Wut auf BP wächst

US-Ölpest: “Alles, was ich kenne und liebe, ist in Gefahr”

Ausland
29.05.2010 09:33
Die Wut auf den Energiekonzern BP und dessen Umgang mit dem Öl-Leck im Golf von Mexiko wächst, vor allem weil das ausströmende Erdöl für die Umwelt zunehmend zur Katastrophe wird. "Alles, was ich kenne und liebe, ist in Gefahr", sagte etwa der republikanische Abgeordnete Charlie Melancon vor einem Untersuchungsausschuss zur Katastrophe unter Tränen. In seinem Bundesstaat Louisiana verseucht das Öl mehr als 240 Kilometer Küste und sensibles Marschland und tötet Pelikane, Delfine und Schildkröten.

Millionen Amerikaner haben zunehmend das Gefühl, von BP belogen zu werden. Jüngstes Beispiel: die laufende "Top kill"-Operation, bei der der Konzern das Bohrloch mit Schlamm und Zement verschließen will. Den ganzen Donnerstag ließ BP die Öffentlichkeit in dem Glauben, alles liefe nach Plan. Ein Topmanager verkündete dies im Frühstücksfernsehen, der Einsatzleiter der US-Regierung, Thad Allen, verbreitete sogar Erfolgsmeldungen. Am Abend teilte BP dann lapidar mit, dass schon seit 16 Stunden kein einziger Liter Schlamm mehr in die Quelle gepumpt wurde.

"Die Leute hassen BP"
Verzögerungen, Fehlinformationen, trügerischer Optimismus prägen den ganzen Kampf gegen die Ölpest. "Die Leute hassen BP für diese Unehrlichkeit", sagt der Politikexperte Douglas Brinkley von der Rice Universität in Houston (Texas). Was hat BP schon alles verschwiegen oder geschönt, fragen Kommentatoren. Der Starmoderator des TV-Senders CNN, Anderson Cooper, meint, BP ziehe eine riesige PR-Show ab, um die Bevölkerung ruhig zu halten. Lediglich die "Washington Post" hebt sich am Freitag von dieser Kritik ab: BP manage die Krise besser als Exxon vor 21 Jahren beim Unglück des Tankers "Exxon Valdez" vor Alaska.

Wann immer echte Offenheit gefragt ist, duckt sich das Unternehmen aber zunächst weg. Ein Live-Video von dem Ölleck in 1.500 Metern Tiefe gab es erst nach Wochen und auf Drängen der US-Regierung frei. Schätzungen über die Menge des austretenden Öls beließ der Konzern noch eisern bei 700 Tonnen pro Tag, als schon viele Experten die Zahl für deutlich zu niedrig hielten.

Betroffene in den Küstengebieten enttäuscht
Und auch die Betroffenen in den Küstengebieten zeigen sich enttäuscht. Man warte seit einer Woche auf versprochene Helfer, die das Feuchtgebiet reinigen sollen, sagt der Chef der hart getroffenen Gemeinde Plaquemines, Billy Nungesser. "Es gab gar keinen Plan, hier sauberzumachen." 

Fischer und Geschäftsbesitzer beklagen, dass sie dem angekündigten Schadenersatz lange hinterhertelefonieren müssen und oft mit kleinen Pauschalbeträgen abgespeist werden. Viele äußern zudem die Sorge, nach der Katastrophe ganz vergessen zu werden. Ein Bürger in Louisiana sagt bei einer Versammlung mit lokalen BP-Managern: "Wenn das Öl weg ist, dann wird BP auch weg sein."

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