Polizei verschwunden
Budapest: Flüchtlinge stürmen Züge nach Österreich
Der Railjet RJ 64 hätte eigentlich bereits um 13.45 Uhr am Wiener Hauptbahnhof ankommen sollen, verließ die ungarische Grenze aber erst gegen 16.21 Uhr. Der Zug sei bei seiner Ankunft im Grenzbahnhof Hegyeshalom völlig überfüllt gewesen, sagte ÖBB-Sprecher Michael Braun. Deshalb habe das österreichische Zugteam die ungarische Polizei gerufen, "um den Zug von überzähligen Fahrgästen zu räumen".
Laut der Lokalzeitung "Kisafold" sei versucht worden, alle Flüchtlinge, die nicht über die nötigen Reisedokumente verfügten, aus den Zügen zu holen. Dies sei aber nur bedingt möglich gewesen. Mit wie vielen Flüchtlingen an Bord sich der Railjet wieder auf den Weg nach Wien machte, ist noch völlig unklar. Der Nachfolgezug, Railjet 66, verließ kurz darauf die österreichisch-ungarische Grenze. Kurz vor 17.30 Uhr traf die erste Garnitur dann am Wiener Hauptbahnhof ein.
Im Innenministerium in Wien rechnete man jedenfalls nicht damit, dass am Montag mehr Flüchtlinge als sonst am Hauptbahnhof ankommen. Man sei mit Ungarn "in Kontakt", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck: "Wir gehen davon aus, dass die ungarischen Behörden in ihrem Verantwortungsbereich die entsprechenden Maßnahmen setzen."
Turbulente Ankunft am Westbahnhof
Etwas turbulenter verliefen Ereignisse am Westbahnhof. Gegen 18.10 Uhr kamen die Flüchtlinge, sichtlich abgekämpft, teilweise mit Kindern im Arm, an. Neben der Polizei wurden sie auch von freiwilligen Helfern in Empfang genommen, die sie mit Mineralwasser und Obst versorgten. Trotz großen Aufgebots der Einsatzkräfte verlief die Ankunft turbulent: Kontrollen gab es vorerst praktisch keine. Auch eine genaue Zahl der Ankommenden lag noch nicht vor. Laut Polizeisprecher Roman Hahslinger sollen es aber "Hunderte" sein.
Hahslinger betonte, dass die Personen, die in Österreich Asyl beantragen, von der Behörde entsprechend behandelt würden. Bei Flüchtlingen, die ohne gültiges Schengen-Visum weiterreisen wollen, werde eine "Rückabschiebung nach Ungarn veranlasst". Auf dem Wiener Westbahnhof machten auch eine Handvoll Demonstranten ihrem Ärger über die Asyl-Zustände in Österreich Luft. Sie skandierten Parolen wie "No Border, no Nation" und hielten Plakate in die Höhe, auf denen "Refugees Welcome" zu lesen war.
Merkel sprach mit Orban über Flüchtlingskrise
Laut Medienberichten hatten der ungarische Premier Viktor Orban und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor den Ereignissen am Montag über die Flüchtlingskrise in Ungarn gesprochen.
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert dementierte auf Twitter das Gerücht, dass die deutsche Regierung Sonderzüge für Flüchtlinge für den Transport nach Deutschland zur Verfügung gestellt habe. Vielmehr müssten sich Flüchtlinge in Ungarn registrieren lassen, Asylverfahren seien dort durchzuführen.
Seit Tagen hatten mehrere Hundert Migranten - überwiegend Syrer - vor dem Bahnhof in Budapest campiert. Sie warteten dort darauf, nach Österreich und dann weiter nach Deutschland reisen zu können. Die ungarischen Behörden wollten sie aber nur in Züge Richtung der Flüchtlingscamps von Debrecen oder Bicske steigen lassen. "Wir wollen weg!" oder "Deutschland!" stand auf mehreren Schildern, die die Menschen hochhielten.
Auch Grenzzaun zu Serbien hält Flüchtlinge nicht ab
Die ungarische Regierung hatte am Samstag die Fertigstellung einer vorläufigen Stacheldrahtbarriere an der Grenze zu Serbien gemeldet, die Flüchtlinge von der illegalen Einreise in das Land abhalten soll.
Die aus Zaun und Stacheldrahtrollen bestehende Sperranlage verläuft vollständig entlang der 175 Kilometer langen Grenze. Trotzdem schaffen es weiterhin Tausende Flüchtlinge aus Serbien in das Land. Wie die ungarische Polizei am Sonntag mitteilte, seien allein am Samstag 2700 Migranten gekommen.
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