Welterbe geschunden
Palmyra zurückerobert: Wie viel ist noch übrig?
Ein knappes Jahr war die syrische Ruinenstadt Palmyra in den Händen der Terrormiliz IS. Dass die Dschihadisten mit der Welterbestätte nicht zimperlich umgingen, verbreiteten sie regelmäßig selbst - und veröffentlichten Aufnahmen gesprengter Tempel und zerstörter Statuen. Am Sonntag vertrieb die syrische Armee nach einer Großoffensive die IS-Kämpfer vollständig aus der Stadt. Es bleibt die bange Frage: Wie viel ist von Palmyra noch übrig?
Der Direktor der syrischen Altertümerverwaltung, Mamoun Abdul-Karim, fand am Sonntag eine überraschend positive Antwort: "Wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet", sagte er der Nachrichtenagentur AFP, "aber die Landschaft ist im Großen und Ganzen in einem guten Zustand." Er fühle eine "unbeschreibliche Freude", so Abdul-Karim.
Experte glaubt an Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren
Palmyra könne wiederaufgebaut und "so werden wie vorher", sagte der Experte über die zum Weltkulturerbe gehörenden antiken Schätze. Er fasste für den Wiederaufbau einen Zeitraum von fünf Jahren ins Auge. Der Direktor der Altertümerverwaltung will nun so bald wie möglich nach Palmyra aufbrechen, um die Schäden genauer zu begutachten.
Der IS hatte Palmyra im Mai des Vorjahres erobert. In den folgenden Monaten schockierte die Miliz die Welt durch brutale Hinrichtungen in den Ruinen der antiken Stadt und die Zerstörung zweier bedeutender Tempel, des berühmten Triumphbogens und zahlreicher Grabmäler. Am Sonntag vermeldete die syrische Armee die vollständige Rückeroberung von Palmyra. Nun gelte es, Sprengsätze und Minen, die die Dschihadisten zurückgelassen hatten, zu entschärfen.
Gemeinsam mit der UNO werde nun beraten, wie der Baal-Tempel und der Tempel von Baal-Shamin wiederaufgebaut werden könnten, sagte Abdul-Karim. Viele der wichtigsten Ruinen seien aber nur leicht beschädigt. Die "beste Neuigkeit" betreffe die berühmte 15 Tonnen schwere Löwen-Statue, die der IS im Juli zerstört hatte: Die Einzelteile könnten alle wieder zusammengesammelt und die Statue wiederaufgebaut werden.
Russland drängt bei Restaurierung an vorderste Front
Eine Führungsrolle im Wiederaufbau will Syriens Verbündeter Russland übernehmen, dessen Luftwaffe auch schon bei der Rückeroberung eine tragende Rolle gespielt hatte. Schon in Kürze sollen russische Minensuchexperten und Spürroboter in die Region entsendet werden, teilte Generalstabschef Waleri Gerassimow am Montagabend mit. "Wir übernehmen auf jeden Fall die Restaurierung Palmyras", sagte der prominente russische Kulturpolitiker Michael Schwydkoi. In seinem Land gebe es viele Experten, die auf dieses Gebiet spezialisiert seien.
Ein AFP-Reporter vor Ort sah die Zerstörungen an den beiden Tempeln sowie am Triumphbogen, zumindest die Ruinen dieser Stätten gibt es ihm zufolge aber noch. "Wir hatten solche Angst, dass wir in die Ruinen kommen und sie komplett zerstört vorfinden würden", sagte ein syrischer Soldat in Palmyra. "Doch dann waren wir erleichtert." Und Abdul-Karim ergänzt: "Ich war der traurigste Altertümerdirektor der Welt. Heute bin ich der glücklichste."
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