Nach Anschlägen

Papst-Offensive für Christen verärgert islamische Welt

Ausland
12.01.2011 13:41
Brutale Anschläge auf Christen im Irak und in Ägypten, drangsalierte und unterdrückte Gläubige in etlichen anderen Ländern: Das Los von Millionen Mitbrüdern gerade auch in muslimischen Ländern treibt den Papst um und lässt ihn in die Offensive gehen. Mit gleich zwei politischen Reden zum Jahresbeginn hat Benedikt XVI. Unruhe und Verstimmung ausgelöst. Kairo ist verärgert über seine "inakzeptable Einmischung in innere Angelegenheiten", in Pakistan sind radikal-islamische Demonstrationen geplant. Nun versucht der Vatikan die Wogen zu glätten.

Als Oberhaupt von fast 1,2 Milliarden Katholiken beklagt Benedikt XVI. seit seiner Weihnachtsansprache verstärkt die bedrohte Religionsfreiheit. Nach den jüngsten Anschlägen, vor allem dem Selbstmordattentat vor einer koptisch-orthodoxen Kirche in der Silvesternacht in Alexandria mit 23 Toten sowie einer Nahost-Synode in Rom zur desolaten Lage der Christen in der Region appellierte er an die betroffenen Regierungen: Diese müssten - ebenso wie islamische Religionsführer - dafür sorgen, dass Christen in Frieden leben können. Ihn peinige die Zwangslage christlicher Minderheiten, deshalb wähle er das offene Wort, erklärte der Papst. Politische Beobachter stuften die kritischen Worte an die Regierungen in Bagdad und Kairo zur Lage der Christen nicht als völlig fehl am Platz ein.

Joseph Ratzinger hat bereits im September 2006 mit seiner "Regensburger Rede" weltweite Empörung bei Muslimen hochschwappen lassen: Er verwendete ein Zitat eines alten byzantinischen Kaisers aus einem akademisch-theologischen Text, wonach der Prophet Mohammed nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht habe, und sorgte damit für Aufsehen. Seitdem nahmen die alltäglichen Spannungen zu. Die jüngste Bilanz des überkonfessionellen Hilfswerks für verfolgte Christen "Open Doors" spricht eine deutliche Sprache: Etwa 100 Millionen Christen werden weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt. Nordkorea führt die negative Rangliste jener Länder an, in denen Christen nach Einschätzung von "Open Doors" am stärksten drangsaliert werden. Weiters an vorderer Stelle vertreten: Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien, Somalia und Irak.

Unmut in Kairo und Islamabad
Als Kairo wegen der päpstlichen Ermahnungen seine Botschafterin beim Vatikan zu "Konsultationen" zurückrief, schrillten in Rom dann doch die Alarmglocken. "Der Vatikan will keine Eskalation", machte der vatikanische "Außenminister" Dominique Mamberti der Diplomatin noch schnell deutlich. Benedikts jüngste Worte seien ein Ausdruck seiner Sorge um alle von Gewalt und Verfolgung bedrohten Gläubigen, so Mamberti. Der Papst teile den Schmerz, der Ägypten wegen der Vorfälle heimsuche. Die ägyptische Regierung machte aus ihrem Unmut über Benedikts Worte trotzdem keinen Hehl.

Wachsende Spannungen mit religiösem Hintergrund haben für Benedikt aber auch Pakistan zu einer Front im Kampf für Religionsfreiheit und gegen Gewalt gemacht. Und mit China liegt der Vatikan im Clinch, weil Peking wieder verstärkt eine eigene "Kirchenpolitik" gegen die Männer und Frauen macht, die zu Rom stehen und ihrem Papst treu folgen. In Pakistan hat das umstrittene Blasphemie-Gesetz, das "Gotteslästerung" unter Strafe stellt, Benedikt verbittert, weil es zu religiös begründeter Rache an Christen einladen könnte. "Es dient offensichtlich als Vorwand, um Ungerechtigkeit und Gewalt gegen die religiösen Minderheiten zu provozieren", erklärte der Papst. Radikale Islamisten dort sehen die Kritik als Teil einer "Verschwörung, um die Weltreligionen gegeneinander auszuspielen" - und planen nun landesweite Proteste gegen Benedikt.

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