Visegrad-Treffen
Orban in Rage: “Flüchtlinge sind Hort des Bösen”
Bei den Beratungen der Visegrad-Länder (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) am Montag in Prag hat sich vor allem Ungarns Regierungschef Viktor Orban wieder als großer Scharfmacher in Europa hervorgetan. Flüchtlinge seien ein "Hort des Bösen" und Ungarn überlege, eine "zweite Verteidigungslinie" südlich des Landes zu bauen. Generell beriet die Gruppe gemeinsam mit Mazedonien darüber, wie man die Balkan-Route an der Grenze zu Griechenland stärker gegen Flüchtlinge abriegeln könnte.
"Deutschland hat mit seiner Willkommenspolitik einen Fehler gemacht und will nun andere zwingen, diesen mit auszubaden", sagte der slowakische Regierungschef Robert Fico nach dem Treffen. Hauptziel der Visegrad-Länder (V4) sei es, die illegale Wirtschaftsmigration aufzuhalten. "Falls Griechenland und die Türkei den Zustrom nicht begrenzen können, besteht die Möglichkeit, die Migrationsströme auch an den Grenzen von Mazedonien und Bulgarien aufzuhalten", sagte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka.
Unterstützung für Mazedonien und Bulgarien
Die V4 wollen zudem Mazedonien und Bulgarien mit Streitkräften, Grenzbeamten und Stacheldraht unterstützen. "Wir dürfen die Balkanstaaten nicht ihrem Schicksal überlassen", forderte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka.
Merkel: "Das löst unsere Probleme nicht"
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel bezog klar Stellung gegen den Plan, den Flüchtlingsstrom an der mazedonisch-griechischen Grenze zu stoppen: "Einfach in Mazedonien, das gar kein EU-Mitglied ist, einen Schutzzaun zu bauen, ohne uns darum zu kümmern, in welche Notlage das Griechenland brächte - das wäre nicht nur kein europäisches Verhalten, sondern löste auch unsere Probleme nicht", sagte die Kanzlerin der "Stuttgarter Zeitung".
Kritik kam auch aus Luxemburg. Außenminister Jean Asselborn warnte die V4 davor, in der Flüchtlingspolitik zu einem "Verein der Abtrünnigen" zu werden. Asselborn wies am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel darauf hin, dass die osteuropäischen EU-Länder in der Vergangenheit selbst viel Solidarität erfahren hätten.
Faymann: "Was tun wir, wenn 100.000 vor Zaun stehen?"
Auch Österreichs Kanzler Werner Faymann übte zuvor scharfe Kritik an den V4. "Dieser Plan B ist viel schlechter als die von uns geforderten EU-Maßnahmen. Was tun wir, wenn sich im Mai 100.000 Frauen, Kinder und Männer dort vor dem Zaun drängen?", kritisierte Faymann im "Krone"-Gespräch am Montag.
Die Visegrad-Länder, aber auch Griechenland hätten bisher dazu beigetragen, dass eine gerechte Aufteilung der Flüchtlinge verhindert wurde und auch bei allen EU-Plänen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms (Stichwort: Hotspots) alles viel zu langsam ging, so Faymann weiter.
Ungarn will Grenzanlagen weiter verstärken
Doch die V4 wollen an ihren Plänen festhalten. Orban kündigte sogar an, die eigenen Grenzanlagen noch weiter zu verstärken. Er bekräftigte zudem, sein Land wehre sich weiter gegen eine Verteilung von Flüchtlingen nach einem Quotenschlüssel in Europa. Ungarn hat sich mit Zäunen an den Grenzen zu Serbien und Kroatien gegen Flüchtlinge abgeschottet, im Gespräch sind auch neue Absperrungen zu Rumänien. "Die deutsche Willkommenspolitik ist nicht nur gescheitert, sondern hat Terrorismus geschaffen und Angst geschürt", sagte Orban.
V4: "Jüngste Entwicklungen gefährden Frieden"
In einer gemeinsamen Erklärung warnten die V4-Premiers vor "neuen Trennlinien" in Europa wegen der Flüchtlingskrise. Die jüngsten Entwicklungen seien eine "Gefährdung des Friedens, der Sicherheit und der Prosperität der EU-Bürger" und machten eine gemeinsame Reaktion der EU nötig, hieß es. Die Visegrad-Staaten seien "entschlossen", das Entstehen neuer Grenzen in Europa zu verhindern.
Dominoeffekt entlang der Balkan-Route
Jedenfalls scheint nun nach dem Beschluss der österreichischen Flüchtlingsobergrenze entlang der Balkan-Route ein Dominoeffekt einzutreten. Slowenien begrenzt ab sofort die Einreise von Flüchtlingen, worauf am Montag auch Serbien mit Abschottung drohte.
Über die Balkan-Route kommen seit dem vergangenen Sommer viele Flüchtlinge, die über die Türkei und Griechenland weiter nach Nordwesten reisen wollen. Die meisten haben Deutschland oder Schweden als Ziel. Griechenlands nördlicher Nachbar Mazedonien hat mit dem Bau eines Grenzzauns begonnen, um Flüchtlinge an der Weiterreise zu hindern. Seit November lässt Mazedonien nur noch Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan ins Land, weil sie Aussicht auf Asyl in Deutschland oder anderen EU-Ländern haben.
Lesen Sie auch:
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.