Buch klärt auf

Sex und Gewalt auf den Teenager-Handys

Web
30.04.2015 09:49
Hardcore-Pornos als tägliches Abendprogramm, Gewaltvideos als Nebenbeschäftigung und minderjährige Mädchen, die Sexvideos von sich verbreiten: Ein neues Buch der britischen Autorin und Lehrerin Chloe Combi zeigt das erschreckende Internetverhalten von Jugendlichen. Die "Generation Z", die mit dem Internet aufgewachsen ist, hat ein ganz anderes Verhältnis zum Netz als Erwachsene. Dieses Verhältnis wollte die Autorin verstehen.

Michael ist 16-jähriger Bub, der schon "alle Arten von Sex" gesehen hat. Rachel ist ein 17-jähriges Mädchen, das einmal in der Woche Live-Sexshows im Internet anbietet. Ahmed (15) spielt gerne den "Troll" im Internet und beschimpft Prominente mithilfe von Fake-Identitäten. Das sind nur drei Vertreter der "Generation Z". Wie diese tickt und worauf ihre Eltern aufpassen müssen, versucht Combi mit ihrem Werk aufzuzeigen.

Wer nicht online ist, existiert nicht
Zu diesem Zweck führte die Autorin zwei Jahre lang Recherchen und Interviews mit Jugendlichen durch. Was sie im Zuge ihrer Arbeit für das Buch erfuhr, liest sich mit Schrecken: Während für ältere Generationen das Internet eher als Hilfs- und Unterhaltungsmittel dient, hat das World Wide Web für Jugendliche einen viel zentraleren Stellenwert. Sie richten ihr Leben danach aus bzw. bauen teilweise dieses auch darauf auf. Das heißt, wer im Internet nicht aktiv ist, existiert eigentlich gar nicht.

"Jeder will eine Instagram-Königin sein"
Aus diesem Grund versuchen Teenager, im Internet "berühmt" zu sein. Wer "heiß" sei und viele Likes auf Facebook habe, sei cool. All die anderen würden als Verlierer betrachtet und sogar gemobbt, heißt es in dem Buch. "Jeder will eine Instagram-Königin sein", wird eine 14-Jährige zitiert. Cyber-Mobbing ist seit Jahren ein ernstes Thema, mit dem sich Pädagogen, Eltern und auch die Polizei beschäftigen. Das permanente Belästigen hat schon so manchen Betroffenen sogar bis in den Selbstmord getrieben. Gerade Jugendliche seien empfindlicher gegenüber Kritik und Beschimpfungen, da sie noch keine gefestigte Persönlichkeit haben und ihr Selbstwertgefühl durch die Bestätigung im Internet suchten. Manche haben sogar Cyber-Mobbing als Hobby. So wie Ahmed, der immer wieder Fake-Accounts anlegt und User beschimpft, reinlegt und ihnen sogar rät, Suizid zu begehen.

Aufklärung nur mehr über Pornos
Was die sexuelle Entwicklung der "Generation Z" betrifft, habe das Internet dazu geführt, dass Kinder viel schneller reif werden als ihre Vorgängergenerationen. Aufklärung erfolge nicht mehr über Schulbücher oder Magazine bzw. peinliche Gespräche mit älteren Geschwistern oder Eltern. Vielmehr würden Teenager über Pornos alles erfahren, was sie wollten. Doch die Darstellung von Frauen als Sexobjekt hat laut Combi zu einer Zunahme an emotionalen Problemen bei jungen Mädchen geführt. Und tatsächlich versuchten viele Teenager diesen "Vorbildern" nachzueifern, was im schlimmsten Fall dazu führe, dass sie selbst Videos von sich drehen und diese über soziale Netzwerke mit "Freunden" teilen. Combi schildert den Fall der 17-jährigen Rachel, die mittlerweile so oft Cybersex mit einem ihr unbekannten Mann hatte, dass sie sich nicht mehr traut, damit aufzuhören. Aus Rache könnte ihr "Freund" nämlich all die von ihr gespeicherten Videos veröffentlichen.

Enthauptungsvideos als Zeitvertreib
Neben psychischen Problemen macht das Buch auch auf eine Abstumpfung der "Generation Z" aufmerksam. Der intensive Konsum von Gewaltvideos führe dazu, dass die Jugendlichen nicht mehr unterscheiden könnten zwischen realer Gewalt und Hollywood. Enthauptungsvideos würden gezielt gesucht, um sich die Zeit zu vertreiben. Ein junger Bursche erklärte sogar im Interview, dass er solche Terrorvideos während des Begräbnisses seiner Großmutter auf seinem Smartphone konsumiert habe.

"Hannibal Lecter ist ein Weichei"
Eine Episode blieb Combi in diesem Zusammenhang besonders in Erinnerung. Sie zeigte einigen Probanden eine Zusammenstellung der brutalsten Szenen des Psycho-Thrillers "Das Schweigen der Lämmer", das sie, als sie den Film das erste Mal gesehen hatte, als sehr verstörend und beängstigend empfunden habe. Doch die Kinder zeigten sich laut der Autorin "eher gelangweilt" und bezeichneten Dr. Lecter als "Weichei, das klassische Musik hört und langweilige Sachen erzählt". Alle Probanden waren sich einig, dass sie froh seien, ihre eigenen Horrorvideos zu haben.

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