Cameron-Pläne
London soll Zentrum der islamischen Finanz werden
Der starke Einfluss von steinreichen Muslimen ist in Großbritannien bereits jetzt nicht mehr zu verleugnen. Das Luxuskaufhaus Harrod's gehört der Katar Holding, einem Staatsfonds aus dem Emirat. Der Fußballklub Manchester City gehört Scheich Mansur Bin Zayed Al Nahyan (Bild) aus Abu Dhabi. Auch das Londoner Finanzviertel Canary Wharf ist über die Finanzholding Songbird Estates fest in der Hand der Scheichs. Das neue Hochhaus "The Shard", höchstes begehbares Gebäude Westeuropas, konnte zudem nahe der London Bridge nur mit Geld aus Katar gebaut werden. Und die Barclays Bank würde es ohne eine Milliardenspritze aus Abu Dhabi als Privatbank gar nicht mehr geben. Die 1,5 Milliarden Pfund für einen neuen Container-Hafen in London werden aus Dubai kommen.
Cameron: "Großbritannien heißt Ihr Investment willkommen"
Die Regierung in London, notorisch klamm und mit einem riesigen Infrastrukturproblem auf den Schultern, will mit ihren nun angekündigten Finanzplänen künftig noch mehr Geld aus den islamischen Ländern an die Themse holen. So klang Camerons Eröffnungsrede beim World Islamic Economic Forum (WIEF), eine Art Weltwirtschaftsforum der Muslime, dann auch ein wenig wie eine Bewerbungsansprache. "Großbritannien heißt Ihr Investment willkommen", rief der Premier den 1.000 nach London gereisten Vertretern des islamischen Geldadels zu.
"Ich will London nicht nur als Zentrum des islamischen Finanzhandels in der westlichen Welt sehen, ich will, dass sich London neben Dubai als eine der großen Hauptstädte des islamischen Finanzhandels in der Welt behaupten kann", brachte Cameron die ambitionierten Pläne seiner Regierung in seiner Rede auf den Punkt. Es gebe Länder, die nur "nach innen blicken, die Zugbrücke hochziehen und versuchen, zu ignorieren, wie sich die Veränderungen in der Welt auf ihren zukünftigen Erfolg auswirken. Großbritannien wird diesen Fehler nicht machen".
Scharia-taugliche Staatsanleihen und islamischer Börsenindex
Dass es die Briten ernst meinen, steht außer Frage. Als erstes westliches Land überhaupt hatte Großbritannien das WIEF an Land gezogen. Während des dreitätigen Treffens schüttelten Cameron und Co. dann einen Trumpf aus dem Ärmel: Staatsanleihen im Einklang mit dem islamischen Recht der Scharia will das EU-Land künftig auflegen, also ohne Zinsen und ohne Beteiligung etwa von Verdiensten aus Waffengeschäften. Ein Schachzug, den zuletzt mehrere afrikanische Länder wie etwa der Senegal vollzogen hatten, um ihre Infrastrukturprobleme zu lösen.
Neben den islamischen Staatsanleihen soll unter anderem an der Londoner Börse ein eigener islamischer Index eingeführt werden. Dieser soll sich den britischen Plänen zufolge aus Unternehmen islamischer Länder zusammensetzen und es Investoren aus der Region erleichtern, passende Investitionsmöglichkeiten zu finden.
Kritiker werfen der Regierung Kooperation mit Islamisten vor
Die ausgestreckte Hand der Regierung nach dem Mammon aus der islamischen Welt wird auf der Insel jedoch nicht unkritisch gesehen. Es seien die Extremisten in der islamischen Welt, die die Vereinbarkeit von westlichem Finanzwesen mit der Scharia vorantrieben, argumentiert etwa Autor Charles Moore im britischen Polit-Magazin "The Spectator". "Die britische Regierung und die City of London tun sich mit ihnen zusammen." Dass dies schiefgehen kann, bewies zuletzt die Libyen-Krise. Bis hinauf in den Buckingham-Palast mussten britische Würdenträger Rede und Antwort stehen, warum sie die Familie von Machthaber Muammar al-Gadafi jahrelang hofiert hatten.
Verwunderlich ist die Initiative der Briten dennoch nicht. Das Land braucht fremdes Geld, und die von immer mehr Investmentbankern verlassene Londoner City als Lebensader des Königreichs braucht neue Betätigungsfelder. "Ein Viertel der Menschheit ist islamischen Glaubens, aber nur ein Prozent der Finanzprodukte sind Scharia-tauglich", so Finanzminister George Osborne. Es dürfte das erste Mal seit 9/11 gewesen sein, dass ein westlicher Politiker dem islamischen Gesetzbuch das Wort redet. Völlig hintenan steht der arme Teil der islamischen Welt. Insgesamt tragen die islamischen Länder nur mit acht Prozent zum weltweiten Bruttosozialprodukt bei.
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