Euro-Out möglich

Testfall Zypern: Zeigt Deutschland erstmals Härte?

Ausland
14.08.2012 14:47
Ausgerechnet das kleine Krisenland Zypern könnte zur großen Bewährungsprobe für die Koalition in Deutschland werden. Das hoch verschuldete Land ist zu unbedeutend, um eine Gefahr für den Fortbestand der Euro-Zone darzustellen. Die Regierung in Nikosia gilt vielen zudem als wenig seriös. Deutsche Koalitionspolitiker fragen sich, mit welcher Begründung sie dorthin deutsche Steuergelder verpfänden sollen. Nicht ausgeschlossen wird daher, an dem Euro-Staat ein Exempel zu statuieren und Härte zu zeigen. Zypern würde dann der Austritt aus der Euro-Zone drohen.

"Vom Umfang der zypriotischen Wirtschaft her ist mit einem Schaden für das Gesamtsystem nicht zu rechnen", sagt die Vorsitzende des Finanzausschusses im deutschen Bundestag, Birgit Reinemund (FDP). Für den CSU-Finanzexperten Hans Michelbach ist die Mittelmeerinsel mit ihrem "aufgeblähten Finanzsystem" gar "eine Geldwaschmaschine russischen Kapitals". Bei einem Ausscheiden aus der Euro-Zone rechne er nicht mit starken Auswirkungen auf den Euro.

Antrag auf Rettungsschirm bereits gestellt
Dass Zypern derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, macht die Debatte in der deutschen Koalition nicht einfacher: Das Land steht im internationalen Rampenlicht und repräsentiert derzeit einen Kontinent, der schon seit mehr als zwei Jahren über den richtigen Weg aus der Schuldenkrise streitet. Sollte Zyperns Antrag auf Finanzhilfen stattgegeben werden, wäre es das fünfte Land unter dem Euro-Rettungsschirm. Wie viel Geld benötigt wird, prüft derzeit die Troika von Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU. Experten zufolge dürften es ungefähr zehn Milliarden Euro sein.

Das scheint vergleichsweise wenig, doch für die Insel mit nur 840.000 Einwohnern ist die Summe gewaltig. Sie entspricht 55 Prozent der jährlichen Wirtschaftskraft von 18 Milliarden Euro. Unklar ist, wie Zypern das Geld je zurückzahlen soll. Diese Frage spielt auch eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Schuldentragfähigkeit des Landes durch die Troika-Experten.

"Es kann nicht sein, dass wir jetzt schon halbe Inseln retten, die so groß sind wie der Kreis Recklinghausen und die Stadt Bottrop zusammen und deren größte Bank kleiner ist als die Hamburger Sparkasse", kritisiert der FDP-Finanzpolitiker und Euro-Skeptiker Frank Schäffler. Mit dem Erhalt des Euro habe das nichts zu tun. Er sehe dafür auch keine Mehrheit.

Präzedenzfall Zypern droht
Voraussetzung für Hilfen an ein Land sei, dass eine Gefahr für die Stabilität der Euro-Zone insgesamt bestehe, unterstreicht auch Reinemund: "Die Frage ist gerechtfertigt, ob die Bedingungen für Hilfszusagen im Falle Zypern erfüllt sind." Ähnlich argumentiert der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach: "Wenn wir im Falle Zypern das Prinzip außer Kraft setzen, dass ohne die Hilfe durch EFSF und ESM die Euro-Zone insgesamt instabil werden würde, können sich in Zukunft auch andere Länder auf den Präzedenzfall Zypern berufen." Künftig komme es dann nicht mehr darauf an, ob ohne Hilfe die Euro-Zone insgesamt in Gefahr sei.

In die Misere geraten ist die Mittelmeerinsel vor allem wegen ihrer Banken, die eng mit griechischen Geldhäusern verbunden sind und hart vom Schuldenverzicht der privaten Gläubiger Griechenlands im Frühjahr getroffen wurden. Dabei hatte Zypern ausgerechnet in den Finanzsektor seine Hoffnungen gesetzt und versucht, seine Stellung als Finanzzentrum mit Brückenfunktion in den Nahen und Mittleren Osten und nach Russland zu festigen. Bei den Russen hat Zypern parallel zur Anfrage an die Euro-Partner um einen Kredit von fünf Milliarden Euro nachgesucht, schon im Dezember hatte Moskau mit 2,5 Milliarden Euro ausgeholfen.

"Die Kooperation mit Moskau ist unerfreulich"
In der deutschen Koalition sorgt all das nicht gerade für Vertrauen. "Die Kooperation mit Moskau ist unerfreulich", merkt ein Spitzen-Parlamentarier der Liberalen an. Außerdem erscheine die politische Klasse des Landes nicht sehr leistungsfähig. Zypern könne daher keine besseren Bedingungen gestellt bekommen als Griechenland. In dieselbe Kerbe schlägt auch Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs: "Man kann nicht bei Griechenland Härte fordern, bei Zypern aber nicht." In Falle Zyperns bestünden erhebliche Bedenken, "unter anderem auch wegen möglicher Geldwäscherei".

Schon bei der Entscheidung über die Milliarden-Hilfen für spanische Banken hatten im Juli 13 Abgeordnete der Union und neun der Liberalen mit Nein votiert. Am Ende erzielte Schwarz-Gelb zwar eine eigene Mehrheit, verfehlte aber die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit. "Es ist ja zu sehen, dass bei den anderen Rettungspaketen die Zweifler immer mehr wurden", sagt der FDP-Parlamentarier Jens Ackermann. Immer mehr sähen die roten Linien erreicht. Er jedenfalls werde - wie schon bei früheren Abstimmungen zur Euro-Rettung - gegen ein Zypern-Paket stimmen.

Zypern zu klein für einen Testlauf?
Ob die weit verbreiteten Bedenken letztlich dazu führen werden, dass Deutschland sich bei Zypern komplett verweigert und damit der erste Austritt aus der Euro-Zone bevorsteht, ist allerdings offen. "Ich glaube, Zypern ist eher zu klein, um ein Testlauf sein zu können", sagt Fuchs. Zudem spielt der psychologische Effekt eine Rolle, wenn das erste Land den Währungsraum verlassen müsste. Hinzu kommen sicherheitspolitische Erwägungen. Denn schließlich ist die Insel seit der Militärintervention der Türkei im Jahr 1974 geteilt, auch heute noch sind UNO-Soldaten im Land. Eine Destabilisierung Zyperns und der Region wäre ein Problem.

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