"Game over"
Varoufakis mischte die EU auf – und musste gehen
Schon während der Finanzkrise im Jahr 2010 machte sich der 54-jährige linke Wirtschaftsprofessor einen Namen als "Gegner des Spardiktats". Sein Ego wird von Weggefährten als riesengroß beschrieben - ebenso wie seine Fähigkeiten zu "spielen". "Griechenland vom europäischen Spardiktat befreien"- lautete die Devise des unbequemen Finanzministers. Mit seinen europäischen Amtskollegen geriet der gebürtige Athener deshalb mehrfach scharf und heftig aneinander.
Wenn er von anderen Ministern nach Zahlen gefragt wurde, wich er gern aus: "Lasst uns doch nicht so technisch werden." Stattdessen hielt er gerne Vorträge über die gemeinsame Zukunft Europas. Das trieb viele - allen voran den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble - fast zum Wahnsinn, berichten Augenzeugen der Gespräche in Brüssel.
Buch mit dem Titel "Theorie des Spielens" verfasst
Einige Experten sahen in der Verhandlungstaktik Varoufakis' auch sein enormes Wissen über die in den 1950er-Jahren entwickelte Spieltheorie. Darin werden als rationale Spieler solche angesehen, die nur logisch denken und ihr Gefühl bei einer Entscheidung ausklammern. Zentral dabei ist, dass der Erfolg des Einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. Varoufakis verfasste zwei wissenschaftliche Standardwerke - eines davon mit dem Titel "Theorie des Spielens".
Stets betonte der studierte Mathematiker, die harte Gesprächsführung seiner Regierung gegenüber den Euro-Partnern habe nichts mit Täuschungsmanövern zu tun. Wenn seine Erfahrung mit Spieltheorie ihn eines gelehrt habe, dann das, dass die aktuellen Verhandlungen nicht durch Bluffs oder taktische Tricksereien zu gewinnen seien, schrieb Varoufakis in einem Gastbeitrag für die "New York Times".
U.a. in Schottland, Australien und den USA gelehrt
Der Weltenbummler ist international gut vernetzt. Er lehrte unter anderem im australischen Sydney, im schottischen Glasgow und zuletzt an der US-Universität von Texas in Austin. In die USA ging er einem Bericht von "Spiegel Online" zufolge, nachdem seine Familie Todesdrohungen erhalten hatte. Der Grund waren demnach Varoufakis' beharrliche Nachfragen zu Skandalen der griechischen Banken gewesen.
Zwischenzeitlich war Varoufakis auch als wirtschaftlicher Berater des damaligen Ministerpräsidenten Georgios Papandreou tätig. Als dieser im April 2010 die Euroländer um Finanzhilfen bat, forderte ihn Varoufakis dazu auf, es zur Staatspleite kommen zu lassen: "Lasst uns pleitegehen! Jetzt! Mit einem Lächeln und optimistisch!", meinte er. "Spiegel Online" schrieb damals, Varoufakis zufolge wäre dies "relativ schmerzlos" gewesen, da die private Verschuldung in Griechenland vergleichsweise niedrig war.
"Die Zeiten endlosen Konsumierens sind vorbei"
Nach seinem Amtsantritt im Frühjahr 2015 verkündete er seinen Landsleuten, die "Zeiten endlosen Konsumierens" seien vorbei. Wohlstand sei nicht, "wenn viele Luxusautos auf den Straßen fahren". Kein Wunder, dass er für die Hochglanzfotos in der französischen Zeitschrift "Paris Match", die seine Frau und ihn in ihrem Penthouse im teuersten Stadtviertel von Athen unterhalb der Akropolis zeigten, auch Spott erntete. Im Internet betreibt Varoufakis seit Jahren einen populären englischsprachigen Blog. Sein jüngster Eintrag unter der Überschrift "Minister No More!": die Ankündigung seines Rücktritts.
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