Wollte Weiße töten

Dallas: Heckenschütze war Afghanistan-Veteran

Ausland
09.07.2016 08:19

Jener Heckenschütze, der nach den tödlichen Schüssen auf fünf Polizisten in Dallas im US-Bundesstaat Texas mittlerweile identifiziert wurde, war laut Angaben des Verteidigungsministeriums ein Armee-Reservist und Afghanistan-Veteran. Die Polizei bestätigte mittlerweile, dass es sich dabei um Micah Johnson (25) handelte. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Ermittler Material zum Bau von Bomben, kugelsichere Westen, Gewehre, Munition sowie eine Art Tagebuch zu Kampftechniken.

Der Mann hatte am Donnerstagabend während einer Kundgebung gegen Polizeigewalt in Dallas aus dem Hinterhalt fünf Polizisten erschossen, sieben weitere Beamte sowie zwei Zivilisten wurden verletzt. Nachdem er sich stundenlang in einer Parkgarage verschanzt hatte, wurde er von der Polizei getötet.

Micah Xavier Johnson (Bild: Associated Press)
Micah Xavier Johnson

Laut Polizeichef David Brown gab der 25-Jährige während der Verhandlungen an, "Weiße" bzw. "weiße Cops" töten zu wollen. "Das Ende ist nah!", habe Johnson laut CNN während des Schusswechsels mit der Polizei in einem Parkhaus verkündet, wo er sich verschanzt hatte, und mit in der Nähe platzierten Bomben gedroht. Die Polizei fand aber keine Sprengsätze.

Polizeichef David Brown trauert um fünf seiner Kollegen. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Polizeichef David Brown trauert um fünf seiner Kollegen.

Heckenschütze von Bomben-Roboter getötet
Brown sagte am Freitag, die Polizei habe ihn schließlich mit einem Sprengsatz getötet, den ein Roboter transportiert habe. Es war das erste Mal, dass so ein Roboter von der Polizei gegen einen "active shooter" verwendet wurde.

Auf einem im Internet und von US-Medien verbreiteten Foto (siehe unten), ist ebenfalls Johnson zu sehen. Er hat die rechte Faust erhoben und blickt ernst in die Kamera.

Heckenschütze war ein Einzeltäter
Mittlerweile dürfte feststehen, dass es sich bei Johnson um einen Einzeltäter gehandelt hatte. Der Mann habe sich auch gegen die Bürgerrechtsbewegung "Black Lives Matter" gestellt. Er habe zudem gesagt, er sei kein Mitglied einer Terrororganisation, sondern handle alleine, erklärte Polizeichef Brown. Johnson habe keine kriminelle Vergangenheit. Er sei Armee-Veteran und als Einzelgänger beschrieben worden. Er war in einer Einheit für Zimmerei und Maurerhandwerk. Unklar blieb vorerst, ob er ausführliches Schießtraining erhalten hat.

Die Ermittlungen dauerten an, deswegen würden auch zu den Opfern weiter keine Einzelheiten mitgeteilt. Mehr als 200 Polizisten seien befragt worden. Auch das Weiße Haus schließt nach derzeitigem Wissensstand einen terroristischen Hintergrund aus. Unklar blieb weiterhin, was es mit drei Festgenommenen auf sich hat, von denen die Polizei in der Nacht gesprochen hatte.

Die Tatorte sind nach wie vor abgeriegelt. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Die Tatorte sind nach wie vor abgeriegelt.

"Diese Entzweiung muss aufhören"
Der sichtlich bewegte Polizeichef wandte sich in einem eindringlichen Appell an die Bevölkerung: "Wir brauchen Ihre Unterstützung, um Sie vor denjenigen zu beschützen, die für diese tragischen Ereignisse verantwortlich sind." Brown zufolge wurden die Beamten aus dem Hinterhalt angegriffen; einigen sei in den Rücken geschossen worden. Er sagte, die Polizisten hätten unter Einsatz ihres Lebens für die Sicherheit von Zivilisten gesorgt, ohne sich vor den Schüssen schützen zu können. "Diese Entzweiung zwischen Polizisten und Bürgern - sie muss aufhören."

Ein Video zeigt den Heckenschützen: 

US-Präsident Barack Obama hatte in der Nacht vor den Ereignissen in Dallas versucht, einen schwierigen Bogen zu schlagen. Ganz Amerika müsse über die bei den jüngsten Polizeieinsätzen getöteten Schwarzen erschüttert sein, sagte er unmittelbar nach der Landung in der polnischen Hauptstadt Warschau, wo am Freitag und Samstag der NATO-Gipfel stattfindet. Ja, es gebe Benachteiligungen im Justizsystem sowie Diskriminierungen, so Obama. Er sagte aber auch, dass viele Polizisten einen schweren, einen ausgezeichneten Job machten, und wie sehr er ihnen danke.

Schlimmstes Verbrechen gegen Polizisten seit 9/11
Der Präsident beschwor die Amerikaner, nach dem Geschehenen nicht in routinierte Reaktionsmuster zu verfallen, sondern innezuhalten. Wenige Stunden später ist daran aber nicht mehr zu denken: Die USA sind mit neuem Hass konfrontiert. Nach den Schüssen in Dallas ist die Rede vom schlimmsten Verbrechen gegen Polizisten seit der Terrorattacke vom 11. September 2001.

Ein Polizeioffizier trauert um seine kaltblütig erschossenen Kollegen. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Ein Polizeioffizier trauert um seine kaltblütig erschossenen Kollegen.

Das Attentat von Orlando, die Polizeigewalt gegen Schwarze und nun der Angriff der Scharfschützen in Dallas - all diese Fälle hinterlassen ein Gefühl einer tiefen gesellschaftlichen Verrohung. Reflexartig verfallen die USA nach jeder neuen Gewalttat in eine Debatte über die Waffengesetze, auch am Freitag war es wieder so weit.

Obama: "Mit trauriger Realität auseinandersetzen"
Es ist ein Herzensanliegen des Präsidenten, die Gesetze zu verschärfen, seit Jahren kämpft er dafür. Der Großteil der Republikaner und die mächtige Waffenlobby haben es bisher jedoch immer verhindert. Obama wirkte am Freitag nicht nur erschöpft, sondern auch wütend. Wütend auf die, die den Besitz von Waffen immer wieder aufs Neue mit dem zweiten Zusatz der Verfassung rechtfertigen.

Es komme zu solch tödlichen und tragischen Attacken, wenn Menschen so einfach an kriegsähnliche Waffen kommen könnten, so Obama. "In den nächsten Tagen müssen wir uns mit dieser traurigen Realität auseinandersetzen."

Ex-Freundin von Getötetem verurteilt Gewalt gegen Polizei
Unterdessen meldete sich auch die frühere Lebensgefährtin des kürzlich im US-Staat Louisiana von Polizisten getöteten Afroamerikaners zu Wort und verurteilte die Gewalt gegen die Polizei in Dallas. Wir lehnen von ganzem Herzen die verwerflichen Gewaltakte ab, die gegen Mitglieder der Polizei von Dallas verübt wurden", sagte die Ex-Partnerin von Alton Sterling in einer Mitteilung vom Freitag, wie mehrere US-Medien berichteten. Egal, wie aufgebracht die Menschen seien, hieß es weiter, solche "widerliche Gewalt" dürfe nicht toleriert werden.

Zwei Polizisten hatten den 37-jährigen Sterling am Dienstag auf einem Parkplatz in der Stadt Baton Rouge zu Boden gezwungen und aus nächster Nähe erschossen. Im Internet tauchten Videos davon auf.

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