu evaluieren".
In Sharm el-Sheikh befinden sich laut Außenministeriumssprecher Thomas Schnöll zurzeit rund 320 Österreicher. Diese Zahl ergebe sich aus Angaben von in Österreich tätigen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften sowie aus dem Register der ägyptischen Botschaft. Das österreichische Außenministerium empfiehlt "landesweit verstärkte Umsicht" aufgrund erhöhter Anschlagsgefahr. Vor Reisen in den Nord-Sinai und in das Sahara-Gebiet wird ausdrücklich gewarnt.
Auswertung des Flugschreibers brachte nichts Neues
Die Auswertung des Flugschreibers der abgestürzten russischen Passagiermaschine laut Moskauer Medien hat indes nicht die erhofften Fortschritte gebracht. Die Aufzeichnungen hätten gezeigt, dass alle Systeme des Airbus A321 bis zu dem "Ereignis" intakt gewesen seien, sagte ein namentlich nicht genannter Experte der russischen Tageszeitung "Kommersant". Etwa 20 Minuten nach dem Start sei die Aufzeichnung abrupt abgebrochen. Möglicherweise seien bei der Abtrennung des Hecks alle Kabel abgerissen worden, die die Blackbox mit Sensoren verbinden.
Fraglich sei, ob der Stimmenrekorder bei der Suche nach der Ursache des schwersten Unglücks in der Geschichte der russischen Luftfahrt hilfreicher sein könne, sagte der Experte. Falls das Flugzeug in wenigen Sekunden zerstört worden sei, hätten die Piloten vermutlich nicht reagieren können. Zudem sei der Stimmenrekorder am Absturzort auf der Sinai-Halbinsel beschädigt geborgen worden. Das Abhören könne daher länger dauern.
Airbus-Absturz: "Bekennervideo" erhärtet Terrorverdacht
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