Brisante Dokumente
IS-Datenleck: Spur zu Pariser Attentätern
Jenes umfassende Datenmaterial aus den Reihen der Terrormiliz Islamischer Staat, das vor Kurzem dem britischen TV-Sender Sky News zugespielt worden ist, könnte sich tatsächlich als "Goldgrube" für Geheimdienste und Ermittlungsbehörden entpuppen. Unter den offenbar 22.000 enttarnten IS-Mitgliedern finden sich nach Recherchen deutscher Medien auch die Namen mehrerer Attentäter von Paris - darunter der mutmaßliche Kopf der Bande, Abdelhamid Abaaoud.
So seien drei der Terroristen vermerkt, die am 13. November des Vorjahres an dem Massaker in der französischen Hauptstadt beteiligt waren, wie der WDR am Freitag mitteilte. Sie seien 2013 und 2014 in die vom IS beherrschten Gebiete eingereist. Auf den Personalbögen hätten sie lediglich angegeben, für die Terrormiliz kämpfen zu wollen, einen Einsatz als Selbstmordattentäter kreuzten sie demnach nicht an. Es handle sich um Samy Amimour, Fouad Mohammed Aggad und Ismael Omar Mostefai.
Führen Daten zu Hintermännern der Pariser Terrornacht?
An anderer Stelle finde sich der mutmaßliche Kopf der Gruppe, Abdelhamid Abaaoud, der offenbar mit seinem Kampfnamen Abu Omar Al-Baldschiki als Bürge für die Einreise eines weiteren französischen Islamisten in den IS-Machtbereich fungiert habe. Der Einreisebogen von Abaaoud selbst befinde sich nach einer ersten Analyse nicht in den Unterlagen. Der belgische Islamist war bei einer Razzia erschossen worden. Die Auswertung der Dokumente könnte zur Ausforschung der Hintermänner der Pariser Attacken beitragen, wie es heißt.
In dieser Woche waren - offenbar als Teil eines größeren IS-Datenlecks - Angaben zu 22.000 Dschihadisten der Terrormiliz aufgetaucht. Die Dokumente stammen den Angaben zufolge überwiegend aus den Jahren 2013 und 2014 und wurden von der "General-Grenz-Verwaltung" des IS angelegt. Da es zahlreiche Dopplungen in dem Material gebe, sei die Zahl der tatsächlich vom IS registrierten Kämpfer allerdings erheblich niedriger. Nach einer ersten Auswertung soll das Material wenige Tausend Einzelpersonen betreffen, darunter mindestens 100 Deutsche und laut österreichischen Medienberichten auch sechs Österreicher.
Experten zweifeln an Echtheit der Dokumente
In den Personalbögen finden sich demnach 23 Spalten, in denen die Neuankömmlinge neben biografischen Details auch Kontaktdaten von Angehörigen, Namen von Bürgen und ihre Blutgruppe angeben sollen. Zudem werden sie nach speziellen Fähigkeiten und der beabsichtigten Tätigkeit bei der Dschihadistenmiliz gefragt - etwa, ob sie als Kämpfer, Selbstmordattentäter, Geheimdienstler oder in der Verwaltung eingesetzt werden wollten. Über die Echtheit der Daten gehen die Expertenmeinungen auseinander.
Zahlreiche Terrorexperten verweisen vor allem auf sprachliche Unstimmigkeiten und Nachlässigkeit im Umgang mit Symbolen. Bei ihm läuteten "große Alarmglocken", sagte Charlie Winter von der Georgia State University. So wird etwa der arabische frühere Name des IS, Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), in zwei verschiedenen Varianten geschrieben. Außerdem benutzen die Verfasser das Wort "Todesdatum", obwohl die gängige Bezeichnung unter Dschihadisten "Märtyrertum" ist. Nicht zuletzt seien die Grammatikfehler nicht typisch für IS-Dokumente, sagte Winter. Der unabhängige Dschihadismus-Experte Romain Caillet sagte, dass in einigen Dokumenten ein bisher nicht benutztes IS-Logo auftauche.
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