"Ausrüstungsmängel"

Gaza-Flotte: Israel räumt Fehler bei Erstürmung ein

Ausland
02.06.2010 11:44
Nach dem Tod von mindestens neun Aktivisten bei der Erstürmung der mit Hilfsgütern beladenen Gaza-Flotte hat die israelische Armee erstmals Fehler eingeräumt. "Es ist klar, dass die Ausrüstung zum Auseinandertreiben der Menge mangelhaft war", sagte der Chef der Streitkräfte, Gabi Ashkenazi, am Dienstag zu Journalisten in Jerusalem. An dem Vorfall beteiligte leitende Marine-Soldaten deuteten ein Versagen der Nachrichtendienste an.

Bei der Planung des Einsatzes sei ein solcher Widerstand der Aktivisten nicht erwartet worden, sagte ein ungenannter Leutnant dem Armeeradio. Das Ergebnis habe nicht den Erwartungen entsprochen. Dies sei jedoch hauptsächlich am Verhalten der Aktivisten gelegen. Nach israelischer Darstellung wurden die Soldaten beim Entern der Schiffe angegriffen, was mehrere Aktivisten allerdings bestritten.

Wegen des Militäreinsatzes sind die Regierung und das Militär auch in Israel kritisiert worden: Israelische Zeitungen griffen die Verantwortlichen scharf an, in der Presse war von einem Fiasko und Schlamassel die Rede. Ein Kommentator forderte den Rücktritt von Verteidigungsminister Ehud Barak.

Videos sollen Einsatz rechtfertigen
Bereits früher am Tag hatte die israelische Armee eine Reihe von Videoaufnahmen zum umstrittenen Einsatz gegen das türkische Passagierschiff der "Free Gaza"-Hilfsflotte veröffentlicht. Auf dem YouTube-Profil der Streitkräfte (siehe Infobox) wird in mehreren Clips der eskalierte Einsatz in der Nacht auf Montag auf der "Mavi Marmara" dargestellt. Die Videos sollen nun offenbar die international kritisierte Gewaltanwendung rechtfertigen, durch die neun Menschen, darunter vier türkische Staatsbürger, getötet und Dutzende Aktivisten verletzt wurden. Auch mehrere israelische Soldaten wurden verwundet.

Die beim Militäreinsatz festgenommenen Aktivisten erhoben hingegen erneut schwere Vorwürfe gegen Israel. Der frühere deutsche Bundestagsabgeordnete und Linkenpolitiker Norman Paech sprach nach seiner Rückkehr in Berlin von einem "Kriegsverbrechen". "Das ist ein klarer Akt der Piraterie", sagte Paech und bestritt die israelische Darstellung, dass die Soldaten von Aktivisten angegriffen worden seien. "Von Selbstverteidigung zu sprechen, ist wirklich ein Hohn."

Deutscher Politiker: "Habe nur zweieinhalb Stöcke gesehen"
Er persönlich habe "zweieinhalb Holzstöcke" gesehen, mit denen sich Aktivisten gegen das Militär zu Wehr gesetzt hätten. Mehr habe es an Bord nicht gegeben. Messer habe er nicht beobachtet. Allerdings könne er nicht ausschließen, dass auch Eisenstangen von den Aktivisten benutzt worden sein. Auf dem Video der israelischen Armee ist hingegen zumindest ein massiver Einsatz von Schlagstöcken zu beobachten.

Ein Aktivist aus Griechenland, der sich auf einem anderen Schiff der Gaza-Flotte befand, sagte: "Sie kamen aus der Luft und vom Meer, von überall. Sie traktierten einige mit Elektroschocks und Knüppeln, obwohl auf unserem Boot niemand Widerstand leistete." Auch während der anschließenden Einvernahme seien viele Aktivisten vor seinen Augen geschlagen worden.

UNO-Sicherheitsrat fordert unparteiische Untersuchung
Der UNO-Sicherheitsrat hatte am Dienstag die Gewalt verurteilt und eine unparteiische Untersuchung des Vorfalls gefordert. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon teilte außerdem einen deutlichen Seitenhieb gegen Israel aus: "Hätten die Israelis meiner Forderung und der der internationalen Gemeinschaft Beachtung geschenkt, indem sie die Blockade Gazas aufgehoben hätten, wäre es nicht zu diesem tragischen Vorfall gekommen", sagte er am Rande einer internationalen Konferenz.

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