14-jährige Malala
Taliban zu Attentat: “Scharia erlaubt Tötung von Kindern”
"Der Islam befiehlt den Tod für Spione des Feindes", erklärten die pakistanischen Taliban am Dienstag in einer Erklärung. Man habe sie ins Visier genommen, "weil sie sich gegen die Taliban aussprach, während sie mit schamlosen Fremden saß und den größten Feind des Islam, Barack Obama, verherrlichte". Das Mädchen sei aber nicht angegriffen worden, weil es sich für Bildung eingesetzt habe, hieß es weiter, sondern weil sich Malala den Gotteskämpfern und ihrem Krieg entgegengestellt habe. "Die Scharia sagt, dass selbst ein Kind getötet werden kann, wenn es sich gegen den Islam wendet."
Die Taliban hatten dem Mädchen in der vergangenen Woche bei einem heimtückischen Angriff in ihrer Heimat, dem 2009 kurzzeitig von Taliban besetzten Swat-Tal, in Kopf und Hals geschossen. Malala überlebte schwer verletzt und wird gegenwärtig in England behandelt. Die Schülerin hatte sich u.a. in einem Blog für die BBC dafür starkgemacht, dass Mädchen ein Recht auf Schulbildung haben, nachdem die Taliban dies verboten hatten.
Seit dem Attentat gab es in vielen pakistanischen Städten Mahnwachen mit Hunderten Teilnehmern. Die Sympathie mit der 14-Jährigen ist groß, die Wut auf die Taliban, die in der pakistanischen Gesamtbevölkerung mit ihrer mittelalterlichen Vorstellung eines islamischen Gottesstaats wenig Zustimmung genießen, ebenso.
1 Million Dollar Kopfgeld auf Taliban-Sprecher
Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari verurteilte das Attentat als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". "In unserem Land gibt es drei Gefahren: Terror, Armut und das Ignorieren fundamentaler Rechte unserer Töchter", sagte Zardari am Dienstag. Das pakistanische Innenministerium hat derweil eine Belohnung von einer Million Dollar (100 Millionen Rupien) auf den Kopf des pakistanischen Taliban-Sprechers, Ehsanullah Ehsan, ausgesetzt. Bei der Suche nach jenen Männern, die den Anschlag vergangene Woche durchführten, würden intensive Ermittlungen geführt, hieß es.
Als die Taliban 2009 die Kontrolle über das Swat-Tal übernahmen und dort Stück für Stück mit Gewalt ihre Vorstellung einer islamischen Gesellschaft zu etablieren versuchten, sah die Regierung zunächst monatelang tatenlos zu. Nachdem die Armee schließlich die Kontrolle über das Tal im Nordwesten Pakistans zurückerobert hatte, ging Malala in die Öffentlichkeit. In der Region, in der die Taliban zahlreiche Mädchenschulen in die Luft gesprengt hatten, setzte sie sich beherzt für das Recht von Mädchen auf einen Schulbesuch ein. Dafür nutzte sie Plattformen wie Fernsehinterviews und öffentliche Veranstaltungen - trotz Morddrohungen der Extremisten, die sie wegen ihrer "westlichen Werte" kritisierten.
Ärzte: "Gute Chancen" auf körperliche Genesung
Aus dem Queen Elizabeth Hospital im englischen Birmingham, wohin Malala am Montag überstellt worden war, dringen indes vorsichtig positive Nachrichten. Dave Rosser, der medizinische Direktor des Spitals, in dem sonst nur Soldaten vorrangig mit Schusswunden an Kopf oder Wirbelsäule behandelt werden, erklärte am Dienstag, dass Malala "gute Chancen" auf eine körperliche Genesung habe. Es würden allerdings mehrere rekonstruktive Eingriffe und neurologische Operationen durch die Spezialisten in Birmingham notwendig sein. Die erste Nacht im Spital habe das Mädchen jedenfalls gut überstanden. "Die Ärzte sind zufrieden mit ihr", so Rosser.
"Wir haben unglücklicherweise sehr große Erfahrung im Umgang mit solchen traumatischen Schussverletzungen", sagte Rosser. Er gehe aber davon aus, dass die junge Frau eher für Monate als für Wochen betreut werden müsse, physiologisch wie psychologisch. Ob das Mädchen bei Bewusstsein ist, verriet Rosser nicht.
Falsche Besucher wollten zu Malala vordringen
Wirklich Sorgen macht dem Personal in dem Heeresspital aber eine andere Entwicklung: Nach der Ankunft Malalas haben mehrere Leute unter falschen Vorgaben versucht, zu dem Mädchen zu gelangen. Die Polizei habe mehrere falsche Besucher noch beim Wachposten vor dem Spitalsgelände angehalten, die behauptet hätten, zur Familie der 14-Jährigen zu gehören. Die Leute mussten sich ausweisen und wurden befragt, Festnahmen gab es jedoch keine. "Wir glauben nicht, dass ihre persönliche Sicherheit gefährdet ist", versuchte Rosser am Dienstag zu beruhigen. Keiner der falschen Besucher sei bis in das Militär-Krankenhaus gelangt.
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