"Eine globale Krise"
G7-Gipfel: EU fordert mehr Hilfe für Flüchtlinge
Die internationale Gemeinschaft soll sich nach dem Willen der Europäischen Union stärker an der Bewältigung der Flüchtlingskrise in Europa beteiligen. Zu Beginn des Gipfels der sieben großen Industrienationen (G7) am Donnerstag im japanischen Ise-Shima forderte EU-Ratspräsident Donald Tusk daher höhere Finanzzusagen für die Versorgung von Flüchtlingen. "Diejenigen, die Europa kritisieren, sollten lieber darüber nachdenken, wie sie ihre Hilfe aufstocken können", sagte Tusk. Der Gipfel dauert bis Freitag.
"Wenn wir nicht die Führung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise übernehmen, wird es sonst niemand tun", sagte Tusk, der an den Beratungen in Japan teilnimmt. Die Welt sei mit der höchsten Zahl von Flüchtlingen, Asylsuchenden und in ihren Ländern Vertriebenen seit Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert, so der EU-Ratspräsident.
Tusk: "Mehr Einsatz für Umsiedlungsprogramme"
Zur Lösung der Flüchtlingsprobleme forderte Tusk auch mehr Geld für Länder wie die Türkei, Jordanien und den Libanon, die den Großteil der Flüchtlinge versorgen müssen. Sie leisteten damit einen globalen Dienst, der auch von der internationalen Gemeinschaft finanziert werden müsse, sagte Tusk. Außerdem müssten sich die G7 für den Aufbau von "Umsiedlungsprogrammen und anderen Formen legaler Migration weltweit" einsetzen. Laut Tusk leiste Europa bereits viel. Die EU werde daher auf dem Treffen der sieben großen Industrienationen nach Unterstützung suchen, so Tusk. Zur G7 gehören Deutschland, die USA, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und zusätzlich die EU.
Gespräche über "Brexit"-Referendum
Tusk kündigte zudem Gespräche über das britische "Brexit"-Referendum und die Folgen eines möglichen Austritts Großbritanniens aus der EU an. "Ich hoffe auf einen positiven Ausgang und ich kann versichern, dass alle hier versammelten G7-Vertreter der gleichen Ansicht sind", sagte der EU-Ratspräsident.
Verlängerung der Sanktionen gegen Russland
Tusk rechnete außerdem fest mit einer Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. "Ich bin sicher, dass wir ohne größere Diskussion in den nächsten zwei bis drei Wochen über die Sanktionen entscheiden werden", sagte Tusk. Es sei nicht nötig, beim nächsten EU-Gipfel noch gesondert darüber zu diskutieren. Die EU hatte wegen der Ukraine-Krise Sanktionen gegen Russland verhängt. Ein Teil davon läuft im Juli aus und muss verlängert werden.
Besuch bei Shinto-Schrein
Zum Auftakt des Gipfels besuchten die Staats- und Regierungschefs mit dem Gastgeber, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe, den berühmten Ise-Schrein. In dem wichtigsten Heiligtum der japanischen Ur-Religion Shinto wird die Sonnengöttin Amaterasu verehrt. Zwei Tage lang berät die G7-Gruppe über die Krisen der Welt, die Bemühungen zur Ankurbelung der Weltwirtschaft, den Kampf gegen Terror und Cyber-Attacken, den Klimawandel und Entwicklungsfragen.
Unsichere Lage der Weltwirtschaft
Die offiziellen Beratungen des Gipfels begannen mit einer Sitzung über die Lage der Weltwirtschaft. Der mit der schwächelnden japanischen Konjunktur kämpfende Abe hatte am Vorabend nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama angekündigt, die Sorgen um das globale Wachstum in den Mittelpunkt des Gipfels zu rücken. "Die Weltwirtschaft wird das größte Thema sein", so der Gastgeber.
Die globale Konjunktur wird unter anderem vom niedrigen Ölpreis und von der schwächelnden Konjunktur in Schwellenländern wie China belastet. Abe äußerte die Hoffnung, dass von dem Gipfel die "klare und starke Botschaft" ausgehe, dass die G7 bereit seien, "zu einem nachhaltigen und kraftvollen Wachstum der Weltwirtschaft beizutragen".
Keine bindenden Beschlüsse
Die G7-Gruppe will auch über die Umsetzung der Vereinbarungen des Weltklimagipfels von Paris beraten, die von 170 Staaten unterzeichnet wurden. Bindende Beschlüsse fassen die G7-Staaten bei ihren Gipfeln nicht. Die Teilnehmer schätzen die abgeschotteten Treffen besonders wegen der Möglichkeit zu längeren Gesprächen und Treffen am Rande.
Erster US-Präsident in Hiroshima
Als erster amtierender US-Präsident wird Obama am Freitag die japanische Stadt Hiroshima besuchen - den Ort des ersten Abwurfs einer Atombombe durch die USA im August 1945. Die Visite hat hohen symbolischen Charakter, doch plant Obama keine Entschuldigung. 70.000 Bewohner starben sofort, rund 70.000 bis 80.000 später.
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