Hilferuf an UNO

Irak: IS-Dschihadisten wüten in Christengebieten

Ausland
07.08.2014 16:23
Im Irak ziehen die IS-Dschihadisten ihre Spur der Zerstörung immer weiter durchs Land. Seit Donnerstag stehen die Städte Qaraqosh, Tall Kayf, Bartella und Karemlesh "unter der Kontrolle militanten Kämpfer", sagte der Erzbischof von Kirkuk und Sulaimaniya, Joseph Thomas. Qaraqosh ist mit ihren 50.000 Einwohnern die größte christlich dominierte Stadt des Landes. Zehntausende Menschen sind auf der Flucht.

"Es ist eine Katastrophe, eine tragische Situation. Wir rufen den UNO-Sicherheitsrat auf, sofort einzuschreiten", sagte Thomas. Bewohner berichteten, dass nun die gesamte Region zwischen der nordirakischen Stadt Mossul und Kirkuk unter der Kontrolle von IS, "Islamischer Staat", früher ISIS, sei.

Dschihadisten vertreiben kurdische Ordnungskräfte
Aus Qaraqosh und dem Umland hätten sich die kurdischen Truppen in der Nacht auf Donnerstag zurückgezogen, sagte der Erzbischof. In der ebenfalls mehrheitlich christlichen Ortschaft Tall Kayf vertrieben IS-Kämpfer laut Augenzeugen dort stationierte kurdische Soldaten und übernahmen die Kontrolle. Die meisten Familien seien daraufhin in die zum kurdischen Autonomiegebiet gehörende nördliche Provinz Dohuk geflohen. Tall Kayf liegt rund 20 Kilometer nördlich von Mossul, das für IS zur Operationsbasis wurde, nachdem die Terrormiliz die Stadt Anfang Juni komplett erobert hatte.

Laut dem obersten geistlichen Führer der christlichen Minderheit im Irak sind mittlerweile nicht weniger als 100.000 Christen auf der Flucht vor IS. Die Islamisten hätten Kirchen besetzt, Kreuze abgenommen und religiöse Schriften verbrannt, sagte der christlich-chaldäische Patriarch Louis Sako am Donnerstag. Von den 100.000 Vertriebenen seien viele zu Fuß und ohne jede Habe in den Norden geflohen - eine "humanitäre Katastrophe", so Sako.

50.000 Jesiden auf Berg versteckt - Hungertod droht
Der Patriarch berichtete weiters von einem Massaker an der religiösen Minderheit der Jesiden im nordirakischen Sinjar. Mindestens 70 Menschen seien dort ums Leben gekommen. Tausende Jesiden waren zuletzt auf einen Berg in der Nähe der Stadt geflohen, derzeit verstecken sich dort laut Angaben der kurdischen Peshmerga-Kämpfer rund 50.000 Menschen. Sollten sie nicht binnen 24 Stunden gerettet werden, drohe ihnen der Hungertod. IS hält die Jesiden für Teufelsanbeter und verfolgt sie mit unvorstellbarer Brutalität.

Patriarch Sako appellierte an Papst Franziskus und die Patriarchen des Nahen Ostens, "Druck auf die Länder auszuüben, die diese terroristischen oder extremistischen Gruppen finanzieren". Islamische Autoritäten sollten dazu gedrängt werden, Angriffe auf Christen und andere Nichtmuslime zu verurteilen. "Auf menschlicher Ebene sind wir eine Familie", sagte Sako.

Nach UNO-Angaben sind bisher insgesamt rund 200.000 Menschen aus Angst vor der Schreckensherrschaft der Extremisten geflüchtet. Am Wochenende hatten die Kämpfer den Peshmerga-Milizen im Norden eine empfindliche Niederlage zugefügt: Die Dschihadisten eroberten drei Städte, den Mossul-Staudamm sowie ein Ölfeld samt Raffinerie. Daraufhin kündigten die Kurden eine Gegenoffensive an.

IS-Terror auch in Syrien: Militärbasis eingenommen
Auch in Iraks Nachbarland Syrien wütet die Terror-Miliz weiter: Am Donnerstag kamen bei einem IS-Angriff auf eine Militärbasis in Raqqa mindestens 38 Menschen ums Leben. 27 Todesopfer seien Soldaten, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Drei Dschihadisten sprengten sich den Angaben zufolgte am Eingang der Militärbasis in die Luft. Nun würden die Kämpfer "große Teile des Stützpunkts" kontrollieren. Die Basis der Brigade 93 war eine der letzten noch vom syrischen Militär gehaltenen Gebiete in der Provinz Raqqa.

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