Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) spricht im "Krone"-Interview über Werner Faymann, die Willkommenskultur, Mindestsicherung und seinen Ärger über Baustellen.
"Krone": Herr Bürgermeister, gab es in den vergangenen Wochen irgendwann einen Moment, an dem sie Werner Faymann vermisst haben?
Michael Häupl: Jeden Tag. Das ist eine zu Recht emotionell gemeinte Frage, die aber so nicht zu beantworten ist. Jeder kennt mein Verhältnis zu Werner Faymann. Ich bin grundsätzlich ein loyaler Mensch gegenüber meinem Bundesparteivorsitzenden. Ich gehe auch jederzeit gerne mit Werner Faymann auf einen Spritzer. Genauso gilt meine Loyalität meinem derzeitigen Bundesparteivorsitzenden.
"Krone": Welche Rolle haben Sie im Hintergrund rund Faymanns seinen Abgang gespielt?
Häupl: Eine überschätzte.
"Krone": Obwohl Christian Kern ja jetzt als SPÖ-Messias gilt, liegt die FPÖ in der Sonntagsfrage eindeutig vorne.
Häupl: Man wird verstehen, dass ich spätestens seit der letzten Gemeinderatswahl im Hinblick auf Meinungsumfragen eine gewisse Grundskepsis habe, so gesehen interessiert mich das mäßig. Ich glaub es auch nicht. Die Stimmung ist eine ganz andere.
"Krone": Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit Ihrer Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger?
Häupl: Ich bin sehr zufrieden. Was wir derzeit in Wien machen, ist europaweit beispielhaft, abseits von Gefühlsduselei und Willkommenskultur, ein Begriff, den übrigens Integrationsminister Sebastian Kurz von der ÖVP geprägt hat. Dass es manchmal trotzdem zu Kriminalitätsfällen kommt, ist nicht zu akzeptieren, aber schwer zu verhindern.
"Krone": Der einarmige und einbeinige Terrorist, der für das Blutbad in Istanbul mitverantwortlich sein soll, lebte in Wien im Gemeindebau und soll Sozialhilfe kassiert haben. Ist das einer der Ärmsten der Armen, von denen Sie gerne sprechen?
Häupl: Nein! Ganz sicher nicht. Das ist ein Fall für den Richter. Außerdem hätte er für die Mindestsicherung einen positiven Asylbescheid gebraucht, den er meines Wissens nicht hatte. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich wegen eines, zwei, drei, fünf solcher Beispiele jetzt nicht dafür eintreten werde, dass man ein Verfassungsprinzip der Gleichheit verletzt, indem man Menschen, die einen positiven Asylbescheid haben und daher per Definition gleichgestellt sind mit Österreichern, die Gelder kürzt, wie das in Oberösterreich der Fall ist. Ich bin nicht dafür, dass man Sozialabbau betreibt. Und es soll mir jetzt keiner sagen, das können wir uns nicht leisten.
"Krone": Und wann haben wir eigentlich genug geholfen?
Häupl: Dieser Punkt ist leider niemals erreicht. Man muss sich allerdings mit der Perspektive beschäftigen, was passiert, wenn wir auf dem Qualitätsniveau, auf dem wir helfen, nicht mehr helfen können. Wenn wir noch ein Jahr 2015 erleben und ein gewisser Prozentsatz nicht weiter durchreisen kann, dann geht es auch bei uns nicht mehr. Jetzt geht es schon noch, aber umgekehrt wäre es mir lieber, das sage ich auch ganz offen.
"Krone": Staatssekretärin Muna Duzdar wünscht sich mehr Migranten im öffentlichen Dienst. Sind es zu wenig?
Häupl: Mit Sicherheit. Aber das ist eine Auffassung, die vor wenigen Tagen ja auch der Polizeigeneral Karl Mahrer vertreten hat.
"Krone": Schon bereut, dass Sie wieder mit den Grünen koaliert haben?
Häupl: Nein, es ging ja nie um eine Liebesheirat. Wir arbeiten, pragmatisch gesehen, recht gut zusammen. Sowohl Frau Vassilakou als auch ich sind verheiratet, allerdings nicht miteinander.
"Krone": Wann sind Sie eigentlich das letzte Mal im Stau gestanden?
Häupl: Vorige Woche. Und zwar auf der Zweierlinie.
"Krone": Was haben Sie sich da gedacht?
Häupl: Das behalte ich lieber für mich. Aber ich habe nach meiner Ankunft im Rathaus mit dem Baustellenkoordinator Peter Lenz ein bisschen sprechen müssen.
"Krone": Was war das Ergebnis?
Häupl: Dass dort zumindest eine Spur verändert wurde. Der Stau ist immer noch unerfreulich, aber er ist besser geworden. Man muss die Arbeiten ja durchführen, und in der Urlaubszeit sind viele Wiener weg. Der Koordinator ist dafür da, das in einer vernünftigen Form zu machen. Ich werde ja schon von Leuten gefragt, warum es auf der Nordeinfahrt nicht auch eine Baustelle gibt, so wie an allen anderen Einfahrten der Stadt. Dann kämen wenigstens überhaupt keine Leute mehr rein. Manchmal muss man das mit einem gewissen Zynismus versehen, um das Unvermeidbare erträglich zu machen.
"Krone": Ihr Lieblingsthema. Wer wird Ihr Nachfolger?
Häupl: Ich selbst (lacht).
"Krone": Wie lange noch Sie selbst?
Häupl: Noch lange genug. Und Sie wissen ja, wenn man im Rathaus ankündigt, man hört auf, dann muss man froh sein, wenn einem der Amtsdiener noch einen Kaffee bringt.
"Krone": Haben Sie einen Plan?
Häupl: Ich habe immer einen. Und meistens habe ich sogar mehrere. Das hat sich vor allem in der jüngsten Vergangenheit bewährt.
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