"Keine Betten mehr"
Seehofer: Wien und Berlin müssen jetzt reagieren!
"Ohne Begrenzung der Zuwanderung werden wir in Deutschland und Europa grandios scheitern", warnte Seehofer bei seiner Regierungserklärung im bayrischen Landtag am Donnerstag. Die Alarmsignale müssten in Berlin endlich Gehör finden. Gleichzeitig bedankte sich der bayrische Regierungschef bei allen haupt- und ehrenamtlichen Helfern: "Das, was hier in Bayern geschieht, ist praktizierte Nächstenliebe."
"Kein bayrisches Problem, das betrifft ganz Deutschland"
Nach Angaben des bayrischen Landkreispräsidenten Christian Bernreiter gehen die Unterbringungsmöglichkeiten rapide zur Neige. "Das Ende ist absehbar", sagte Bernreiter. "Es gibt keine Container mehr, es gibt keine Betten mehr, es gibt keine Zelte mehr." Das sei kein bayrisches Problem, sondern betreffe ganz Deutschland.
"Deutschlandweit hat man den Ernst der Lage überhaupt nicht verstanden", kritisierte Bernreiter. Täglich überschritten im Schnitt 7000 Menschen die Grenze, im Monat September seien es 225.000 gewesen. Das bedeute, dass die Kommunen die Unterbringungsmöglichkeiten bis Weihnachten noch einmal verdoppeln müssten.
Kein einseitiger Aufnahmestopp in Bayern
Einen einseitigen bayerischen Aufnahmestopp verkündete Seehofer allerdings nicht. Stattdessen vereinbarte die Runde, sich in den nächsten Wochen mit provisorischen Notmaßnahmen zu behelfen. Dazu gehört unter anderem die Beschlagnahme weiterer Turnhallen. Seehofer forderte den Bund auf, sämtliche Bundesliegenschaften einschließlich aktiver Bundeswehr-Kasernen zur Verfügung zu stellen und dort in Eigenregie Flüchtlinge unterzubringen.
Darüber hinaus forderte Seehofer eine Verdoppelung der Züge, die Flüchtlinge aus Bayern in andere deutsche Bundesländer bringen, sowie Gespräche des Bunds mit Österreich, um die Weiterleitung von Flüchtlingen aus dem Nachbarland nach Bayern zu beenden. Bereits begonnen haben nach Seehofers Angaben die "konzeptionellen Vorbereitungen" für die Einrichtung sogenannter Transitzonen, aus denen chancenlose Arbeitsmigranten so schnell wie möglich abgeschoben oder zur freiwilligen Ausreise veranlasst werden sollen.
Unmut in CDU wächst: "Merkel entthronen"
Merkel war zuletzt auch innerhalb ihrer eigenen Partei unter Druck geraten. Bei einem CDU-Regionalkongress im nordsächsischen Schkeuditz wurde die Parteivorsitzende am Mittwochabend scharf attackiert. Teilnehmer der Zukunftskonferenz mit den Landesverbänden von Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen warfen ihr Versagen vor. "Flüchtlingschaos stoppen - Deutsche Kultur + Werte erhalten - Merkel entthronen" stand auf einem Plakat, das hochgehalten wurde.
Weite Teile der Bevölkerung könnten Merkels "Wir schaffen das" nicht mehr hören, sagte eines der knapp 1000 anwesenden CDU-Mitglieder, darunter auch zahlreiche Amts- und Mandatsträger aus den ostdeutschen Bundesländern. In weiteren Wortmeldungen wurden die Grenzschließung oder eine Grundgesetzänderung gefordert, sodass ab einer gewissen Zahl auch keine Asylberechtigten mehr aufgenommen werden dürfen. Deutschland drohe in eine "nationale Katastrophe" zu schlittern, sollte der Zuzug nicht gestoppt werden, warnte ein Teilnehmer.
Bundestag stimmt Verschärfung des Asylrechts zu
Trotz scharfer Kritik aus der Opposition und von Menschenrechtsorganisationen hat der Deutsche Bundestag am Donnerstag Verschärfungen im Asylrecht verabschiedet. Mit dem Gesetzespaket ist unter anderem vorgesehen, drei weitere Balkan-Länder - Albanien, das Kosovo und Montenegro - als "sichere Herkunftsstaaten" einzustufen, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückzuschicken.
In Deutschland sollen Schutzsuchende künftig generell deutlich länger als bisher in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und dort möglichst nur Sachleistungen bekommen. Die Auszahlung von Geld soll nur einen Monat im Voraus möglich sein. In bestimmten Fällen sind auch deutliche Leistungskürzungen vorgesehen. Auf der anderen Seite soll durch den Abbau bürokratischer Hürden die Einrichtung neuer Asylunterkünfte einfacher werden. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive sollen Zugang zu Integrationskursen bekommen.
Merkel: "Historische Bewährungsprobe für Europa"
Merkel hatte vor der Abstimmung erklärt, dass es sich bei der Flüchtlingskrise um eine "historische Bewährungsprobe für Europa" handle, doch Abschottung sei keine Option. "Unser Land kann nicht nur in Finanzkrisen schnell und flexibel reagieren", sagte die deutsche Regierungschefin mit Blick auf die Hilfen etwa für Griechenland. Nötig sei nun eine nationale Kraftanstrengung. Zwar gilt die Annahme des Gesetzespakets als sicher, doch bereits bei Merkels Rede merkte man, dass der unterstützende Applaus doch sehr verhalten war.
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