Weitere Verdächtige
Deutsche Neonazi-Terrorzelle offenbar größer als gedacht
Zschäpe und der in Niedersachsen festgenommene Holger G. sitzen bereits in Untersuchungshaft. Nun gibt es zwei weitere Beschuldigte. Es seien "zwei plus zwei", teilte Generalbundesanwalt Harald Range am Freitag in Berlin mit. Nach früheren Medienberichten haben die Ermittler zwei Thüringer Neonazis im Visier. Sie sollen das Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Böhnhardt und Mundlos sind tot, sie haben sich laut Behörden selbst umgebracht.
Das Ausmaß der Unterstützung für die Neonazi-Terroristen stellt für die Ermittlern bisher ein Rätsel dar. "Das kann auf ein Netzwerk hinauslaufen", sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke. Die rechtsextreme Gruppe Thüringer Heimatschutz, aus der der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) entstanden ist, habe zeitweise 170 oder 180 Mitglieder gehabt. Auch in Sachsen und Brandenburg gab es Hinweise auf mögliche Unterstützer.
Neonazi-Terroristin will nicht aussagen
Zschäpe, die im Frauentrakt des Gefängnisses in Köln-Ossendorf einsitzt, will entgegen anderslautender Berichte zunächst nicht aussagen. "Ich habe heute mit ihr gesprochen und ihr den Rat erteilt, derzeit nichts zur Sache zu sagen. Sie wird diesen Rat auch befolgen", sagte ihr Anwalt, der Kölner Strafrechtler Wolfgang Heer, der Nachrichtenagentur dpa. Nach Angaben der Gefängnisleitung hat die 36-Jährige auch bisher keinen Besuch von BKA-Beamten erhalten.
Festnahme des Terror-Trios Ende der 90er gestoppt?
Zuletzt waren die deutschen Behörden ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik geraten, nachdem eine ganze Serie an Fahndungspannen bekannt geworden war. Eine geplante Festnahme des Neonazi-Trios wurde laut dem Sender MDR Ende der 90er-Jahre in letzter Minute gestoppt. Fahnder hätten die drei Verdächtigen zwischen 1998 und 1999 in Chemnitz in Sachsen aufgespürt. Ein Spezialeinsatzkommando des Landeskriminalamtes sei kurz vor dem Aufbruch nach Sachsen gestoppt worden.
Nach Krisengipfel noch viele offene Fragen
Mit besseren Ermittlungsstrukturen wollen Bund und Länder auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror nun verstärkt reagieren. Viele Fragen blieben nach einem großen Krisengipfel von Bund, Ländern und den Spitzen der Ermittlungsbehörden, der am Freitag in Berlin stattfand, allerdings offen.
Kanzlerin Angela Merkel sagte Aufklärung zu und sprach den Hinterbliebenen ihre Anteilnahme aus. "Wir werden nicht ruhen, bevor nicht alle Umstände der fürchterlichen Morde aufgeklärt sind", betonte sie. "Wir sind beschämt, aufgerüttelt und aufgefordert, dass Fremdenhass und Extremismus in unserem Land keinen Platz haben."
Neuer Anlauf für Verbot der NPD?
Konkret geprüft werden soll ein neuer Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen Partei NPD. Das teilten Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach dem Treffen mit. Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer vom Bundesverfassungsgericht forderte ein Umdenken beim NPD-Verbot. Die NPD sei der ideologische Nährboden für die rechte Gewalt, sagte Seehofer am Freitag in Gmund am Tegernsee. "Deswegen bin ich der Meinung, dass sich der Rechtsstaat gegen die NPD wehren und den rechten Sumpf austrocknen muss."
Seehofer forderte einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Dieses war 2003 beim ersten Versuch an den Bedenken dreier Verfassungsrichter gescheitert. "Auch das Bundesverfassungsgericht wird seine Position überdenken müssen, die es zuletzt eingenommen hat", sagte Seehofer. Er sei in der Politik "seit fast vierzig Jahren von juristischen Bedenkenträgern umzingelt". "Was muss eigentlich noch passieren, damit endlich was passiert?", fragte der CSU-Chef.
Keine Verbindung zum Fall Mannichl
Unterdessen gab das bayerische Landeskriminalamt am Freitag bekannt, dass es nach der Überprüfung erster DNA-Spuren keine Hinweise auf eine Verbindung zwischen der Neonazi-Mordserie und dem Fall Mannichl in Passau gebe. Der Passauer Polizeichef Alois Mannichl war 2008 in Fürstenzell nahe Passau niedergestochen und schwer verletzt worden. Der Täter wurde nie gefasst, es gab aber Spekulationen über einen rechtsextremistischen Hintergrund (siehe Infobox).
Wenige Tage nach der Enttarnung der Zwickauer Terrorzelle hat ein rechtsextremer Internetversand den Vertrieb von T-Shirts gestartet, auf denen die Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" verherrlicht wird. Abgebildet ist darauf eine Maske in Dönerform sowie die Aufschrift "Killer Döner - Nach Thüringer Art", wie die in Berlin erscheinende "tageszeitung" in ihrer Samstagsausgabe berichtet. Für 18,95 Euro plus Versandkosten kann das Shirt demnach in den Farben Braun, Schwarz und Rot bestellt werden. Vertrieben werde das Kleidungsstück von dem als rechtsextrem bekannten Versand "Reconquista".
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