"Nichtsdestotrotz - die beobachtete Anomalie der Neutrino-Flugzeit vom CERN nach Grand Sasso benötigt nach wie vor weitere Überprüfungen und unabhängige Experimente, bevor sie widerlegt oder bestätigt werden kann", schreibt das CERN in einer Mitteilung und beendet seine Facharbeit mit dem Satz: "Wohlüberlegt unternehmen wir keinen Versuch der theoretischen oder phänomenologischen Interpretation der Ergebnisse."
Bereits im September hatte das CERN Aufsehen mit dem sogenannten OPERA-Experiment erregt, weil Neutrinos nach den Messergebnissen schneller als Licht geflogen sein sollen (Bericht in der Infobox). Bei dem Experiment spähen Physiker in einem unterirdischen Labor in den italienischen Abruzzen nach Neutrinos, die im rund 730 Kilometer entfernten CERN erzeugt und auf die Reise geschickt werden. Da Neutrinos problemlos Materie durchdringen können, ist dafür kein Tunnel nötig.
Sensation oder Fehler im Versuchsaufbau?
Die Teilchen waren im September lediglich 0,025 Promille zu schnell unterwegs. Die Flugstrecke der Teilchen ist auf 20 Zentimeter genau vermessen, wie OPERA-Physiker Dario Autiero in einem öffentlichen Seminar im September erläuterte. Die rund 2,4 Tausendstel Sekunden (2,4 Millisekunden) lange Flugzeit lasse sich auf zehn Milliardstel Sekunden (Nanosekunden) genau bestimmen.
Das CERN präsentiert die neue Arbeit auf der Internetplattform Arvix und hat sie beim Fachjournal "Journal of High Energy Physics" eingereicht. Sie wurde jedoch noch nicht nach den Kriterien von Fachjournalen überprüft.
Leichtester Atom-Baustein
Die elektrisch neutralen Neutrinos sind die leichtesten der elementaren Atom-Bausteine. Da sie extrem selten reagieren, können sie nahezu ungehindert aus kosmischen Objekten wie der Sonne entweichen. Schätzungen von Experten zufolge wird auf der Erde eine Fläche von der Größe einer Fingerkuppe in jeder Sekunde von etwa 65 Milliarden von der Sonne stammenden Neutrinos durchdrungen.
Neutrinos kommen in drei Erscheinungsformen vor: Elektron-, Myon-und Tau-Neutrinos bilden jeweils mit Elektronen, Myonen und Tauonen eine Familie. Zusammengefasst bildet diese Gruppen die Klasse der leichten Teilchen, der sogenannten Leptonen. Aus den schwereren Quarks sind die Bausteine der Atomkerne aufgebaut.
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