Kinder radikalisiert
Briten geschockt: Islamisten unterwandern Schulen
Im März war ein anonymes Schreiben aufgetaucht, das die Zustände an den Schulen Birminghams mit dem berühmten trojanischen Pferd verglich. Die folgende öffentliche Debatte ließ das Bildungsministerium handeln: 21 Schulen wurden von der zuständigen Aufsichtsbehörde Ofsted und einem Amt des Ministeriums unter die Lupe genommen.
"Tief beunruhigend und schockierend"
Die Erkenntnisse schockieren die Briten: Ofsted-Leiter Michael Wilshore bestätigte am Montag, was im anonymen Brief behauptet worden war. Es gebe tatsächlich eine "organisierte Kampagne" radikaler muslimischer Gruppen, die es auf "bestimmte Schulen abgesehen" hätten. Es gebe "Beweise von großer Besorgnis, einige davon tief beunruhigend und in manchen Fällen geradezu schockierend", so Wilshore.
Nur drei der 21 untersuchten Schulen - obwohl privat geführt, müssen sie sich an den nationalen Lehrplan halten - erhielten eine gute Note, 13 dagegen wurden Auflagen zur Einhaltung der Standards auferlegt. Bei fünf Schulen waren sogar "spezielle Maßnahmen" nötig: Das Führungspersonal wurde ausgetauscht, genau wie diverse Lehrer, zudem wurde eine unabhängige Aufsicht bestimmt.
Geschlechtertrennung und Abwertung von Frauen
Die Prüfer fanden unzählige beunruhigende Vorgänge in den betroffenen Schulen. So mussten dem Bericht zufolge zum Beispiel Buben und Mädchen in den Klassen getrennt sitzen - die Mädchen hinten. Freundschaften zwischen den Geschlechtern waren unerwünscht, nicht muslimische Frauen wurden als moralisch unterlegen oder sogar als "weiße Prostituierte" bezeichnet, denen des "Höllenfeuer" bevorstehe. Eine muslimische Lehrerin soll von einem Kollegen gerüffelt worden sein, weil sie kein Kopftuch trug.
Zudem sei Sexualkundeunterricht aus den Schulen verbotenerweise praktisch verbannt worden, so die Untersuchungen des Unterrichtsministeriums. Koran-Slogans seien an den Wänden gefunden, nicht muslimische Lehrer an Freitagen zur Gebetszeit aus der Aula verbannt worden. Ärger gibt es auch, weil muslimische Schüler zum Teil auf Kosten des Steuerzahlers nach Mekka gereist sein sollen.
Sich gegen die Vorgänge zu wehren, gelang offenbar nicht. So wurde eine Lehrerin hinausgedrängt, weil sie die Radikalisierung nicht gutheißen wollte. Zahlreiche Lehrer sollen diese sogar noch befeuert haben. Auch ein extremistischer Scheich soll als Gastredner dazu beigetragen haben, indem er die Gottesfürchtigkeit lobte, für die Taliban im Dschihad gegen weiße Invasoren in Afghanistan einzutreten.
Bildungsminister will durchgreifen
Die lokale Aufsichtsbehörde hat die Vorwürfe gegen die Schulen am Montag zurückgewiesen, doch Bildungsminister Michael Gove will sich davon nicht aufhalten lassen. Schon letzte Woche hatte er mit Innenministerin Theresa May öffentlich gestritten, diese nehme die Gefahr durch radikalisierende Erziehung nicht ernst. May konterte, Gove sei schon vor vier Jahren vor den Zuständen in Birmingham gewarnt worden, habe jedoch nichts unternommen.
Am Montag demonstrierten Gove und May dann aber Einigkeit. May verkündete Präventivmaßnahmen wie mehr Dialog mit muslimischen Gemeinschaften und ein entschlosseneres Vorgehen gegen Hassprediger. Gove erklärte, Kontrollbesuche an Schulen würden künftig ohne Vorwarnung stattfinden und Lehrer, die radikale Gastredner einladen, müssten mit einer Entlassung rechnen. Vorerst blieben die besonders betroffenen Schulen unter staatlicher Aufsicht, zudem müssten ab Schulbeginn im September "britische Werte" unterrichtet werden.
Eltern und Schulen sehen "Hexenjagd"
Die Stadt Birmingham nahm er außerdem in die Verantwortung, die privaten Schulen künftig stärker zu überprüfen. Ob die britische Öffentlichkeit damit beruhigt ist, bleibt abzuwarten. Eltern von Schülern an den betroffenen Einrichtungen zeigen sich jedenfalls wenig erfreut. Ihre Kindern würden schon fast als Terroristen abgestempelt und womöglich ihr Leben lang stigmatisiert, erklärten sie gegenüber dem britischen "Guardian".
Auch eine Lehrerin gab an, sie überlege, ihren Job aufzugeben wegen des Drucks aus der Öffentlichkeit. Schließlich seien die Anschuldigungen falsch. Das erklärte auch der stellvertretende Direktor einer der besonders kritisierten Schulen, Jahangir Akbar von der Oldknow Akademy. "Ich habe das Gefühl, das ist eine politische Hexenjagd. Es gibt hier keinen Extremismus, unsere Kinder sind in Sicherheit."
Harmlose Vorgänge oder Radikalisierung?
Dass zum Beispiel eine Tombola bei einer Schulfeier abgesagt worden war, weil ein Elternteil sie als "unislamisch" kritisiert hatte, sei zwar wahr. Doch man habe dies nur getan, "um auf der sicheren Seite zu sein". Und dass nur Muslime an einer Reise nach Saudi-Arabien teilnehmen durften, liege an den strengen Gesetzen des Landes. Beschimpfungen nicht muslimischer Frauen oder Christen habe es jedenfalls nie gegeben, so Akbar.
Dass Buben und Mädchen getrennt sitzen müssen, indoktriniert oder radikalisiert werden, sei Unsinn, erklärte auch ein Vater gegenüber dem "Guardian". "Das ist lächerlich. Buben und Mädchen versuchen vielleicht, zusammen zu sitzen, aber das passiert überall." Diesen Eindruck gewann auch der "Guardian"-Journalist. Zumindest beim Besuch vor Ort sei von Geschlechtertrennung nichts zu spüren gewesen, heißt es: Buben und Mädchen hätten gerade die Schule verlassen für einen Ausflug - gemeinsam, lachend und plaudernd.
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