Die geplanten Grenzkontrollen Österreichs am Brenner lassen in Italien weiter die Wogen hochgehen. Laut einem Medienbericht droht am kommenden Samstag eine neue Welle der Gewalt. In sozialen Medien rufen italienische Anarchisten und Linksaktivisten sowie die Initiative "Grenze niederschlagen" zum "Tag des Kampfes" auf. Die Exekutive rechnet mit 400 gewaltbereiten Demonstranten. Bereits im April war es am Brenner zu zwei Demonstrationen gekommen.
Wie die "Bild" am Donnerstag schrieb, sollen sich unter den Demonstranten am Samstag auch polizeibekannte Anarchisten aus Norditalien befinden, die bei den Straßenschlachten am 1. Mai vergangenen Jahres im Zentrum Mailands Autos, Geschäftshäuser und Banken angezündet und so Schäden in Millionenhöhe verursacht hatten. Diese Gruppe soll auch für den samstägigen Gewaltaufruf am Brenner verantwortlich sein. Um 14.30 Uhr wollen die Demonstranten vom Bahnhof Brenner aus ihren Marsch zum Grenzübergang starten.
Exekutive in Alarmbereitschaft
Die italienische Exekutive rechnet mit rund 400 Demonstranten. Das dafür erforderliche Sicherheitskonzept und der Polizeieinsatz würden auf Basis der Erfahrungen mit den Demonstrationen am 3. und 24. April in ähnlichem Umfang erstellt. Damals kam es beide Male zu Zwischenfällen bzw. Ausschreitungen mit mehreren Verletzten, Es müsse daher auch am Samstag mit verschiedenen Störaktionen, gewaltbereiten Demonstranten und Angriffen gegen die Polizei ausgegangen werden, erklärte die Exekutive. Mit entsprechenden Verkehrsbehinderungen und -einschränkungen sei ebenfalls zu rechnen.
Renzi: "Werden Widerstand gegen Kontrollen leisten"
Auch auf politischer Ebene fliegen zwischen Italien und Österreich wegen der geplanten Grenzkontrollen am Brenner die Fetzen. Der italienische Premier Matteo Renzi bezeichnete Österreichs Pläne als "unlogisch und anachronistisch". Italien sei wegen der Haltung des "befreundeten Nachbarlands" im Umgang mit der Grenzpolitik "überrascht" und werde weiterhin dagegen "Widerstand" leisten, sagte Renzi am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.
Die Einführung von Grenzkontrollen sei für Renzi ungerechtfertigt, da es keinerlei Flüchtlingsnotstand gebe. Seit Jahresbeginn seien etwa 26.000 Migranten in Süditalien eingetroffen, das seien nur 1000 mehr als im Vergleichszeitraum 2015. Österreich sei mit keinerlei Masseneinwanderung aus Italien konfrontiert. "Auch mit einem Flüchtlingsnotstand wäre Österreichs Position falsch, sie ist es umso mehr, da es keine Flüchtlingskrise gibt", so Renzi. "Der Brenner ist nicht nur eine Grenze, sondern ein Symbol", bekräftigte der Regierungschef.
Neben Renzi kritisierte auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Österreichs Politik am Brenner. "Wir müssen andere Lösungen als Grenzschließungen finden", sagte Merkel am Donnerstag.
Auch Merkel kritisiert Österreich
Die Kanzlerin betonte, sie sei auch gegen die von Österreich vorangetriebene Schließung der mazedonischen Grenze gewesen. "Wir können uns nicht gegenseitig im Stich lassen, sondern müssen eine faire Zusammenarbeit im EU-Raum fördern. EU-Länder mit Außengrenzen sollen bei der Bekämpfung der Fluchtursachen aktiv unterstützt werden. Die Lasten der Flüchtlingskrise müssen verteilt werden", meinte Merkel.
Kurz zu Grenzkontrollen: "Haben keine andere Wahl"
Außenminister Sebastian Kurz verteidigte hingegen weiterhin Österreichs Pläne. "Keiner in Österreich will eine Schließung des Brenners. Aber wenn jeden Tag Flüchtlinge und Migranten weitergewunken werden, dann haben wir keine andere Wahl als Grenzkontrollen einzuführen, wie es andere Länder wie Deutschland schon zuvor gemacht haben", hatte er kürzlich erklärt. Er setze aber auf eine Lösung mit Italien und der EU. "Wenn Italien diese Menschen versorgt und nicht automatisch Richtung Norden schickt, dann wird es gelingen, dass die Zahl derer, die sich auf den Weg machen, nach unten geht."
Lega Nord unterstützt Österreichs Pläne
Unterstützung erhält Österreich vom Chef der oppositionellen Lega Nord in Italien, Matteo Salvini. "Es ist ein legitimes Recht der Österreicher, von Italien Grenzkontrollen zu verlangen und diese selbst durchzuführen", sagte Salvini am Donnerstag. Dass es in der Flüchtlingsproblematik in naher Zukunft zu einer europäischen Lösung kommen könnte, glaubt er nicht: "Alles was von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und von der EU kommt, führt nirgendwohin."
Video von den Demonstrationen am 24. April am Brenner:
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.