Affäre um Helikopter
Spionageprozess gegen Bundesheer-Soldat in München
Weil es sich um eine militärische Angelegenheit mit mutmaßlicher Geheimdienstverwicklung handelt, begann der Prozess am Montag unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen. Beobachter mussten Ausweis- und Leibeskontrollen über sich ergehen lassen, die Mitnahme von Taschen in den Gerichtssaal war verboten.
Der nicht in U-Haft befindliche 54-jährige Angeklagte verweigerte dann bei seinem ersten Auftritt zwar alle Angaben zur Sache, sagte aber bereitwillig über seine persönlichen Verhältnisse aus. Der Bundesheersoldat hatte demnach eine Schwäche für teure Autos und besaß im Laufe der Jahre unter anderem eine Chevrolet Corvette, zwei Lamborghini und einen Porsche. Seit 2003 sei diese Phase aber vorbei. Jetzt fahre er einen zwölf Jahre alten BMW, berichtete der Angeklagte dem Gericht. Auf dem 1989 gebauten Haus der Familie lasteten noch Schulden in Höhe von 230.000 Euro.
Nebenjob, weil man als Beamter nicht allzu gut verdient
Außerdem ist der Techniker passionierter Ultraleicht-Flieger und besserte durch den Zusammenbau dieser Fluggeräte ebenfalls sein Einkommen auf. Seit 1980 bis zu seiner vorübergehenden Suspendierung im Jänner 2007 war der 54-Jährige als Techniker bei einer Hubschrauberstaffel des österreichischen Bundesheers tätig und verbeamtet. Da man "als Beamter in Österreich" nicht allzu gut verdiene, beantragte der begeisterte Techniker 1994 eine Nebentätigkeit, die auch genehmigt wurde.
Seitdem war der Vizeleutnant für einen österreichischen, später auch für einen deutschen Betrieb unter anderem beim Verkauf von Flugmotoren auf Provisionsbasis tätig. Von 1999 bis 2003 habe er dabei "sehr gut verdient", sagte er.
Unterlagen zu Militärhubschraubern verkauft?
Die im Rahmen dieser Nebentätigkeit erworbenen Kontakte soll der Soldat dazu genutzt haben, dem russischen Geheimdienst SVR dienlich zu sein. 1995 habe ein Mitarbeiter des Geheimdienstes Kontakt zum Angeklagten aufgenommen, der alsbald seinen "geheimdienstlichen Hintergrund offenbart" habe, so die Anklage.
Zwischen 1997 und 2002 soll der Angeklagte den Russen technische Gegenstände, Unterlagen und Know-how beschafft und Kontakte zu zwei Eurocopter-Ingenieuren vermittelt haben. Dabei ging es laut Anklage auch um die Militärhubschrauber "NH 90" und "Tiger" (Bild), für die der Österreicher u.a. Wartungs- und Flughandbücher beschafft haben soll. Als Honorar soll er laut Anklageschrift zumindest 10.500 Dollar (7.764 Euro) erhalten haben.
Mutmaßlicher Komplize packte aus
Der mutmaßliche Komplize des Österreichers, ein aus Deutschland stammender 46-jähriger Ex-Eurocopter-Ingenieur, ist bereits 2008 zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten verurteilt worden. Er soll sich mit einem russischen Geheimdienstoffizier, vermittelt durch den 54-Jährigen, mehrmals in Österreich getroffen haben.
Das milde Urteil wegen bloßer Industriespionage (und nicht Verrat militärischer Geheimnisse) erwirkte der Deutsche durch eine Zusammenarbeit mit dem Bundesverfassungsschutz, bei dem er über den Österreicher auspackte. Der österreichische Soldat soll die Treffen mit den Russen arrangiert haben. Dabei floss laut Berichten deutscher Medien "reichlich Wodka", auch habe es "leicht bekleidete Frauen" gegeben, "die die Männer verwöhnten".
Nach Versetzung im Heer Nebenjob als Taxifahrer
Der 54-Jährige war in Österreich längere Zeit vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung überwacht worden. Am 11. Juni 2007 wurde er gemeinsam mit seinem mutmaßlichen russischen Geheimdienstkontakt vorübergehend festgenommen. Nach 14 Tagen in Untersuchungshaft wurde der Oberösterreicher aber wieder freigelassen. Der Russe war schon nach einer Woche wieder auf freiem Fuß. Denn er genoss laut einem Gutachten des Rechtsdienstes der UNO diplomatische Immunität, weil er bei einer Weltraumtagung in der Wiener UNO-City akkreditiert war. Ein Ersuchen Österreichs an Russland, auf die Immunität zu verzichten, wurde abgelehnt. Auch die von der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe geforderte Auslieferung kam nicht zustande.
Wenn er jetzt in Deutschland verurteilt werde, könne er "zu 95 Prozent" mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes beim Bundesheer rechnen, sagte der Angeklagte, der nach eigenen Angaben zur Aufbesserung der Haushaltskasse ein- bis zweimal pro Woche Taxi in Linz fährt. Nach seiner vorübergehenden Suspendierung, während derer er nur mehr den halben Sold bekam, war er beim Bundesheer weiterbeschäftigt worden, allerdings in einem anderen Bereich, wodurch nach eigenen Angaben etliche Zulagen wegfielen. Im Verteidigungsministerium in Wien hieß es am Montag, man beobachte den Prozess und warte erst einmal dessen Ausgang ab.
15 weitere Prozesstage anberaumt
Für das Verfahren sind zunächst 15 weitere Verhandlungstermine bis zum 17. März angesetzt. Am Dienstag wird der Prozess mit der Vorladung von Zeugen fortgesetzt. Der Angeklagte hatte aber bereits am Montag wissen lassen, nichts zur Sache sagen zu wollen.
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