Die Entwicklung auf dem europäischen Jobmarkt ist besorgniserregend: Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die schon mehr als ein Jahr keine Stelle haben, steigt und steigt. Von 22 Millionen Erwerbslosen in der EU suchen schon zehn Millionen länger als zwölf Monate einen neuen Job - fast jeder Zweite.
Österreich steht im Vergleich noch besser da. Denn während in Griechenland sieben von zehn Arbeitslosen dauerhaft ohne Beschäftigung sind, sind es bei uns drei von zehn.
Aber: Zuletzt stieg die Langzeitarbeitslosigkeit auch hierzulande dramatisch: Per Ende Juni waren 54.562 Menschen länger als ein Jahr beim AMS gemeldet - das ist ein Anstieg von 67 Prozent im Vergleich zum Juni 2015.
Rechnet man noch jene dazu, die in den vergangenen zwölf Monaten in Schulungen waren oder nur Kurzzeitjobs hatten und gleich wieder arbeitslos wurden, steigt die Zahl der Betroffenen sogar auf weit über 100.000 an.
"Entwicklung ist ein Riesenproblem"
"Diese Entwicklung ist ein Riesenproblem", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Denn Langzeitarbeitslosigkeit ist eine Last - für die Menschen wie auch für die Volkswirtschaft. Kopf: "Betroffene verlieren an Selbstvertrauen, wenn sie sich immer wieder bewerben und Absagen bekommen." Viele büßen ihre Tagesstruktur ein und schlittern in Depressionen oder verfallen dem Alkohol. Und es wird immer schwieriger, finanziell über die Runden zu kommen.
Betroffen sind vor allem gering Qualifizierte, Ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen. Das Arbeitsmarktservice versucht, mit zwei Förderinstrumenten gegenzusteuern. Erstens mit der Eingliederungsbeihilfe: Betriebe, die eine langzeitarbeitslose Person einstellen, erhalten zeitlich befristet eine Lohnsubvention ausbezahlt. 2015 wurden fast 30.000 Menschen gefördert, wofür ein Budget von 116 Millionen Euro eingesetzt wurde. "Sechs von zehn bleiben dann auch ohne weitere Förderung bei der Firma", sagt der AMS-Chef. "Das zeigt, dass diese Leute keinen 'Defekt' haben, sondern wertvoll sind."
"Selbstvertrauen der Betroffenen wieder aufbauen"
Die zweite Maßnahme, um Langzeitarbeitslose wieder an den Jobmarkt anzunähern, ist die Beschäftigung in "sozialökonomischen" Betrieben und Projekten, etwa im Bereich der Gastronomie. Auch hier fördert das AMS die zeitlich befristete Beschäftigung und hat im Vorjahr 167 Millionen Euro dafür ausgegeben. Kopf: "Dadurch wird insbesondere das Selbstvertrauen der Betroffenen wieder aufgebaut."
Das beste Mittel, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, sei aber, "sie gar nicht erst entstehen zu lassen", so Kopf. Denn ab neun Monaten ohne Job sinkt die Wahrscheinlichkeit, einen neuen zu finden, stark. Erstens, weil Qualifikationen rasch veralten, zweitens, weil Unternehmen Menschen, die länger erwerbslos sind, selten eine Einstiegschance geben. Laut Kopf ist daher eine noch intensivere frühe Betreuung durch AMS-Berater notwendig. Doch dafür bräuchte es mehr Geld und Personal.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.