Alarmstimmung in der Schweiz: Seit Anfang 2011 sind in unserem Nachbarland 362 Menschen an Masern erkrankt, fast fünfmal mehr als im ganzen Jahr 2010 zusammen. Die meisten Masernfälle zählt Genf mit 152, gefolgt von der Waadt mit 78. Die hoch ansteckende Krankheit wurde nach Angaben der Behörden teilweise aus Frankreich eingeschleppt, wo die Masern derzeit besonders stark wüten. Nun herrscht auch in Österreich Angst davor, dass die Viren die Staatsgrenze überwinden. Das war zuletzt 2008 der Fall, als die Viren ebenfalls über die Schweiz bei uns "einwanderten".
Bislang hat sich der recht hohe, wenngleich nicht völlig perfekte Durchimpfungsgrad der Österreicher gegen die Masern ausgezahlt. Gesundheitsminister Alois Stöger und die neue Leiterin der Sektion III im Ministerium ("Öffentlicher Gesundheitsdienst und medizinische Angelegenheiten"), Pamela Rendi-Wagner, riefen am Donnerstag allerdings zur Wachsamkeit, zur Überprüfung des Impfstatus und zum allfälligen Nachholen von Impfungen auf.
2011 bislang ein Dutzend Fälle in Österreich
In den westlichen Nachbarländern Österreichs hat die Krankheit in diesem Jahr bereits zu zahlreich schweren Erkrankungs- und auch zu Todesfällen geführt. "Wir beobachten die Situation sehr aufmerksam", so Stöger. Rendi-Wagner, bis vor Kurzem Impf- und Tropenmedizin-Expertin an der MedUni Wien: "Wir haben in Österreich bisher rund ein Dutzend per Laborbefund bestätigte Fälle sowie etwa zwei Dutzend Verdachtsfälle." Maserninfektionen werden ja normalerweise durch den Arzt aufgrund des klinischen Erscheinungsbildes diagnostiziert.
In Österreich haben die Bemühungen des Gesundheitsministeriums in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass mehr als 95 Prozent aller Kinder unter 15 Jahren mindestens eine, weitere 80 Prozent zwei Teilimpfungen haben. "Aufgrund dessen ist es bis jetzt in Österreich noch nicht zu einem Anstieg der Fälle gekommen", erklärte man im Ministerium. Die letzte große Masernepidemie fand in Österreich im Jahre 2008 statt, es gab mehr als 450 Fälle, allesamt ungeimpfte Personen. Die Krankheit war damals aus der Schweiz über Schüler anthroposophischer Schulen eingeschleppt worden. Deren Eltern lehnen Impfungen häufig ab.
Vergangenes Jahr erkrankten 52 Personen in Österreich an den Masern. "2011 liegen bis dato zwölf bestätigte Masernfälle vor - dem normalen Durchschnitt entsprechend. Ein weiterer Verdachtsfall liegt seit gestern bei einem ungeimpften Buben in Wien vor - er hatte sich vermutlich während eines Deutschlandaufenthalts bei einem an Masern erkrankten Kind angesteckt", teilte das Ministerium weiter mit.
Masern gefährlicher als oft geglaubt
Laut der Wiener Virologin Heidemarie Holzmann sind die Masern gefährlicher, als weitläufig angenommen wird. "Die Komplikationsrate liegt bei 20 Prozent", erklärte sie bei einer Pressekonferenz der Österreichischen Apothekerkammer in Wien.
Mittelohr- und Lungenentzündung treten bei der Erkrankung häufig auf. Darüber hinaus gibt es mit der "normalen" Masernenzephalitis (Sterblichkeit: 30 Prozent) und der unweigerlich langsam zum Tod führenden subakuten Enzephalitis schwerste Folgeerkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation musste erst kürzlich das Ziel der Masern-Ausrottung in der europäischen Region von ursprünglich 2010 auf 2015 verschieben.
Enormes Ansteckungsrisiko
Die Expertin: "Die Masern sind hoch ansteckend. Wenn in einem Raum eine Person das Virus hat und die anderen 99 ungeschützt sind, bekommen die alle die Infektion. Und sie werden auch alle krank."
Wie heimtückisch Masern sind, belegte die Virologin mit einer vor Kurzem von Großbritannien bis Bulgarien reichenden Krankheitswelle. In Bulgarien standen Masern vor einigen Jahren kurz vor der Ausrottung. Eine Infektion wurde von Großbritannien nach Hamburg eingeschleppt. Von dort kam die Krankheit in das osteuropäische Land. Das Ergebnis, so Holzmann: "Es gab dort 23.000 Erkrankungen und 24 Todesfälle."
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