Nach Coming-out
Vatikan feuert homosexuellen Priester Charamsa
Nachdem sich Charamsa in einem YouTube-Video sowie gegenüber mehreren Medien als homosexuell geoutet hatte, reagierte der Vatikan umgehend. Pressesprecher Federico Lombardi nannte den Entschluss des polnischen Priesters, sich einen Tag vor Beginn der Familiensynode zu outen, "verantwortungslos". Damit wolle man die Bischofssynode einem "medialen Druck" aussetzen, so Lombardi. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass Charamsa von sämtlichen Ämtern, die er im Vatikan bekleidete, enthoben wurde - sprich: Er wurde gefeuert.
Über die priesterliche Zukunft Charamsas müsse sein zuständiger Bischof entscheiden, so Lombardi. Auch dieser reagierte umgehend: Der Bischof von Pelplin, Ryszard Kasyna, habe gegenüber Charamsa eine Verwarnung ausgesprochen, damit dieser "zum Amt Christi" zurückkehre, hieß es in einer am Samstagabend auf der Webseite der Diözese veröffentlichten Erklärung. Der Bischof fordere "die Priester und Gläubigen auf, in dieser Absicht zu beten". Die Äußerungen Charamsas stünden im Widerspruch zum Evangelium und der Lehre der katholischen Kirche.
Droht Charamsa nun Exkommunikation?
Im schlimmsten Fall könnte Charamsa sogar mit dem Kirchenbann belegt werden. 2013 waren ein brasilianischer und ein australischer Priester wegen ihrer Haltung zur Homosexualität exkommuniziert worden. 2014 hatte die Exkommunikation der österreichischen Vorsitzenden von "Wir sind Kirche", Martha Heizer, für Schlagzeilen gesorgt.
Doch Charamsa lässt sich vom rigiden Vorgehen seiner "Arbeitgeber" nicht beirren. Der polnischen "Newsweek"-Ausgabe sagte der 43-Jährige, der Klerus sei "überwiegend homosexuell und traurigerweise auch homophob bis zur Paranoia, weil es an Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung mangelt". Er wolle die Kirche nicht zerstören, sondern ihr helfen. "Mein Coming-out soll ein Appell an die Synode sein, ihr paranoides Handeln gegenüber sexuellen Minderheiten aufzugeben."
"Anwalt für sexuelle Minderheiten"
Bei einer Pressekonferenz in Rom, bei der ihn sein Partner begleitete, sagte Charamsa, er sei glücklich über sein Coming-out. Er wolle sich nun "als Anwalt für alle sexuellen Minderheiten und ihre Familien einsetzen, die im Stillen gelitten haben". Zugleich dankte er "unserem fantastischen Papst, der es uns erlaubt hat, wieder an den Dialog zu glauben".
Charamsa stellte ein Zehn-Punkte-Manifest gegen "institutionalisierte Homophobie in der Kirche" vor und kündigte zudem ein Buch über seine Erfahrungen in der Vatikan-Verwaltung an. Diese hatte sich gerade erst von einem Skandal um den Einfluss einer mutmaßlichen "homosexuellen Lobby" unter ranghohen Geistlichen während der Amtszeit von Papst Benedikt XVI. erholt.
Scharfer Wind in Richtung Vatikan
Angesichts des Coming-out von Charamsa könnte nun erneut ein scharfer Wind in Richtung Vatikan pfeifen. Die katholische Kirche war immer wieder für ihren Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren scharf kritisiert worden. Genau dieser Punkt steht auf der Tagesordnung der Bischofssynode - ebenso wie Patchworkfamilien, künstliche Empfängnisverhütung und die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen. Weitere Themen sind etwa Abtreibung, die Unterstützung lediger Mütter, Gewalt und sexueller Missbrauch in Familien, Konsequenzen aus den großen Migrationsbewegungen sowie die Weitergabe des Glaubens an die junge Generation in einem religionsfernen Umfeld. Das Kirchenvolk wartet nun gespannt auf die Ergebnisse.
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