Wie schon in den vergangenen Jahren war die Wiener Innenstadt wegen des Akademikerballs und der dazugehörigen Demonstrationen am Freitagabend im Ausnahmezustand. Die City war zur Hochsicherheitszone erklärt worden, zahlreiche Platz- und Straßensperren sorgten für ein Verkehrschaos. Während in der Hofburg der umstrittene Ball über die Bühne ging, hielten Gegner Protestmärsche und Kundgebungen ab, die - abgesehen von einigen explodierenden Feuerwerkskörpern und Eierwürfen auf Polizisten - diesmal großteils ruhig verliefen. Insgesamt gab es neun Festnahmen, 14 Polizisten wurden leicht verletzt.
Kurz vor 20 Uhr gab es in der Nähe der Babenbergerstraße kurze Anhaltungen durch die Polizei, um Identitäten von mehreren Personen zu überprüfen. Es kam zu einer Festnahme wegen aggressiven Verhaltens am Museumsplatz, nach den Demos wurden noch zwei weitere Personen in der Strauchgasse vor dem Café Central vorübergehend festgenommen.
Zwei weitere Anzeigen in der Herrengasse
Für Aufregung sorgte die Bildung des polizeilichen "Kessels" vor dem Café Central in der Herrengasse am späten Abend. Laut Exekutive waren zuvor in der Nähe Polizisten von zwei Personen attackiert worden. Die Verdächtigen seien dann zu einer angemeldeten Kundgebung des Verbandes Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) in der Herrengasse geflohen.
Die dort anwesenden Personen wurden durch die Polizei eingekreist, mehr als 100 Kundgebungsteilnehmer wurden etwa eine Stunde lang festgehalten. Später wurde der Kessel wieder aufgelöst. Zwei Personen wurden wegen des Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der Körperverletzung angezeigt. Unklar ist laut Polizeisprecher Johann Golob, ob es sich bei den Festgenommenen um linke oder rechte Aktivisten handelt - dies würden die weiteren Ermittlungen klären, so die Polizei.
Wie die Polizei am Samstag bekannt gab, wurden insgesamt neun Menschen festgenommen: sechs nach der Strafprozessordnung - etwa wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder aufgrund schwerer Sachbeschädigung -, drei nach Verwaltungsübertretungen - beispielsweise wegen Lärmerregung oder aggressiven Verhaltens gegen Beamte. Alle Festgenommenen wurden nach der Einvernahme auf freiem Fuß angezeigt.
Demo auf Heldenplatz umgeleitet
Bereits am Nachmittag waren Demonstranten zum Schottentor bei der Universität gezogen, wo sich laut Polizei etwa 3000 Menschen versammelten und kurz nach 18 Uhr ihren Marsch durch die Innenstadt begannen. Bis zum Stephansplatz wuchs die Menge auf 5000 Menschen an, die anschließend zum Stubentor weitermarschierten.
Am Stadtpark richtete die Polizei durch Tretgitter "als rein verkehrstechnische Maßnahme" eine Verengung der Route ein, wodurch sich der Demonstrationszug in die Länge streckte: Während die ersten Teilnehmer bereits den Karlsplatz erreichten, zwängten sich die Nachzügler immer noch durch den künstlichen, vier Meter breiten Flaschenhals, an dem die Teilnehmenden gefilmt wurden. Um 20.30 Uhr waren die Teilnehmer gegenüber der Hofburg, dem Schauplatz des Akademikerballs. Die Demonstration endete schließlich auf dem nicht gesperrten Teil des Heldenplatzes. Am Rande der Demonstration wurden auch vereinzelt Sitzblockaden abgehalten.
2800 Polizisten im Einsatz
Die Organisatoren sprachen von rund 10.000 Teilnehmern, die Polizei von 5000. Es waren 2800 Polizisten im Einsatz, während der Demos kreisten Hubschrauber über der City. Bereits ab 16 Uhr war die Umgebung rund um die Hofburg großräumig abgesperrt worden, der Verkehr wurde über die "Zweier-Linie" umgeleitet, was zum Ferienbeginn für weitere Verkehrsbehinderungen sorgte. Zudem wurden um 14.30 Uhr die Citybuslinien 1A, 2A und 3A eingestellt.
Die Protestierenden hatten sich vor dem Start des Marsches mit Reden und Slogans eingestimmt. Dass die Demonstration heuer auch im Zeichen der Flüchtlingskrise stand, war an Transparenten abzulesen. Auf den Plakaten der "Offensive gegen Rechts" hieß es etwa: "Geflüchtete willkommen! FPÖ vertreiben. Flüchtlinge bleiben." Auch mit Sprechchören machten die Demonstranten auf ihre Anliegen aufmerksam: "Say it loud and say it clear, refugees are welcome here", schallte es auf der Ringstraße.
FPÖ-Prominenz beim Ball
Die Organisatoren der Demo forderten in ihren Anfangsreden ein Ende des Akademikerballs in der Wiener Hofburg: "Burschenschafter raus aus der Hofburg", lautete ein Slogan. Das umliegende Gelände wurde gesperrt, um ein Aufeinandertreffen von Ballbesuchern und Protestierern zu verhindern. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer waren unter der Gästeschar in der Hofburg.
Strache erklärte bei seinem Eintreffen: "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn rot-grüne Organisationen gegen politisch Andersdenkende, in dem Fall die freiheitliche Partei, so vorgehen und eine Tanzveranstaltung zu verhindern versuchen - und das dann teilweise zu Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten führt, wie vor zwei Jahren." Jeder Veranstalter habe das Recht, einen Ball zu organisieren, "so auch wir", sagte Strache.
Am Samstag wurde bekannt, dass sich unter den Ballgästen auch die Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling befand. Gegenüber dem "Standard" sagte die Dresdnerin, sie sei "zum Vernetzen" in die Hofburg gekommen.
Video: Ballgäste treffen in der Hofburg ein
Video: Protestzug mit einer 360-Grad-Kamera gefilmt
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