Bereut sein Handeln

Auschwitz-Prozess: Ex-SS-Mann legte Geständnis ab

Ausland
21.04.2015 16:50
70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat am Dienstag im norddeutschen Lüneburg ein historischer Prozess begonnen. Der frühere SS-Mann Oskar Gröning muss sich wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verantworten. Der Angeklagte legte bereits zu Beginn der Verhandlung ein umfassendes Geständnis ab. "Für mich steht außer Frage, dass ich mich moralisch mitschuldig gemacht habe", sagte der 93-Jährige vor dem Landgericht.

Er gestand, 1942 gleich bei seiner Ankunft von der Vergasung der Juden im Konzentrationslager Auschwitz im besetzten Polen erfahren zu haben. Heute bereue er sein Handeln in Demut vor den Opfern. "Über die Frage der strafrechtlichen Schuld müssen Sie entscheiden", sagte er.

Der 93-Jährige soll der Anklage zufolge das Geld ermordeter Juden verwahrt und in mindestens einem Fall das Gepäck der per Güterzug eintreffenden Opfer bewacht haben. Gröning wird von Journalisten deshalb auch "Buchhalter von Auschwitz" genannt. In seiner knapp einstündigen Aussage gestand der damalige Freiwillige der Waffen-SS alle Vorwürfe der Anklage.

Grausame Erlebnisberichte aus dem KZ-Alltag
Gröning schilderte auch mehrere grausame Vorgänge, die sich vor seinen Augen abgespielt hatten. Auf der Suche nach entflohenen KZ-Insassen sei er Zeuge einer Vergasung in einem dafür umgebauten Bauernhof gewesen und habe die langsam verstummenden Schreie der Opfer gehört, so der 93-Jährige. Nachdem er sah, wie ein SS-Mann ein zurückgelassenes Baby gegen einen Lastwagen schlug und tötete, habe er Vorgesetzte eingeschaltet und um seine Versetzung an die Front gebeten. Ihm sei aber gesagt worden, es gebe keine Möglichkeit, dort herauszukommen.

Großes Medieninteresse auch im Ausland
Der Angeklagte erschien mit einem Rollator im Gerichtssaal, gestützt von seinen Anwälten. Das Interesse ausländischer Medien an dem Prozess ist groß. Dolmetscher übersetzen das Verfahren ins Englische, Hebräische und Ungarische. Aus rechtlichen Gründen beschränkt sich die Anklage auf die sogenannte Ungarn-Aktion, bei der im Sommer 1944 mindestens 300.000 von dort stammende Menschen in Auschwitz ermordet wurden.

Neue Beurteilungskriterien ermöglichen Anklage
Gröning steht erst jetzt vor Gericht, weil die Justiz bis 2011 darauf bestand, dass KZ-Aufsehern eine direkte Beteiligung an den Morden nachgewiesen werden muss. Frühere Ermittlungen gegen den SS-Mann waren daher 1985 eingestellt worden. Erst nachdem die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen ihre Beurteilung änderte, kamen die Ermittlungen gegen Gröning und einige andere KZ-Aufseher wieder in Gang. Sollte der 93-Jährige verurteilt und für haftfähig erklärt werden, erwartet ihn eine Strafe von mindestens drei Jahren Haft. Für den Prozess sind bis Ende Juli 27 Verhandlungstage angesetzt.

Unter den rund 60 Nebenklägern sind Holocaust-Überlebende und Angehörige. Es gehe ihnen um eine späte Gerechtigkeit, nicht um Rache oder eine hohe Strafe, sagten Auschwitz-Überlebende über den Prozess.

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