Schädliche Sedimente

Experte: Kraftwerke mitschuldig an Hochwasser

Wissenschaft
14.06.2013 11:38
Das Hochwasser der vergangenen Wochen brachte unter anderem an der Donau extreme Pegelstände mit sich. Mit dem Wasser traten auch große Mengen an Sand- und Schlammablagerungen über die Ufer. Der niederösterreichische Ökologe Bernhard Seidel sieht diese Feinsediment-Ablagerungen nicht nur als Symptom, sondern auch als eine der Ursachen für die Überschwemmung. Mitschuld daran hätten Kraftwerke.

In und um die durch zahlreiche Kraftwerke staugeregelte Donau würden die Sedimentauflandungen seit Jahrzehnten steigen, was insbesondere auch die Rückhalteräume in den Überschwemmungsgebieten erheblich reduziere, so Seidel. Diese Problematik sei zwar bereits seit Langem bekannt, jedoch scheine das Ausmaß dieser fehlenden Rückhaltevolumina der Öffentlichkeit verborgen zu sein. Es handelt sich laut Seidels Einschätzung um Hunderte Millionen Kubikmeter.

Kraftwerke machen Sedimentabtransport unmöglich
Die Donau ist ein Gebirgsfluss, der kontinuierlich Feinmaterialien mit sich führt. Durch die Kraftwerke werde aber der kontinuierliche Abtransport dieser Partikel unterbrochen - es bilden sich Absetzbecken. Die Feinsedimente würden sich bereits viele Kilometer vor den Barrieren am Boden absetzen, wodurch "riesige Schlamm- und Feinsedimentbänke" entstünden.

Das enge den bereits durch wasserbauliche Maßnahmen wie Uferverbauungen begrenzten Spielraum dafür ein, wie viel Wasser der Fluss zusätzlich führen kann, ohne über die Ufer zu treten, führt Seidel in einer aktuellen gutachterlichen Stellungnahme im Auftrag des Hochwasserschutzverbandes Tullner Feld Nord aus.

Sedimente beeinträchtigen Rückhalteräume
Werden bei Hochwasser dann Wehranlagen geöffnet, erhöhe sich die Wasserfließgeschwindigkeit. Hauptsächlich die oberflächlichen Sedimentschichten würden dann mitgerissen. So gelangten sie auch in die Flussumgebung und bildeten dort Auflandungen, die die Rückhalteräume in den betroffenen Gebieten schon seit Jahrzehnten in hohem Ausmaß reduzierten, heißt es in der Stellungnahme.

In den Wohngebieten würden die Ablagerungen dann unter großen Anstrengungen wieder beseitigt, im unverbauten Gebiet blieben sie nach Hochwassern manchmal meterhoch liegen, im Durchschnitt aber etwa zehn Zentimeter - und das großflächig, wie Seidel ausführt.

Experte: Gefahr schon seit den 1980ern bekannt
Laut dem Ökologen, der seit Jahren vor den Problemen dieser Feinsedimente warnt, ist dieser Thematik bei der Planung und Genehmigung von Kraftwerken und im Hochwasserschutz bisher wenig Augenmerk geschenkt worden. Hinweise auf diese Entwicklungen gebe es bereits seit den 1980er-Jahren.

"Es ist bemerkenswert, dass diese vordergründig wahrnehmbaren und ökologisch gravierenden Schadfaktoren bei wesentlichen Projekten, die eine wasserrechtliche Prüfung benötigt haben, nicht in Form von Studien und Modellszenarien abgehandelt wurden", schreibt der Forscher.

Materialien könnten wirtschaftlich genutzt werden
"Die Ablagerung von feinen Tonen und Sanden sowie von organischen und künstlichen Partikeln in den Stauräumen und in den Überschwemmungsgebieten bilden aber auch Lagerstätten sowohl von wirtschaftlich brauchbaren Materialien als auch von Abfall- und Sondermüll, und diese liegen großteils wohlgeordnet und nach Größen und spezifischem Gewicht geschichtet vor."

Der Problematik dieser unnatürlichen Sedimente könnte aber auf verschiedenen Wegen begegnet werden, so der Ökologe. Etwa mit veränderten wasserbaulichen Maßnahmen oder mit einer gezielten wirtschaftlichen Nutzung dieser vielseitigen Materialien.

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