Nach Attentat
“Nizza ist ein Zentrum der Dschihad-Rekrutierung”
Nach dem Attentat von Nizza mit mindestens 84 Toten rückt die dortige Islamistenszene in den Blickpunkt. Denn auch wenn noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine islamistisch motivierte Tat bekannt sind - die südfranzösische Stadt ist wiederholt mit der dschihadistischen Bewegung in Verbindung gebracht worden. Der Geheimdienst weiß laut jüngsten Berichten schon lange, dass "Nizza ein Zentrum für Dschihad-Rekrutierungen ist".
Vor allem ein Name fällt immer wieder zur Dschihadisten-Szene in Nizza: Oumar Diaby, besser bekannt als Omar Omsen. Der Franko-Senegalese soll viele Franzosen für den Dschihad in Syrien rekrutiert haben. Er ist der Autor zahlreicher Propagandavideos und war als selbsternannter Imam und radikaler Hassprediger in Nizza aktiv. Seit 2013 hält er sich in Syrien auf.
2014 gab er dem Sender Al Jazeera ein Interview:
Nach eigenen Angaben agierte Omar Omsen im Auftrag der Al-Nusra-Front, des Ablegers von Al-Kaida in Syrien. Im August 2015 wurde er für tot erklärt. Im Juni dieses Jahres tauchte er dann überraschend in einem Film des französischen Senders France 2 auf. Darin ist zu sehen, wie er eine Gruppe von rund 30 jungen Franzosen kommandiert. Die meisten von ihnen stammen aus Nizza und dem Umland.
In dem Film rechtfertigt Omsen auch die islamistischen Anschläge in Frankreich im Jahr 2015. Sie seien "eine Vergeltung für die französischen Angriffe auf Frauen und Kinder" in Syrien.
"Wissen, dass Nizza ein Zentrum der Radikalisierung ist"
"Wir wissen, dass Nizza ein Zentrum der Radikalisierung und Rekrutierung ist", sagt der französische Parlamentsabgeordnete Sebastien Pietrasanta. Er ist Berichterstatter der Untersuchungskommission zu den Attentaten von 2015. In dem am Mittwoch offiziell vorgestellten Bericht wird den französischen Geheimdiensten unter anderem eine schlechte Zusammenarbeit attestiert.
Nizza war auch eine derjenigen französischen Städte, in der 2015 die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen wurde. Grund war eine Messerattacke, die sich dort kurz nach den Anschlägen auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und auf einen jüdischen Supermarkt im Jänner 2015 in Paris ereignete. Am 3. Februar des Jahres griff ein Mann in Nizza drei Soldaten an, die vor einem jüdischen Gemeindezentrum Wache standen. Zu seinem Motiv sagte er später, er hasse Frankreich und die Juden.
War Bouhlel ein "Einsamer Wolf"?
Angesichts des jüngsten Terroranschlags drängt sich nun die Frage auf, ob der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel Teil eines Netzwerks war, oder ob er als "Einsamer Wolf" agierte. Bislang fehlen dazu sowohl ein Bekennerschreiben, als auch wirklich stichhaltige Ermittlungsergebnisse. Eine Verbindung zum Islamischen Staat wird allerdings nicht ausgeschlossen.
Dass sich radikale Islamisten gerne die Anonymität europäischer Großstädte zunutze machen, wurde in der Vergangenheit häufig beobachtet. So lebte etwa Istanbul-Attentäter Ahmed Tschatajew unter falschem Namen in Wien.Hasspredier Mirsad O., der bei einer Razzia in einem Wiener Gemeindebau festgenommen worden war, wurde am Mittwoch zu 20 Jahren Haft verurteilt.
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