14 Festnahmen

Saudi-Araberinnen machten gegen Fahrverbot mobil

Ausland
27.10.2013 11:50
In Saudi-Arabien ist es Frauen nach wie vor unter Strafe verboten, Autos zu lenken. Die Gruppe "Women2Drive" hatte daher für Samstag zum Aktionstag gegen das Fahrverbot für Frauen aufgerufen. Möglichst viele Frauen im islamischen Königreich sollten an diesem Tag das Verbot, das wie aus einem anderen Zeitalter anmutet, missachten und sich demonstrativ hinters Steuer klemmen. Wie viele Bürgerinnen dem Aufruf Folge leisteten, lässt sich nicht abschätzen. Die saudischen Behörden nahmen 14 Frauen fest.

Die junge Frau ist voll verschleiert und sitzt entspannt am Steuer ihres Wagens. "Wir sind jetzt in der Al-Najah-Straße, in Ihsa", sagt sie mit fröhlicher Stimme. Die Handy-Kamera ihrer Beifahrerin nimmt sie bei dem in Saudi-Arabien verbotenen Treiben auf. "Ich fahre mit meinen Schwestern und mache Besorgungen. Ich habe einen Führerschein und kann fahren, wir sind nicht in Gefahr."

Dass sich die Frauen auf die Straße wagten, ist besonders beachtlich, weil die Organisatorinnen der Protestaktion ihre Mitstreiterinnen offenbar in letzter Sekunde zurückgepfiffen hatten. "Aus Vorsicht und Respekt vor den Warnungen des Innenministeriums bitten wir die Frauen, sich heute nicht ans Steuer zu setzen", zitierte die Nachrichtenagentur AFP eine der Verantwortlichen.

(Bild: AP)

Die Behörden hatten für Verstöße gegen das Fahrverbot ein hartes Durchgreifen angekündigt. Auch das Posten von Filmen im Internet, die die Kampagne gegen das Fahrverbot unterstützen, würde streng bestraft, hieß es (siehe Infobox). Insgesamt 14 Frauen wurden am Samstag in Riad, Jeddah, Mekka und in der Ost-Provinz festgenommen, berichtete die Zeitung "Al-Madina" am Sonntag. In der Hauptstadt Riad mussten fünf Frauen aufs Polizeirevier, unter ihnen eine ägyptische Staatsbürgerin.

"Kommt her, Mädchen, und macht mit!"
Auf den Bildern, die am Samstag in Umlauf kamen, sind meist voll verschleierte Frauen zu sehen, die am Steuer von Mittel- und Oberklassewagen durch saudische Städte kreuzen. Eine besonders verwegene Autofahrerin hat nur ihr Haar mit einem Kopftuch bedeckt. Sie zeigt ihr Gesicht und gibt ihren Namen mit Mai al-Sawyan an. Der Ehemann einer anderen Autofahrerin begeisterte sich auf dem Beifahrersitz für die Aktion seiner Gattin und rief durch das offene Fenster: "Kommt hervor, Mädchen, und macht mit!" Ein anderes Video zeigt einen jungen Mann, der seiner Mutter vom Beifahrersitz aus das Autofahren beibringt.

Das Fahrverbot für Frauen ist in Saudi-Arabien inzwischen umstritten. Fast 20.000 Bürger unterzeichneten die Petition der "Women2Drive"-Kampagne. Weibliche Abgeordnete des Shura-Rates - solche gibt es überhaupt erst seit Jahresbeginn - verlangten, die Aufhebung des Fahrverbots auf die Tagesordnung zu setzen. Der Shura-Rat ist ein rein beratendes Gremium, dessen Mitglieder von König Abdullah ernannt werden.

"Vormund" für das halbe Leben
In einem Land mit unterentwickeltem öffentlichem Verkehr sind Frauen als Berufstätige und als Mütter abhängig von Chauffeuren, die extra bezahlt werden müssen. Andere Gesetze engen sie noch mehr ein: Ohne "Vormund", das heißt Ehemann oder männlichen Blutsverwandten, dürfen sie keine Verträge unterschreiben, sich nicht einmal in der Öffentlichkeit zeigen.

Technische Veränderungen und die Globalisierung ziehen aber auch Saudi-Arabien mit. Die Auswirkungen auf den Lebensalltag treffen die Frauen hart, weil sie unverändert in das Korsett der sittenstrengen religiösen Gesetze und Regeln gezwängt bleiben. Viele von ihnen haben inzwischen Autofahren gelernt und in den benachbarten Golfstaaten den Führerschein erworben. Doch der ultra-konservative islamische Klerus sträubt sich gegen jede Veränderung. In jedem kleinsten Zugeständnis sieht er eine Bedrohung für die gottgewollte Herrschaft des Hauses Saud.

"Fahre Auto und meinen Eierstöcken geht es bestens"
Dabei kommt es zu den absurdesten Argumentationen. So meinte der Scheich Saleh bin Saad al-Luhaidan, ein Berater des Psychologen-Verbands der Golfstaaten, dass Autofahren schädlich für die Eierstöcke sei und vermehrt zu Geburten mit Missbildungen führen würde. Anhängerinnen der Kampagne gegen das Fahrverbot machten sich im Internet über diese Ansage lustig. "Ich fahre seit sechs Jahren Auto, habe seitdem zwei Kinder und meinen Eierstöcken geht es bestens", twitterte eine Aktivistin.

Sittenhüter geben nicht nach
Aktionstage gegen das weltweit einzigartige Fahrverbot hatte es bereits 1991 und 2011 gegeben. Wie damals sprach sich der konservative islamische Klerus der Monarchie auch diesmal gegen jede Lockerung des Fahrverbots aus. In Saudi-Arabien ist mit dem Wahhabismus eine besonders strenge Variante des sunnitischen Islams Staatsreligion.

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