Wirbel in Ukraine
Machtkampf: Premier übersteht Misstrauensvotum
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk hat am Dienstag ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden. Bei der Vertrauensabstimmung votierten 194 Abgeordnete gegen ihn, verpassten damit aber die nötige Mehrheit von 226 der 450 Mandatare. Jazenjuk war zuvor von Präsident Petro Poroschenko zur Demission aufgefordert worden. Dem Premier wird vorgeworfen, Reformen zu verschleppen und zu wenig gegen Korruption zu tun.
Poroschenko verlangte den Rücktritt, "um das Vertrauen in die Regierung wiederherzustellen". "Die Regierung hat viel getan, um das Land zu retten, die Wirtschaftslage zu stabilisieren und Reformen zu starten. Doch die Gesellschaft hat klar entschieden, dass die Fehler zahlreicher als die Errungenschaften sind", erklärte er. "Die Therapie reicht nicht länger, es bedarf der Chirurgie", die Ukraine sei in einer "Sackgasse". Poroschenko schloss vorgezogene Neuwahlen aus, doch müsse die regierende prowestliche Koalition ein neues Kabinett bilden.
Im Volk dramatisch an Rückhalt verloren
Poroschenko und Jazenjuk gehören beide der prowestlichen Koalition an, ihre Meinungsverschiedenheiten waren zuletzt aber immer deutlicher zutage getreten. Der Premier hat in der ukrainischen Bevölkerung dramatisch an Rückhalt verloren, in Umfragen unterstützten zuletzt 70 Prozent der Bürger seinen Abgang. Auch aus dem Ausland kommt Kritik.
Vor dem Votum am Dienstag hatte Jazenjuk jedenfalls seine Pläne für dieses Jahr vorgestellt. In seiner Ansprache verteidigte er entschlossen die Bilanz seiner Regierung. "Wir haben dieses Land gerettet und ich will, dass Sie dies respektieren", sagte er Richtung Poroschenko. "Wir haben nun ein Land mit voller Staatsschatulle, eine bewaffnete ukrainische Armee, abgeschriebene Schulden und bezahlte Gehälter und Pensionen."
Machtbasis im Parlament deutlich geschwächt
Unklar ist, wie breit die Machtbasis Jazenjuks im Parlament tatsächlich ist. Schließlich hat er nun die Unterstützung der größten Parlamentsfraktion, des Blocks von Poroschenko, verloren. In einer von persönlichen Angriffen geprägten Debatte sagte der Fraktionschef des Blocks, Juri Luzenko: "Dieses Land kann die Tatenlosigkeit der Regierung nicht weiter hinnehmen. Die Leute sehen, dass sich bei den Reformen nichts bewegt." Jazenjuk müsse zurücktreten.
Jazenjuk war Anfang 2014 einer der Anführer der Protestbewegung gegen den prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gewesen. Der 41-jährige frühere Banker kündigte nach seinem Amtsantritt strenge Sparmaßnahmen und Schritte gegen die Oligarchen an. Ihm wird aber vorgeworfen, die versprochenen Reformen nicht umzusetzen, weil er die Macht der Oligarchen nicht anzutasten wage. Zudem wurde er beschuldigt, im Gegenzug für einen Auftrag zur Umrüstung der Atomkraftwerke Schmiergeld von einer tschechischen Firma angenommen zu haben.
Schwere Rezession, Tote bei Kämpfen im Osten
Die Ukraine steckt tief in der Rezession, zudem flammen immer wieder Kämpfe im Osten des Landes auf. Erst am Dienstag wurden dabei nördlich der Separatistenhochburg Donezk drei Soldaten getötet und sechs weitere verletzt. Das Präsidialamt warf den prorussischen Separatisten vor, entgegen geltender Vereinbarungen schwere Artillerie eingesetzt zu haben.
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