2014 über 1100 Tote

Schießwütige US-Polizei gänzlich außer Kontrolle?

Ausland
18.12.2015 17:06

Am 1. Dezember wurde der Polizeichef von Chicago, Garry McCarthy, entlassen - nur wenige Tage nach der Veröffentlichung eines Videos, das die Erschießung des 17-jährigen Schülers Laquan McDonald zeigt. Ein Video, das von der Polizei 13 Monate lang unter Verschluss gehalten wurde, bis ein Gericht sie zwang, es zu veröffentlichen.

Dieses Video zeigt den Jugendlichen, wie er in der Mitte einer Straße läuft, mit herunterhängenden Armen, in einer Hand ein geschlossenes Klappmesser. Mehrere Polizeiautos bleiben neben ihm stehen, bis plötzlich aus einem ein Polizist herausspringt und McDonald mit insgesamt 16 Schüssen tötet. 13 davon durchlöchern ihn, als er am Boden liegt.

Er habe sich bedroht gefühlt, erklärte der Polizist, doch das nützte ihm diesmal nichts. Der Untersuchungsrichter ließ ihn nach Analyse des Videos verhaften. Er wurde wegen Mordes angeklagt.

Schießwütige US-Polizei
Um die ganze Dimension der schießwütigen US-Polizei zu erkennen, könnten ein paar Vergleiche helfen. 2014 wurden in den USA mehr als 1100 Personen durch die Polizei getötet - 44 Prozent mehr als im Jahr zuvor, 126 Getötete waren völlig unbewaffnet. Im Vergleich dazu starben im gleichen Jahr 58 US-Soldaten in Afghanistan.

Ein Autofahrer wird von der Polizei in Seattle nach einer Verfolgungsjagd erschossen. (Bild: AP)
Ein Autofahrer wird von der Polizei in Seattle nach einer Verfolgungsjagd erschossen.

Im Jänner 2015 wurden in einem Monat mehr US-Bürger durch die Polizei erschossen als in England in den vergangenen 24 Jahren. Auch die sechsfache Bevölkerung der USA im Vergleich zu England bietet keine Erklärung.

Im November 2014 wurde Tamir Rice (12) erschossen, weil er mit einer Spielzeugpistole hantierte. (Bild: AP)
Im November 2014 wurde Tamir Rice (12) erschossen, weil er mit einer Spielzeugpistole hantierte.

Im Februar 2015 wurde Antonio Zambrano-Montes, ein 35-jähriger Mexikaner, mit 17 Schüssen getötet, weil er Steine auf parkende Autos warf. Die gesamte Polizei von Finnland gab im Jahr 2013 insgesamt sechs Schüsse ab. In England, Irland, Island, Norwegen und Neuseeland tragen die Polizisten nicht einmal Schusswaffen.

Kein Leben in Sicherheit garantiert
Mit etwa 15.000 tödlichen Delikten pro Jahr liegt die Mordrate in den USA im Verhältnis zur Bevölkerung bis zu zehnmal höher als in den Ländern der EU. Die rund 1,2 Millionen schießwütigen Polizisten garantieren offensichtlich doch kein Leben in Sicherheit. Die Polizei in den USA ist mehr als ein Staat im Staat: Sie ist eine Besatzungsarmee im eigenen Land, sowohl von der Ausrüstung als auch vom Einfluss her.

(Bild: EPA (Symbolbild))

Es begann mit dem Krieg gegen Drogen
Seit dem Ruf nach einem "Krieg den Drogen" von Präsident Richard Nixon kam es zu einer systematischen Militarisierung der Polizei, einer milliardenschweren Aufrüstung mit modernstem Kriegsmaterial, Maschinengewehren, Nachtsichtgeräten, Panzerfahrzeugen und sogar Flugzeugen.

Das Ergebnis dieses "Krieges" sind nicht nur unschuldige Opfer, sondern eine Demokratie, die mit 2,3 Millionen Häftlingen ein Drittel mehr Gefangene hat als China mit einer viermal so großen Einwohnerzahl. Die USA "beherbergen" bei fünf Prozent der Weltbevölkerung 25 Prozent aller Häftlinge weltweit.

Privilegien durch politischen Druck
Parallel zur Militarisierung der Polizei wuchs ihr politischer Einfluss. In den meisten Bundesstaaten gelang es der Polizeigewerkschaft, eigene Gesetze für Untersuchungen gegen verdächtige Polizisten durchzusetzen, wie die Geheimhaltung von Beweismaterial oder die Verzögerung von gerichtlichem Einschreiten bis hin zur Verpflichtung, Fragen an den verdächtigen Polizisten vorher schriftlich einzureichen - alles Privilegien, die für "normale" US-Bürger undenkbar sind. Dadurch geschützt, missbraucht die Polizei ihre Macht, um Zeugen und Beweise zu manipulieren.

Dieses Video zeigt einen brutalen Polizeiangriff auf eine US-Schülerin:

Im aktuellen Fall in Chicago wurde Passanten, die den Mord an dem 17-Jährigen beobachteten, mit Verhaftung bedroht, um sie einzuschüchtern. Die Videoaufzeichnungen eines in der Nähe liegenden Restaurants wurden beschlagnahmt.

30 Prozent der Opfer sind Schwarze
30 Prozent der Erschossenen sind Schwarze - bei einem Bevölkerungsanteil von zehn Prozent. Auf Präsident Barack Obamas Ankündigung, diesen mörderischen Wahnsinn zu beenden und die Polizei zu "entmilitarisieren", reagierten die Polizeigewerkschaften mit Streikdrohungen, sodass die Sicherheit der Menschen in den USA nicht mehr garantiert werden könnte. Von dieser Polizei?

Nach den tödlichen Schüssen auf Michael Brown demonstrierten zahlreiche Menschen in Ferguson. (Bild: AP)
Nach den tödlichen Schüssen auf Michael Brown demonstrierten zahlreiche Menschen in Ferguson.

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