Nach Seedramen
EU: Grenzschutzprogramm “Triton” wird verdreifacht
Der Vorschlag von EU-Kommissionschef Juncker zur Verdreifachung der Mittel auf 120 Millionen Euro pro Jahr sei von Österreichs Kanzler Werner Faymann sowie den Regierungschefs Italiens und Maltas, Matteo Renzi und Joseph Muscat, aktiv in der Debatte unterstützt worden, sagte ein Diplomat. Der britische Premier David Cameron und der niederländische Regierungschef Mark Rutte hätten sich wiederum dagegen ausgesprochen, hieß es.
Die "Triton"-Boote patrouillieren vor der Küste Italiens und sollen die Grenzen überwachen. Bei einer Verdreifachung des Budgets wird das Niveau der italienischen Vorgängermission "Mare Nostrum" erreicht, womit "Triton" künftig genauso gut finanziell ausgestattet ist wie die im Herbst eingestellte Rettungsmission. Der Auftrag von "Triton", der sich momentan auf den Grenzschutz vor der Küste beschränkt, wurde nicht erweitert. Das sei allerdings auch nicht notwendig, um auf hoher See Menschen zu retten, sagte Juncker.
Merkel: "Europa muss handeln"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach dem Gipfel, Europa müsse "schnell handeln". Angesichts der Hunderten Toten, die in den vergangenen Tagen vor der libyschen Küste zu beklagen waren, dürfe Geld keine Rolle spielen. Die Rettungskräfte müssten künftig schnell an Ort und Stelle sein können.
Faymann: "Es geht uns alle an"
Faymann erklärte, die Verdreifachung der Mittel für "Triton" sei "eine wesentliche und richtige Konsequenz" aus den Dramen im Mittelmeer. Es sei vereinbart worden, das zu machen, was zur Rettung von Menschenleben notwendig sei. Österreich sei über die Kosten aus dem EU-Haushalt beteiligt und werde mehr Experten als bisher zur Verfügung stellen. "Auch wenn wir nicht ans Mittelmeer grenzen - es geht uns alle an", sagte Faymann.
Europa habe die Tragödie nicht verursacht, "aber wir müssen handeln", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Neben der "Triton"-Aufstockung solle vor allem auch der Kampf gegen den Menschenschmuggel verstärkt werden. Tusk kündigte zudem eine engere Zusammenarbeit mit den Transit- und Herkunftsländern der Flüchtlinge in Afrika an. Die EU werde künftig auch Beamte in Drittstaaten einsetzen, um zu prüfen, ob Flüchtlinge in die Union kommen können.
Flüchtlingsgipfel auf Malta geplant
Die EU und die Afrikanische Union wollen zudem gemeinsam einen Flüchtlingsgipfel auf Malta abhalten. Auch die Staats- und Regierungschefs der "Schlüsselstaaten" für die Krise sollten daran teilnehmen, teilte der maltesische Premier Muscat nach dem Sondergipfel auf Twitter mit.
EU will Schlepperboote zerstören
Zur Eindämmung der Schlepperkriminalität im Mittelmeer will die EU außerdem für den Menschenschmuggel genutzte Boote zerstören. Frankreich werde eine Resolution beim UNO-Sicherheitsrat einbringen, damit die Schiffszerstörung mit militärischen Mitteln autorisiert werde, sagte Präsident Francois Hollande.
Für den geplanten Einsatz sei eine völkerrechtliche Grundlage notwendig, sagte Merkel. Diese könne vom UNO-Sicherheitsrat kommen oder von einer libyschen Einheitsregierung. Derzeit gibt es in Libyen, von wo aus die meisten Flüchtlinge Richtung Europa aufbrechen, zwei konkurrierende Regierungen und Parlamente. Der Gipfel habe die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beauftragt, die Möglichkeiten für ein solches Mandat zu prüfen, sagte Merkel. Beim Kampf gegen die Schleuser sei demnach an die Zerstörung von Booten genauso gedacht wie an die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und das Aufspüren von Schleppernetzwerken.
Weitere Beschlüsse im Juni
Weitere Beschlüsse zur Migrationspolitik sollen im Juni folgen, so Faymann. Konkret sei ein Pilotprojekt für die Flüchtlingsverteilung beschlossen worden, um Asylwerber gemeinsam mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geschützt in die EU zu holen. Nun soll versucht werden, mit dem UNHCR auszuloten, wie ein solches Projekt funktionieren könnte. Die EU könne nicht anordnen, was auf afrikanischem Hoheitsgebiet geschehe. Der Gipfel habe bewusst keine Zahl von Flüchtlingen genannt, das soll erst nach Gesprächen mit dem UNHCR entschieden werden, sagte Faymann. Auch das Land, aus dem die Asylbewerber kommen, sei noch nicht festgelegt worden.
Bis Juni erwartet Faymann auch Vorschläge darüber, wie die EU zu einer freiwilligen Vereinbarung über Flüchtlingsquoten komme. Die Positionen der EU-Staaten würden hier "weit auseinander" liegen. Österreich sei für eine Quotenregelung zur Verteilung von Asylbewerbern, damit nicht die gesamte Last nur von zehn EU-Ländern getragen werde. Nach dem geltenden EU-Recht gehe dies aber nur freiwillig, bis zu einem gemeinsamen Beschluss werde die Debatte daher sehr kontroversiell sein.
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