Bankkonten für alle, die Abschaffung von kleineren Cent-Münzen und nun eine Obergrenze bei Bargeldzahlungen: Innerhalb der EU preschen nun immer mehr Regierungen vor, die massive Einschränkungen beim Zahlungsverkehr mit Bargeld fordern. Nach Ansicht des früheren Präsidenten des deutschen Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, wären solche Beschränkungen allerdings verfassungswidrig. "Dies wären nicht gerechtfertigte Eingriffe in Freiheitsrechte, nämlich in die Vertragsfreiheit und Privatautonomie", sagte Papier am Dienstag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Eine gesetzliche Bargeldobergrenze und der Zwang, auf elektronische Zahlungsmittel zurückzugreifen, bedeuteten einen "kräftigen Schritt hin zur weiteren Reglementierung, Erfassung und verdachtslosen Registrierung", sagte Ex-Verfassungsrichter Papier der "FAZ". Dabei habe das Verfassungsgericht immer wieder betont, "dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden" dürfe.
Zudem sei wohl nicht hinreichend nachweisbar, dass Beschränkungen zum Schutz des Gemeinwohls geeignet und erforderlich seien, sagte Papier. "Mit solch vagen Vermutungen und globalen Verdächtigungen können die Freiheitseingriffe nicht legitimiert werden."
SPD: Macht Sinn im Kampf gegen Geldwäsche
SPD-Finanzexperte Carsten Schneider hingegen bezeichnete die geplante Bargeldobergrenze als wichtig. "Sie macht Sinn, wenn sie eingebettet ist in ein Gesamtpaket, um Geldwäsche zu bekämpfen", sagte Schneider der "Saarbrücker Zeitung". Deshalb plädiere er auch für die Abschaffung des 500-Euro-Scheins. "Das ist das Zahlungsmittel bei Schwarzgeld im großen Stil." Außerdem müssten die Geldwäsche-Richtlinien für den Immobilienbereich verschärft werden.
Die deutsche Regierung hatte in der vergangenen Woche angekündigt, sich im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für eine EU-weite einheitliche Obergrenze bei Bargeldzahlungen einzusetzen. Das Finanzministerium sprach von einer "Größenordnung von 5000 Euro". Bargeldtransaktionen verliefen anonym und seien im Gegensatz zu kontenbasierten Transaktionen nicht überprüfbar, begründete das Ministerium den Vorstoß.
"Einstieg in totalen finanztechnischen Überwachungsstaat"
Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Unternehmer und EU-Parlamentsabgeordneter der von der AfD abgespaltenen Allianz für Fortschritt und Aufbruch (Alfa), bezeichnete die geplante Bargeldobergrenze als "Einstieg in einen totalen finanztechnischen Überwachungsstaat". Die Obergrenze sei "lediglich der Versuch, die Leute an den Gedanken zu gewöhnen", sagte er der "Welt".
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble stellte klar: "Es ist überhaupt nicht die Rede davon, eine Obergrenze einzuführen, wie viel Bargeld jemand besitzen darf." Denkbar seien auch Zahlungen jenseits einer Obergrenze, wenn die Teilnehmer der Transaktion bekannt seien. Auch er strich die Bedeutung der Bargeld-Kontrolle im Kampf gegen Geldwäsche und die Finanzierung von Terrorismus hervor.
Bargeldzahlung: Obergrenze in Frankreich bei 1000 Euro
Frankreichs Finanzminister Michel Sapin sprach von einer Pflicht, eine europäische Lösung bei der Barzahlung anzupeilen. Einzelne Länder könnten bei Bedarf noch weiter gehen. In Frankreich liegt die Obergrenze seit dem Vorjahr bei 1000 Euro.
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