Neue Migrantenwelle
“Syrer versuchen massiv, nach Italien zu kommen”
Seitdem es für Tausende Flüchtlinge auf der Balkanroute kein Durchkommen mehr gibt, befürchten italienische Politiker, eine neue Migrationswelle werde auf ihr Land zurollen. "2016 wird für Italien ein neues Rekordjahr werden, was Migrantenankünfte betrifft. Schon jetzt versuchen Syrer massiv, über das Mittelmeer nach Italien zu kommen", warnte der Bürgermeister der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo, Luigi Ammatuna, am Dienstag. Experten rechnen damit, dass dieser Flüchtlingsstrom bereits Anfang April seinen Höhepunkt erreicht.
Erst am Dienstag retteten italienische Schiffe fast 1400 Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer, die nach Pozzallo gebracht werden sollten. In der 20.000-Einwohner-Stadt befindet sich eines der als Hotspot bekannten Erstregistrierungszentren der EU für Migranten. Nach Angaben von Ammatuna seien seit Jahresbeginn rund 7000 Migranten in seiner Stadt eingetroffen.
"Durch die Schließung der Balkanroute wollen die Syrer wie schon 2014 über Italien nach Europa einreisen", so der Bürgermeister gegenüber der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Schlepperbanden würden die Flüchtlinge an die italienische Küste bringen. Laut dem US-amerikanischen Analyseinstitut Stratfor werde die neue Flüchtlingswelle nach Italien bereits Anfang April ihren Höhepunkt erreichen.
Heuer erreichten bereits 15.000 Migranten Italien
Wie das Innenministerium in Rom mitteilte, kamen heuer zwischen 1. Jänner und 24. März insgesamt schon rund 15.000 Migranten über das Mittelmeer nach Italien. Das sind 43 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2015. Innenminister Angelino Alfano erklärte, dass eine Umleitung der Route über Italien logisch sei, "denn die nun geschlossenen Balkangrenzen verhindern den massiven Immigrationsfluss aus der Türkei und aus Griechenland nach Nordeuropa".
Neue Route: Griechenland - Albanien - Italien
Zu den wahrscheinlichsten neuen Routen nach Italien gehöre laut Alfano nun die Strecke über Albanien, das Flüchtlinge aus Griechenland über die Landgrenze erreichen können. Von dort könnten sie in Booten nach Italien übersetzen. Lediglich 80 Kilometer trennen Albanien von den Küsten der süditalienischen Region Apulien.
Schlepper bieten Überfahrten um 5000 Euro an
Laut Maria Cuffaro, einer Reporterin der staatlichen italienischen TV-Anstalt Rai, würden Schlepper den Flüchtlingen, die am geschlossenen Grenzübergang in Idomeni zwischen Griechenland und Mazedonien festsitzen, immer stärker eine Überfahrt nach Italien schmackhaft machen. "Sie erzählten mir von Angeboten der Schlepper, Familien auf Lkws und in Handelsschiffen nach Italien zu bringen. Pro Ticket soll das bis zu 5000 Euro kosten", sagte Cuffaro der deutschen Tageszeitung "Die Welt".
Schätzungen gehen von bis zu 140.000 Flüchtlingen aus
Der italienische Staatssekretär für Europafragen, Sandro Gozi, hatte daher zuletzt bereits mit dem albanischen Premier Edi Rama verhandelt, wie man für stärkere Kontrollen gegen Schlepper in der Adria kooperieren könne. Konkrete Maßnahmen gibt es allerdings noch nicht. "Sollte sich die Adriaroute öffnen, müssen wir in der Lage sein, mit einem neuen Notstand umzugehen", sagte Gozi der Tageszeitung "La Stampa". Dieselbe Zeitung zitierte auch italienische Regierungsquellen, die von 120.000 bis 140.000 möglichen Flüchtlingen ausgehen, die aus Griechenland über die Adriaroute einreisen könnten.
Massiver Flüchtlingsstrom auch aus Libyen erwartet
Seit Wochen häufen sich zudem Berichte, dass mindestens 800.000 weitere Flüchtlinge in libyschen Häfen auf die Abfahrt warten und es nur eine Frage des milderen Wetters sei, wann sie nach Italien gelangen.
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