Politikerin erfreut

EGMR rügt Ukraine wegen Inhaftierung Timoschenkos

Ausland
30.04.2013 17:17
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Inhaftierung der früheren ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko in ihrer Heimat gerügt. Das gab die kleine Kammer des Straßburger Gerichts am Dienstag nach einer Beschwerde der 52-jährigen Oppositionspolitikerin bekannt.

Im Urteil des EGMR stellt das Gericht insbesondere fest, dass die Anordnung der Untersuchungshaft "willkürlich war, dass die Rechtmäßigkeit der Haft nicht angemessen geprüft wurde und dass die frühere ukrainische Regierungschefin keine Möglichkeit hatte, für ihre unrechtmäßige Freiheitsentziehung Schadenersatz zu beantragen".

Zur Beschwerde Timoschenkos wegen mangelhafter medizinischer Betreuung stellten die Richter fest, dass diese unzulässig sei. Zwar habe es womöglich etwa wegen fehlender Heizung zeitweise Probleme gegeben. Doch hätten die ukrainischen Behörden ihrer Gesundheit "erhebliche Aufmerksamkeit" geschenkt. Die vermeintliche Misshandlung beim Transport in ein Krankenhaus im April 2012 habe auch wegen der Weigerung Timoschenkos, sich untersuchen zu lassen, nicht zweifelsfrei geprüft werden können.

Timoschenko sieht sich "moralisch bereits frei"
Die inhaftierte Ex-Regierungschefin zeigte sich hocherfreut über das Urteil. "Der Europäische Gerichtshof hat mich faktisch als politische Gefangene anerkannt", ließ die Oppositionsführerin über den Pressedienst ihrer Vaterlandspartei am Dienstag mitteilen. "Dieser Status ist für mich wertvoller und teurer als irgendwelche anderen Titel und Ehrungen." Ungeachtet ihrer Haft sei sie "nach dem Urteil des Gerichts bereits moralisch frei", betonte Timoschenko. Ihr Verteidiger Sergej Wlassenko forderte, die Politikerin müsse politisch und juristisch rehabilitiert werden. Timoschenkos Tochter Jewgenija nannte das Urteil einen "Sieg".

Klage wegen Haftbedingungen eingebracht
Timoschenko hatte wegen der Haftbedingungen geklagt. Zudem wirft sie der Ukraine vor, das Strafverfahren gegen sie sei politisch motiviert gewesen.

Die Anführerin der Orangenen Revolution von 2004 ist seit 2011 in Haft. Ihr wird Steuerhinterziehung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Seit Jänner ist sie offiziell auch noch mit Mordvorwürfen konfrontiert. Mit mehreren Hungerstreiks protestierte die ehemalige ukrainische Regierungschefin vergeblich gegen ihre Inhaftierung.

Ukraine will EGMR-Urteil prüfen
Das Urteil bedeutet nicht, dass Timoschenko automatisch aus der Haft freikommt - die Umsetzung des Urteils ist Sache der Ukraine. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Ukraine will den Urteilsspruch des EGMR prüfen. "Wir müssen die Entscheidung zugestellt bekommen. Wir werden sie analysieren. Solange kann ich nichts kommentieren", sagte der ukrainische Vertreter beim EGMR, Nasar Kultschizki. Er schloss nicht aus, dass die Regierung in Kiew Berufung einlegen werde.

Beide Seiten können noch Rechtsmittel einlegen
Gegen das EGMR-Urteil der kleinen Kammer können beide Seiten binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen Kammer verweisen, er muss dies aber nicht tun.

Die Ukraine gehört zu den Mitgliedsstaaten des Europarats und somit zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention. Damit ist das osteuropäische Land verpflichtet, den Urteilen des Straßburger Gerichts Folge zu leisten.

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