Kritik im Endbericht
Kommission: Britische Irak-Invasion war voreilig
Die britische Untersuchungskommission zum Irakkrieg hat die Entscheidung der damaligen Regierung unter Premierminister Tony Blair zur Beteiligung an der US-geführten Invasion 2003 am Mittwoch als voreilig kritisiert. Die politische Entscheidung sei gefallen, bevor alle "friedlichen Optionen für eine Entwaffnung" des Irak unter Machthaber Saddam Hussein ausgeschöpft worden seien, heißt es im Endbericht.
Blair habe sich auf falsche Geheimdienstinformationen verlassen. Zudem seien die Pläne für die Nachkriegszeit "völlig unzureichend" gewesen, kritisierte der Kommissionsvorsitzende John Chilcot bei der Vorstellung des Berichts in London. "Ein Militäreinsatz war damals nicht das letztmögliche Mittel", sagte der ehemalige Diplomat, nach dem auch die Kommission benannt ist.
"Folgen der Invasion unterschätzt"
Dennoch habe Blair dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush Gefolgschaft versprochen, "was auch geschehen möge". Für die Nachkriegsphase gelte: "Trotz ausdrücklicher Warnungen wurden die Folgen der Invasion unterschätzt. Die Planungen und Vorbereitungen für einen Irak nach Saddam waren völlig unzureichend."
Invasion nicht durch UNO-Mandat gestützt
Die Invasion in den Irak 2003 war heftig umstritten, weil sie nicht durch ein klares UNO-Sicherheitsratsmandat gedeckt war. Angebliche Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins wurden nie gefunden. Diese Geheimdienstinformationen hätten in Frage gestellt werden müssen, betonte Chilcot.
Blair habe sie als beweiskräftiger dargestellt, als gerechtfertigt gewesen sei. Bereits 2004 war ein britischer Bericht zu dem Schluss gekommen, dass Blair die "Beweise" der Geheimdienste für angebliche Massenvernichtungswaffen im Parlament aufbauschte.
Bis heute wird der Irak von Gewalt erschüttert. Die Terrororganisation Islamischer Staat konnte seit dem Sommer 2014 weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle bringen. Zwar wurde sie zuletzt militärisch stark zurückgedrängt, mit Anschlägen - auch in Europa - verbreitet sie dennoch weiterhin Angst und Schrecken. Erst in der Nacht auf Sonntag waren bei einem Selbstmordanschlag in Bagdad rund 250 Menschen getötet und mindestens ebenso viele verletzt worden.
Untersuchung dauerte sieben Jahre
Die Chilcot-Kommission sollte den Weg der Entscheidung für die US-geführte Invasion nachvollziehbar machen, die den Sturz Saddam Husseins nach sich zog. Um die Frage der Rechtmäßigkeit ging es dabei nicht, wie immer wieder betont wurde. Mehr als 120 Zeugen hatte das Gremium seit 2009 angehört, darunter Blair, seinen Nachfolger Gordon Brown, mehrere Minister sowie Geheimdienst- und Armeechefs.
Blair sieht sich durch Bericht entlastet
In einer ersten Reaktion auf den Bericht sah sich Blair entlastet. "Dieser Bericht sollte Vorwürfe der Böswilligkeit, Lügen oder Täuschung endgültig ausräumen", schrieb er in einem offiziellen Statement, das er auch über Twitter verbreitete.
Er habe die Entscheidung, an der Seite der USA militärisch gegen Saddam Hussein vorzugehen, "in gutem Glauben" getroffen und für das Beste für sein Land gehalten, so Blair. "Ich werde für alle Fehler die volle Verantwortung übernehmen, ausnahmslos und ohne Ausrede", schrieb er weiter.
Mit bis zu 46.000 britische Soldaten beteiligt
Im Verlauf des Krieges, in den Großbritannien bis zu 46.000 Soldaten schickte, und während der anschließenden Konfessionskonflikte wurden Zehntausende Iraker getötet, auch 179 britische Soldaten starben.
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