Umstrittenes Votum

Krim: Deutliche Mehrheit für Anschluss an Russland

Ausland
17.03.2014 10:27
Bei dem international scharf kritisierten Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim hat die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit für einen Beitritt zu Russland gestimmt. 96,6 Prozent der Teilnehmer an der Abstimmung votierten laut offiziellem Endergebnis für den Anschluss an die Russische Föderation. Die EU und die USA bekräftigten, die Volksabstimmung nicht anzuerkennen. Die EU-Außenminister beschlossen am Montagnachmittag bereits weitere Sanktionen gegen Russland.

Nach der Abstimmung sprach der prorussische Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow von einer historischen Entscheidung. Sie werde "in die Geschichte eingehen". Montag früh votierte das Regionalparlament einstimmig für die Unabhängigkeit der Krim und stellte einen Antrag zur Aufnahme ins Nachbarland.

An der Abstimmung am Sonntag beteiligten sich nach Angaben der Behörden mehr als 80 Prozent der 1,5 Millionen Wahlberechtigten. Da 63 Prozent der Krim-Bewohner russische Wurzeln haben, andere Bevölkerungsgruppen zum Boykott aufgerufen hatten und das russische Militär die Halbinsel faktisch längst kontrolliert, war schon im Vorfeld mit einer klaren Mehrheit für den Beitritt zu Russland gerechnet worden.

(Bild: APA/EPA/YURI KOCHETKOV)
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(Bild: AP)
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"Wir kehren nach Hause zurück"
In Simferopol und Sewastopol feierten am Abend Tausende Menschen auf den Straßen. "Die Krim geht nach Russland", rief Aksjonow der Menge auf dem Lenin-Platz in Simferopol zu. "Wir kehren nach Hause zurück", fügte er hinzu, bevor er zusammen mit einem Chor in den Uniformen der russischen Schwarzmeerflotte und den Menschen auf dem Platz die russische Nationalhymne anstimmte.

Ukrainische Medien orteten Manipulation durch Moskau
Als inoffizielle "Wahlbeobachter" hatten sich FPÖ-Vizeparteichef Johann Gudenus und der außenpolitische Sprecher der Partei, Johannes Hübner, sowie ihr Ex-Parteikollege, der EU-Abgeordnete Ewald Stadler, das umstrittene Referendum auf der Krim angeschaut (siehe Story in der Infobox). Sie bewerteten den Urnengang als "frei von Zwang". Nach Darstellung ukrainischer Medien sei die Abstimmung hingegen durch Russland manipuliert worden. Es seien viele russische Staatsbürger, die nicht in den Wählerlisten stünden, eingeflogen worden, um an dem Referendum teilzunehmen, hieß es. Das ließ sich allerdings nicht überprüfen.

Obama: "Moskau muss hohen Preis zahlen"
US-Präsident Barack Obama drohte am Sonntag mit neuen Sanktionen. Moskau werde einen hohen Preis zahlen müssen wegen der Krim, sagte Obama nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das Referendum verstoße gegen die ukrainische Verfassung. Obama habe Putin auch gesagt, dass die Krise nach wie vor diplomatisch gelöst werden könne. Das russische Militär müsse aber erst damit aufhören, in die Ukraine "einzufallen".

Putin selbst bezeichnete das Vorgehen Russlands in dem Telefonat mit Obama als legitim. Die Volksabstimmung stehe in "voller Übereinstimmung mit den Normen des Völkerrechts", so der Kremlchef. Zu der Forderung westlicher Staaten, die aktuellen Entwicklungen müssten von der OSZE beobachtet werden, sagte Putin, eine solche Mission müsse sich auf "alle ukrainischen Regionen" erstrecken.

Die EU dürfte am Montag beim Außenministerrat, an dem auch Minister Sebastian Kurz teilnimmt, weitere Sanktionen gegen Russland beschließen. In Brüssel kamen schon am Sonntagabend die Botschafter der 28 EU-Mitgliedsländer zusammen, um für Montag "gezielte" Sanktionsbeschlüsse vorzubereiten. Geplant sind Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen verantwortliche Politiker in Russland und auf der Krim. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso erklärten, die Volksabstimmung sei "illegal", sie widerspreche der ukrainischen Verfassung und dem "internationalen Recht".

Klitschko sieht "dunklen Tag in der Geschichte Russlands"
Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow warf Moskau Invasionspläne vor. "Das Ergebnis ist vom Kreml geplant worden, um als formelle Rechtfertigung für die Entsendung von Truppen und den Beginn eines Krieges zu dienen", erklärte er. Oppositionspolitiker Vitali Klitschko forderte eine entschiedene Reaktion: "Das, was die russische Regierung mithilfe von Separatisten und einem rechtswidrigen Referendum hier durchgeführt hat, ist ein klarer Bruch des Völkerrechts", so Klitschko. Den 16. März bezeichnete er als "dunklen Tag in der Geschichte Russlands".

Der russische Botschafter in Wien, Sergej Netschajew, schloss indes in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" am Sonntagabend weitere Aktionen Moskaus in der Ukraine nicht aus. Auf eine entsprechende Frage von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz meinte Netschajew: "Ich kann weder nein noch ja antworten. Wir wollen überhaupt keinen Krieg führen, das ukrainische Volk ist ein Brudervolk, aber wir können nicht den Schrei um Hilfe aus den Regionen ignorieren."

Das Referendum sei frei und fair gewesen, bis jetzt hätten keine "Unebenheiten" festgestellt werden können. Schulz und die ehemalige ÖVP-Außenministerin Ursula Plassnik kritisierten den massiven Völkerrechtsbruch, den Russland mit der Durchführung der Abstimmung begangen habe.

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