Lokalaugenschein
Die Angst steht Paris ins Gesicht geschrieben
Die bleierne Stimmung liegt schwer wie eine Glocke über Paris. Es ist, als ob die ganze Stadt nicht richtig atmen könnte. Châtelet, die größte U-Bahn-Station von Paris, ist leergefegt. Schwerbewaffnete Polizisten und Militärs patrouillieren. Denen, die tatsächlich auf die Straße müssen, steht die Angst ins Gesicht geschrieben. Menschen drehen sich unruhig um, blicken in der U-Bahn umher, sehen anderen Fahrgästen ins Gesicht. Am Samstag stechen die Touristen noch mehr ins Auge als sonst: Sie sind die Einzigen, die sich scheinbar unbeschwert bewegen, um das Beste aus der unglücklichen Situation zu machen.
Erinnerungen an "Charlie Hebdo"
Das Bataclan, der Konzertsaal, ist großflächig gesichert. Reporter warten vor der Absperrung auf dem Boulevard Voltaire im elften Arrondissement und berichten live vor Ort. Die Szenerie erinnert an die Anschläge auf "Charlie Hebdo" im Jänner dieses Jahres: Die Sendewagen der internationalen Nachrichtenstationen sind auch damals auf dem Boulevard Voltaire gestanden, nur 500 Meter weiter östlich.
"Wir wohnen in der Nähe. Es ist schockierend, einfach schockierend. Wir waren gestern Abend im Kino, einen Film anschauen. Nach den Attentaten wurde der Saal evakuiert, wir haben versucht, nach Hause zu kommen, aber das war nicht möglich. Wir haben die Nacht bei Freunden verbracht. Alle haben Angst - vor allem, weil es bei diesem Anschlag die Jugend getroffen hat", beschreibt Cristina Portas, 30, die Situation.
"Kugel in den Kopf"
Das Bataclan ist eine Institution im Pariser Nachtleben, nur wenige Gehminuten vom beliebten Ausgehviertel Oberkampf entfernt, wo die anderen Schießereien stattgefunden haben. Studenten kommen besonders gerne zum Feiern hierher - niemand hätte hier ein Attentat erwartet. Viele junge Pariser haben Bekannte, die sich zum Konzert getroffen haben. So auch Julien Servant, ein 30-jähriger Verkäufer: "Eine Freundin von mir war dort. Sie hat eine Kugel in den Kopf bekommen und liegt im Krankenhaus, ich weiß nicht, wie es ihr geht. Es ist schrecklich, man hat Angst in Paris."
Ein Pianist rollt sein schwarzes Klavier vor die Absperrung, ein weißes Peace-Zeichen aus Klebeband ziert das Instrument. Er spielt "Imagine" von John Lennon, vorsichtiges Klatschen ist zu hören. Die Franzosen wollen dem IS-Terror trotzen.
"So erlebten wir die Anschläge"
Freundin besuchen, U2-Konzert, Städtetrip oder aus beruflichen Gründen - auch viele Österreicher waren in der Terrornacht von Paris vor Ort, erlebten an der Seine das Unfassbare hautnah mit.
"Vor unserem Hotel sind Menschen erschossen worden", sagte der Steirer Joachim L. am Samstagvormittag ungläubig am Telefon zur "Krone" - er und vier weitere Mitreisende wollten am Samstag das U2-Konzert besuchen, waren extra dafür nach Paris geflogen. Der Auftritt der irischen Band ist abgesagt, die Steirer heilfroh, wenn sie wieder daheim sind.
Harald K. aus Klagenfurt: "Wir waren in einem Taxi auf dem Weg in die Rue de Charonne, als wir plötzlich eine Detonation hörten. Im Radio erfuhren wir von dem Attentat und kehrten sofort um."
"Wir waren auf der berühmten Champs-Élysées alleine unterwegs, eine unheimliche Stimmung", schilderte Gerfried Z., der Veranstalter von Stadl-Show und Starnacht - er war mit seiner Frau Barbara in Paris, um sich im "Lido" Tänzerinnen für die heurige Silvesterausgabe der Stadl-Show in Linz anzuschauen.
Marjan K. aus Klagenfurt wurde von seinem Vater aus Kärnten angerufen und gewarnt. Er fuhr sofort ins Hotel.
Video: Mindestens 128 Tote bei Anschlagsserie in Paris
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