Der Ministerrat hat am Dienstag die schon länger angekündigte Ausbildungspflicht für junge Menschen bis 18 in Richtung Parlament geschickt. Das Ziel: Ab 2017/2018 soll es keinen Jugendlichen mehr geben, der nach Abschluss der Schulpflicht keine weiterführende Ausbildung absolviert. Damit soll ein "schlechter Start ins Berufsleben" verhindert werden, so das Sozialministerium. Ausgenommen sind unter anderem Asylwerber.
Im ersten Jahr wird die Ausbildungspflicht für rund 5000 Jugendliche gelten, schätzt das Ressort von Sozialminister Alois Stöger - jene also, deren Pflichtschulzeit mit dem Schuljahr 2016/17 endet. Wer dann keine weiterführende Schule besucht, keine Lehre beginnt oder anderweitige Qualifizierungsmaßnahmen nicht wahrnimmt, wird ein Fall für das neue Gesetz.
Erziehungsberechtigte werden in die Pflicht genommen
In die Pflicht genommen werden vor allem die Erziehungsberechtigten, die melden müssen, wenn ihre Kinder keine Ausbildung machen. Als Ansprechpartner dafür dienen bereits bestehende Koordinierungsstellen, die dafür aufgestockt werden. Auch Schulen, Arbeitsmarktservice, Sozialministeriumservice, Lehrlingsstellen etc. sollen regelmäßig Meldung erstatten. Wenn der betreffende Jugendliche vier Monate danach keine Ausbildung begonnen hat, gilt das als "Bildungsabbruch" und er wird von der Koordinierungsstelle kontaktiert.
Ziel ist es, die Jugendlichen so weit zu coachen, dass sie weitere Bildungsschritte setzen. Die Palette der Möglichkeiten ist dabei breit. Lehre - auch außerbetrieblich -, Schulbesuch oder Privatunterricht, AMS-Kurse oder weitere in einem speziellen "Perspektiven- oder Betreuungsplan" festgelegte Maßnahmen gelten als Pflichterfüllung. Wer vor seinem 18. Lebensjahr einen Beruf erlernt hat, ist damit aus der Pflicht entlassen - denn das Ziel, dass jeder eine Qualifikation über den Pflichtschulabschluss hinaus hat, sei damit erreicht.
Verwaltungsstrafen bis zu 1000 Euro möglich
In letzter Konsequenz sind auch - analog zum Schulpflichtgesetz - Verwaltungsstrafen für die Erziehungsberechtigten vorgesehen. Sie bewegen sich zwischen 100 und 500 Euro, im Wiederholungsfall von 200 bis 1000 Euro. Allerdings sei Bestrafen nicht vorrangig, so das Sozialministerium. Die Strafbestimmungen werden auch erst im Jahr 2018 wirksam.
Waren Jugendliche mit Behinderung im Begutachtungsentwurf noch von der Ausbildungspflicht ausgenommen, gilt sie nun auch für diese Gruppe. Nicht darunter fallen dagegen junge Asylwerber. Ausnahmen gibt es auch, wenn z.B. Jugendliche Kinderbetreuungsgeld beziehen, ein Freiwilliges Soziales Jahr bzw. Präsenz-Zivildienst leisten, erkrankt sind oder sonstige "berücksichtigungswürdige Gründe" vorliegen.
Kostenpunkt: 57 Millionen Euro pro Jahr
Die Kosten beziffert das Sozialministerium mit 57 Millionen Euro pro Jahr im "Vollausbau". Die höheren Ausgaben würden sich mittel- und langfristig jedenfalls rentieren, wird versichert, erhofft man sich doch, künftig beim Arbeitslosengeld und anderen Sozialleistungen sparen zu können. Das Gesetz braucht eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, da es eine Verfassungsbestimmung enthält. Somit sind die Stimmen entweder von Grünen oder FPÖ nötig.
Kanzler Christian Kern sagte am Dienstag, die Ausbildungspflicht sei eine Maßnahme, um den "Kreislauf Bildungsabbruch, Hilfsarbeit und Arbeitslosigkeit" zu durchbrechen. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zeigte sich zufrieden über die "gemeinsame Vorgangsweise" der Regierung. Sozialminister Alois Stöger sprach von einem "Meilenstein". Er hoffe, mit der Regelung einen wesentlichen Faktor zur Armutsvermeidung geschaffen zu haben. "Wer nur einen Pflichtschulabschluss hat, wird dreimal leichter arbeitslos und viermal öfter Hilfsarbeiter", erklärte er in einer Aussendung. "Das können wir nicht akzeptieren."
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