Paukenschlag in Rom

Papst Benedikt XVI. tritt Ende Februar zurück

Ausland
11.02.2013 14:31
Paukenschlag im Vatikan: Papst Benedikt XVI. wird am 28. Februar zurücktreten, wie er am Montag beim Konsistorium (im Bild) für die Seligsprechung von zwei süditalienischen Märtyrern ankündigte. Er habe nicht mehr länger die Kraft, die Aufgaben seines Amtes zu erfüllen.

"Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben", sagte der Papst. Um das "Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden", seien sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, "eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muss, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen".

Die Rücktrittserklärung im Wortlaut gibt's in der Infobox!

"Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten", teilte das Kirchenoberhaupt mit.

"Auch in Zukunft durch ein Leben im Gebet dienen"
Der Papst dankte in seiner Rede den Mitbrüdern "für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen". Benedikt XVI. kündigte an, "auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet zu dienen".

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Das Konklave für die Wahl des neuen Papstes wird im März stattfinden. Das genaue Datum wurde am Montag noch nicht bekannt gegeben. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass bis Ostern ein neuer Papst gewählt werde.

Benedikt zieht sich nach dem Ende seines Pontifikats am 28. Februar nach Castel Gandolfo zurück. Dort werde er auf das Ende der Restaurierungsarbeiten eines ehemaligen Klausurklosters im Vatikan warten, wo er künftig leben wolle, so Lombardi.

Erste Gerüchte im Dezember
Bereits im Dezember hatte es in den italienischen Medien Mutmaßungen über den Gesundheitszustand des Heiligen Vaters gegeben. Anlass dafür waren Probleme beim Lesen des Angelus-Gebets auf dem Petersplatz, als seine Augenprobleme auch für eine breitere Öffentlichkeit offensichtlich wurden. Die Augenprobleme Benedikts waren zwar schon zuvor bekannt, sie sind wohl auch seinem Sturz im Sommer 2009 im Aosta-Tal geschuldet, wobei er sich ein Handgelenk brach. Aber: "Ratzinger hat gewisse Herzprobleme, er nimmt Kreislaufmittel, und er soll vor Jahren einen vorübergehenden Ischämie-Vorfall (Blutleere) gehabt haben", spekulierte damals der "Corriere della Sera" über weit ernsthaftere Gesundheitsprobleme.

"Vatileaks"-Affäre, Mordkomplott, Ränkespiele
Zusätzlich belastete den 85-Jährigen im letzten Jahr auch die "Vatileaks"-Affäre, zu dessen Beginn auch ein angebliches Mordkomplott gegen den deutschen Pontifex publik wurde. Da soll ein Erzbischof Ende 2011 gesagt haben, der Papst habe nur noch zwölf Monate zu leben, ist in einem vertraulichen Papier zu lesen. Prompt spekulierten manche über Ränkespiele, angebliche Konflikte zwischen Benedikt und seinem Staatssekretär Tarcisio Bertone - und darüber, welchem Nachfolger da wohl der Weg zu ebnen sei.

Merkel hat "allerhöchsten Respekt", Monti "erschüttert"
In einer ersten Reaktion hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Papst ihren Respekt für die Entscheidung ausgesprochen, sein Amt am Ende dieses Monats aus Alters- und Gesundheitsgründen aufzugeben. "Wenn der Papst selbst jetzt nach reiflicher Prüfung zum Entschluss gekommen ist, seine Kraft reiche nicht mehr für die Ausübung des Amtes, so hat das meinen allerhöchsten Respekt", so Merkel.

Der scheidende italienische Premier Mario Monti reagierte geschockt auf die Ankündigung des Papstes: "Ich bin von dieser unerwarteten Nachricht erschüttert."

Weitere Reaktionen auf den Papst-Rücktritt gibt es in der Infobox.

Wiener Experte sieht "Präzedenzfall"
Der Kirchengeschichtsprofessor Rupert Klieber von der katholisch-theologischen Fakultät Wien sieht im Rücktritt von Papst Benedikt XVI. einen "Präzedenzfall, den es in der jüngeren Kirchengeschichte noch nicht gegeben hat". Der Experte geht nun davon aus, dass die Vorgehensweise Schule machen wird und auch künftige Päpste ihr Amt aufgrund körperlicher Schwäche zurücklegen könnten. Klieber vermutet zudem, dass Benedikt schon seit Längerem an einen solchen Schritt gedacht habe.

Seit 1917 ist der Rücktritt eines Papstes kirchenrechtlich klar geregelt, Benedikt XVI. ist der erste, der davon Gebrauch macht. "Es wird wahrscheinlich üblich werden", vermutet Klieber. Rein formell betrachtet darf man Benedikt nach dem offiziellen Rücktritt übrigens Altbischof von Rom nennen.

1294 Papst-Rücktritt aus Gewissensgründen
In der Kirchengeschichte trat bisher ein einziger Papst, Coelestin V., der 1294 gewählt wurde, nach wenigen Monaten aus Gewissensgründen von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger Bonifaz VIII. ließ ihn einsperren. Er starb 1296 in Gefangenschaft und wurde später heiliggesprochen. Mehrere Amtsverzichte von Päpsten und Gegenpäpsten gab es auch während des langen Schismas, das nach dem Rücktritt von Gregor XII. 1415 begann.

In der Moderne hatten Pius XII. (1939-1958), Paul VI. (1963-1978) und Johannes Paul II. (1978-2005) einen schriftlichen Amtsverzicht vorbereitet. Pius XII. wollte die Kirche damit angesichts einer drohenden Entführung durch Hitlers Truppen absichern. Paul VI. und Johannes Paul II. wollten verhindern, dass die Kirche im Fall von langer, schwerer Krankheit führungslos bliebe. Keines dieser geheim gehaltenen Amtsverzichtsschreiben kam zum Einsatz.

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