Angst vor Terror

Badeort Sharm el-Sheikh fürchtet um seine Zukunft

Ausland
05.11.2015 22:16
Alle politischen Unruhen in Ägypten haben Sharm el-Sheikh in den vergangenen Jahren als wichtigem Tourismus-Magneten kaum schaden können. Aber seit vermutet wird, dass am Samstag eine Bombe an Bord eines russischen Passagierjets gelangt sein könnte, der über dem Sinai explodierte und 224 Menschen in den Tod riss, muss das Bade- und Tauchparadies am Roten Meer um seine Zukunft fürchten. Denn die Angst vor dem Terror wird künftig viele Touristen fernhalten.

"Die entscheidende Frage ist ja: Würden Sie derzeit noch nach Sharm el-Sheikh reisen?", sagt Fawaz Gerges, Experte an der London School of Economics. Die britische und die US-Regierung halten es inzwischen für "sehr wahrscheinlich", dass der Airbus am Samstag von einem an Bord geschmuggelten Sprengsatz 23 Minuten nach dem Start vom Himmel geholt wurde. Am Mittwoch hatten Großbritannien und Irland ihren nationalen Airlines verboten, weiter nach Sharm el-Sheikh zu fliegen. Am Donnerstag teilte die Lufthansa-Gruppe mit, dass alle ihre Fluggesellschaften die gesamte Sinai-Halbinsel bis auf Weiteres nicht mehr anfliegen. Viele Pauschalreiseanbieter haben ihre Reisen in den Urlaubsort schon gestrichen.

"Schon seit Jahren leidet die Branche in Ägypten unter den politischen Unruhen", sagt Tourismus-Fachmann Gerges. Der Flugzeugabsturz "könnte ihr jetzt einen extrem harten Schlag versetzen."

Tausende Urlauber nach Flugverbot gestrandet
Tausende Touristen sind seit dem Flugverbot am Roten Meer gestrandet. Am Freitag will die britische Regierung beginnen, ihre Landsleute aus Sharm el-Sheikh auszufliegen - nachdem dort verschärfte Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Zehn Tage könnte es dauern, bis die letzten Urlauber wieder zu Hause sind.

(Bild: APA/EPA/TOBIAS HASE)

Sharm el-Sheikh und Hurghada wurden lange als die Juwelen der ägyptischen Tourismusbranche gepriesen: blaues Meer, die ockerfarbenen Berge sowie die weißen Villen und Hotels. Fast unberührte Strände und spektakuläre Tauchgebiete lockten alleine 2013 rund 2,5 Millionen Urlauber, vor allem aus Russland und Großbritannien und vor allem im Winter, wenn es dort warm ist. Jeder fünfte Russe, der seine Ferien im Ausland verbringt, reiste bisher nach Ägypten.

(Bild: APA/EPA/KHALED EL-FIQI)

90 Tote bei Bombenanschlag 2005
Bei einem Bombenanschlag vor zehn Jahren waren in Sharm el-Sheikh fast 90 Menschen getötet worden - es war eine der tödlichsten Attacken in Ägypten. In diesem Jahr rückte der Terror schleichend näher: Anfang des Jahres vereitelte die Polizei Selbstmordanschläge nahe dem Karnak-Tempel in Luxor. Im August erklärte der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz IS, einen in Kairo verschleppten Kroaten enthauptet zu haben. Im September wurden acht Touristen aus Mexiko von Sicherheitskräften getötet, die die Gruppe in der Wüste für Extremisten gehalten hatten.

"Wenn es tatsächlich ein Terroranschlag war, der das Flugzeug abstürzen ließ, dann wird der Tourismus in Ägypten schlicht sterben", fürchtet Hamada Nagi von einem Reiseanbieter in Hurghada. "Der Schaden ist schon da", sagt Jacques Peter von der Luxushotelgruppe Savoy Group in Sharm el-Sheikh. "Selbst wenn es ein Pilotenfehler war: Die Menschen glauben, es war eine Bombe." Noch gebe es keine Stornierungen, aber die Buchungen für das nächste Jahr seien im Keller.

(Bild: APA/AFP/STR)

Das ganze Land würde darunter leiden. Zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes steuerte bisher der Tourismus bei, und 15 Prozent der Devisen. 2010, bevor landesweite Demokratie-Proteste Langzeitmachthaber Hosni Mubarak aus dem Amt trieben, waren in Ägypten noch 15 Millionen Touristen gezählt worden, vergangenes Jahr waren es nur mehr zehn Millionen.

Obama hält Bombe als Ursache für Absturz für möglich
Mittlerweile schließt auch US-Präsident Barack Obama nicht mehr aus, dass eine Bombe den Absturz des russischen Airbus auf der Sinai-Halbinsel verursacht hat. Es bestehe die Möglichkeit, dass eine Bombe an Bord war, sagte er am Freitag. Damit blieb er in seiner Einschätzung deutlich vorsichtiger als die britische Regierung. Premierminister David Cameron hatte zuvor gesagt, es sei mehr als wahrscheinlich, dass der Airbus von einer Bombe zerstört worden sei.

Airbus-Absturz: "Bekennervideo" erhärtet Terrorverdacht

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