Spur zu Paris-Drama

Migranten mit “IS-Pässen” in Europa untergetaucht

Ausland
22.12.2015 07:23

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben nach den Anschlägen von Paris eine Spur nach Deutschland entdeckt. Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag berichtete, sind in Deutschland offenbar Flüchtlinge mit syrischen Pässen eingereist, die aus derselben Fälscherwerkstatt stammen wie die Pässe zweier Paris-Attentäter der Terrormiliz Islamischer Staat. Demnach ist etwa ein Dutzend syrischer Flüchtlinge mit diesen gestohlenen und umgearbeiteten Originalpässen untergetaucht. Die Behörden wüssten nicht, wo in Europa sich die Männer derzeit aufhalten.

Die verwendeten "echten falschen Pässe" seien bereits vor den Paris-Anschlägen registriert worden, schrieb die "Bild". Da den Flüchtlingen bei der Einreise jedoch keine Fingerabdrücke abgenommen wurden, hätte man nun keinen Hinweis auf den Verbleib der Männer. Von den Pässen seien bei den deutschen Behörden nur noch die Kopien vorhanden. Die Papiere stammen demnach wie jene Dokumente, die zwei Paris-Attentäter mit sich geführt hatten, aus der syrischen Stadt Rakka. Diese war im Sommer 2013 vom IS eingenommen worden. Die Terrormiliz erbeutete dort die Blanko-Dokumente, die dann auf falsche Identitäten ausgestellt wurden.

Auch österreichische Pässe entdeckt
Erst am Sonntag war bekannt geworden, dass auf dem Flughafen Istanbul zwei Männer verhaftet wurden, die rund 150 europäische Reisepässe, darunter auch zwei österreichische, in die Türkei schmuggeln wollten. Die Dokumente waren in kleinen Pizzaöfen versteckt, zusammen mit Kameras und SIM-Karten. Beide Männer werden verdächtigt, im IS-Auftrag unterwegs gewesen zu sein. Der türkische Journalist Mete Sohtaoglu twitterte ein Foto von den insgesamt 148 beschlagnahmten Pässen, unter denen zwei österreichische zu erkennen sind.

(Bild: twitter.com, twitter.com/Mete Sohtaoglu, APA/Hans Klaus Techt)

Nur jeder zehnte Flüchtling in Deutschland kontrolliert
In Deutschland wurde in den vergangenen Monaten nur ein Bruchteil der Migranten erkennungsdienstlich erfasst. "Wir haben lediglich zehn Prozent der Flüchtlinge kontrolliert", sagte am Montag der stellvertretende Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Jörg Radek, gegenüber der "Welt". "In Hunderttausenden Fällen" habe die zuständige Grenzpolizei nicht erfahren, "wer unter welchem Namen und aus welchem Grund einreist".

In einem an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickten Brandbrief schrieb Radek, die deutsche Polizei sei "nicht in der Lage, den ihr obliegenden Auftrag der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung an der deutsch-österreichischen Grenze in der gesetzlich gebotenen Weise wahrzunehmen". Die Polizei habe keine Möglichkeit, zu verhindern, dass Terroristen als Flüchtlinge getarnt ins Land kommen. Das sei mit Blick auf die Gewährleistung der inneren Sicherheit "staatsgefährdend".

"Aussagekraft von Flüchtlingspässen sehr begrenzt"
Laut der "Welt am Sonntag" betreibt die IS-Miliz einen regen Handel mit arabischen und europäischen Pässen. Der Chef der europäischen Grenzsicherungsbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, sagte der Zeitung: "Die großen Ströme von Menschen, die derzeit unkontrolliert nach Europa einreisen, stellen natürlich ein Sicherheitsrisiko dar. Die Aussagekraft von Flüchtlingspässen ist aus unserer Sicht sehr begrenzt." In einem Bürgerkriegsland wie Syrien könne niemand garantieren, "dass die Dokumente, die echt aussehen, auch wirklich von einer offiziellen Behörde ausgestellt wurden bzw. vom rechtmäßigen Inhaber mitgeführt werden".

Aus dem Archiv: Video zeigt dramatische Befreiung von IS-Geiseln

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