Paris-Anschläge

Fahndung läuft: Das ist einer der Attentäter!

Ausland
16.11.2015 06:19
Nach der schlimmsten Anschlagsserie in der Geschichte Frankreichs könnte mindestens einem Terrorkommando die Flucht gelungen sein. Ermittler stellten am Sonntagmorgen in Montreuil östlich von Paris ein Auto sicher. In dem Wagen wurden Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre gefunden, wie aus Justizkreisen verlautete. Die französische Polizei veröffentlichte am Sonntagabend ein Fahndungsfoto eines Verdächtigen und bittet die Bevölkerung um Mithilfe - zumal der Mann offenbar bereits eine Polizeikontrolle ungehindert passieren konnte.

Die Behörden veröffentlichten auf Twitter das Lichtbild eines Mannes namens Abdeslam Salah. Angaben des französischen Senders BFM-TV zufolge handelt es sich bei dem Gesuchten um einen 1,75 Meter großen Mann, der in Belgien jenes Auto gemietet hat, das von den Attentätern bei den blutigen Anschlägen verwendet wurde. Der in Brüssel geborene 26-jährige Salah sei "gefährlich", warnten die Behörden. Es handelt sich Ermittlern zufolge um den Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris. Wer Informationen über den Aufenthaltsort des Mannes habe, soll umgehend eine Notfallnummer wählen, so die Polizei.

Medienberichten zufolge soll der Terrorverdächtige übrigens bereits am Samstag eine Polizeikontrolle passiert haben. Die Zeitung "Le Monde" schrieb am Sonntag online, Salah Abdeslam sei von der Polizei im nordfranzösischen Cambrai im Zuge der verschärften Grenzkontrollen überprüft worden. Im Auto hätten noch zwei weitere Passagiere gesessen. Auch die Associated Press berichtet ähnliches und beruft sich dabei auf Sicherheitskreise.

Diese Informationen passen zu Angaben des Pariser Staatsanwalts Francois Molins. Dieser hatte am Samstagabend gesagt, ein Wagen mit drei Insassen sei nahe der Grenze routinemäßig kontrolliert worden. Bei einem der Insassen habe es sich um einen Franzosen mit Wohnsitz in Belgien gehandelt, der eines der Autos gemietet hatte, das die Attentäter benutzten. Er hatte allerdings keine näheren Angaben zur Identität des Mannes gemacht.

Bislang drei Selbstmordattentäter identifiziert
Derweil teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit, dass bisher die Leichen von drei der sieben Selbstmordattentäter identifiziert worden seien. Bereits am Samstag war mitgeteilt worden, dass der 29-jährige Franzose Omar Ismail Mostefai unter den toten Selbstmordattentätern im Konzertsaal Bataclan war. Am Sonntag seien nun die Leichen von zwei weiteren Angreifern anhand von Fingerabdrücken identifiziert worden, erklärte der Pariser Staatsanwalt Francois Molins.

Es handelt sich demnach um zwei Franzosen, die zuletzt in Belgien gelebt hätten. Die Leichen der 20 und 31 Jahre alten Männer wurden demnach nahe des Stade de France und in einem Restaurant auf dem Boulevard Voltaire gefunden, wo sich die Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hatten. Der Bruder des 31-Jährigen wird mit dem Fahndungsfoto gesucht. "Die Identifizierung der anderen toten Terroristen dauert noch an", erklärte Staatsanwalt Molins.

Ein in der Gemeinde Montreuil sichergestellte schwarze Seat war laut den Ermittlern von jenen mit Kalaschnikows bewaffneten Terroristen benutzt worden, die vor mehreren Cafés und Restaurants im Zentrum von Paris wahllos Menschen erschossen hatten. Die französische Zeitung "Liberation" berichtete zudem, in dem Auto seinen neben den Waffen fünf volle und elf leere Magazine gefunden worden. Unklar blieb, ob die Täter weiter auf der Flucht sind oder bereits am Samstag in Belgien gefasst wurden.

129 Tote und über 350 Verletzte
Die Massaker mit 129 Todesopfern und mehr als 350 teils schwer Verletzten vom Freitagabend waren nach ersten Ermittlungen eine minutiös koordinierte Kommandoaktion von Anhängern der Terrormiliz Islamischer Staat. Sie wurde von einer noch unbekannten Zahl islamistischer Attentäter verübt. Drei Terrorkommandos schlugen an verschiedenen Orten in der französischen Hauptstadt nahezu gleichzeitig zu, schossen auf Menschen in Cafés und Restaurants sowie in der Konzerthalle Bataclan und sprengten sich während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland in der Nähe des Stadions in die Luft.

Die Anschlagsorte in Paris (Bild: "Krone")
Die Anschlagsorte in Paris
(Bild: AP)
(Bild: AP)
(Bild: APA/AFP/FRANCOIS GUILLOT)
(Bild: APA/EPA/JULIEN WARNAND)
(Bild: APA/EPA/JULIEN WARNAND)
(Bild: AP)
(Bild: twitter.com)
Terror in Paris (Bild: APA/AFP/MIGUEL MEDINA)
Terror in Paris
(Bild: APA/AFP/FLORIAN DAVID)
Terror in Paris (Bild: AP)
Terror in Paris
(Bild: AP)

"Drei koordinierte Teams"
Der Pariser Staatsanwalt Francois Molins sagte, die Terroristen hätten bei ihren Taten Syrien und den Irak erwähnt und seien in getrennten Kommandos vorgegangen. "Wahrscheinlich sind es drei koordinierte Teams von Terroristen gewesen, auf die diese Barbareien zurückgehen." Die Attentäter benutzten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Außerdem hätten alle dieselbe Art von Sprengstoffwesten getragen, sagte Molins - "darauf ausgelegt, ein Maximum an Opfern zu erzeugen durch den eigenen Tod". Ein Terrorist wurde von der Polizei erschossen, die anderen zündeten ihre Sprengstoffgürtel. Zunächst war von acht getöteten Attentätern die Rede.

Festnahmen in Paris und in Belgien
Ermittler nahmen indes den Vater und Bruder eines der im Konzertsaal Bataclan getöteten Männer  in Polizeigewahrsam. Zudem wurden am Samstagabend in Belgien bei einer Razzia der Polizei im Brüsseler Einwanderer-Stadtteil Molenbeek sieben Männer festgenommen. "Es ist anzunehmen, dass es sich um ein Netzwerk handelt", hieß es. Einer der Männer soll am Freitagabend in der französischen Hauptstadt gewesen sein. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft teilte mit, zwei der getöteten Attentäter von Paris hätten zuletzt mit französischem Pass im Großraum Brüssel gelebt. Außerdem seien zwei der bei den Anschlägen verwendeten Autos belgische Mietwagen.

Am Sonntagabend hieß es aus Ermittlerkreisen in Paris, einer der in Brüssel Festgenommenen hätte zwei Brüder, die ebenfalls an dem Terror beteiligt waren. Einer sei bei den Attentaten selbst ums Leben gekommen, beim dritten Bruder sei nicht klar, ob er einer der Selbstmordattentäter war oder auf der Flucht ist.

Einer der Attentäter von Paris soll auf der Insel Leros als Flüchtling registriert worden sein. (Bild: APA/AFP/Bulent Kilic)
Einer der Attentäter von Paris soll auf der Insel Leros als Flüchtling registriert worden sein.

Zwei Attentäter als Flüchtlinge eingereist?
Bei einem anderen Attentäter wiederum wurde ein syrischer Pass gefunden. Der 25-jährige Ahmed Almuhamed sei möglicherweise über die Balkan-Route nach Frankreich gereist, hieß es. Er sei am 7. Oktober aus Mazedonien nach Serbien gekommen, berichtete am Sonntag die serbische Zeitung "Blic". Almuhamed wurde demnach im Erstaufnahmezentrum in der südlichen Stadt Presevo registriert und habe dann seinen Weg nach Kroatien, Ungarn und später nach Österreich fortgesetzt. Vom Innenministeriums in Wien wurde dies jedoch nicht bestätigt. "Das sind Mutmaßungen, die im Bereich der Spekulation anzuordnen sind", sagte Sprecher Karl-Heinz Grundböck.

Dieser syrische Pass wurde bei einem der Attentäter gefunden. (Bild: APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC)
Dieser syrische Pass wurde bei einem der Attentäter gefunden.

Nach offiziellen Angaben aus Athen soll auch ein zweiter Attentäter Anfang Oktober als Flüchtling über die Türkei und Griechenland nach Europa gekommen sein. Die griechischen Sicherheitsbehörden hätten in beiden Fällen die Fingerabdrücke der mutmaßlichen Terroristen an die französischen Behörden übermittelt. In den vergangenen zehn Monaten waren mehr als 600.000 Migranten aus der Türkei nach Griechenland gekommen. In ihrer Mehrheit stammten sie aus Syrien. Sollte sich der Verdacht bestätigen, dürfte die Flüchtlingsdebatte in der EU weiter angeheizt werden.

Auch Anschlag auf Stadion geplant
Offenbar wollten die Attentäter in Paris sogar ein noch größeres Blutbad anrichten. Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" könnte ein Anschlag direkt in dem mit knapp 80.000 Fans besetzten Stadion geplant gewesen sein, in dem die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen Frankreich spielte. Die Attentäter zündeten während des Spiels mehrere Sprengsätze in der Nähe des Stade de France, einer hatte vergeblich versucht, ins Stadion zu gelangen.

Im Video ist eine der Exposionen zu hören:

(Bild: AP)

"Ja, wir sind im Krieg"
Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von einem "Kriegsakt" des IS und kündigte "angemessene Entscheidungen" an. Premierminister Manuel Valls sagte am Samstagabend: "Ja, wir sind im Krieg." Frankreich werde handeln, um diesen Feind zu zerstören. "Wir ergreifen daher außergewöhnliche Maßnahmen. Wir werden in den kommenden Tagen weitermachen mit der Absicht, den IS dem Erdboden gleichzumachen. Und diesen Krieg werden wir gewinnen."

"Nur eine Warnung"
Im Internet war eine Erklärung aufgetaucht, in der sich der IS zu den Anschlägen bekennt. Darin heißt es: "Eine treue Gruppe der Armee des Kalifats griff die Hauptstadt der Unzucht und Laster an." Frankreich wird außerdem angedroht: "Dieser Überfall ist nur der erste Tropfen Regen und eine Warnung."

Mit dieser Bildmontage kündigt der IS in den sozialen Netzwerken weitere Terroranschläge an. (Bild: Social Media)
Mit dieser Bildmontage kündigt der IS in den sozialen Netzwerken weitere Terroranschläge an.
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