Jim O'Neill hat im Auftrag der britischen Regierung untersucht, welche Folgen arzneimittelresistente Keime in den nächsten Jahren haben könnten. Für die Studie waren die Forschungsinstitute RAND und KPMG beauftragt worden, die Auswirkungen von Superkeimen im Vergleich zu den bisher tödlichsten Krankheiten in verschiedenen Szenarios zu untersuchen.
Noch tötet Krebs pro Jahr die meisten Menschen, etwa 8,2 Millionen Menschen, darauf folgen Diabetes mit 1,5 Millionen und Durchfallerkrankungen mit 1,4 Millionen sowie Verkehrsunfälle mit 1,2 Millionen Opfern. Superkeime dagegen fordern derzeit etwa 700.000 Menschenleben pro Jahr. Doch die Zahl soll sich dramatisch erhöhen: Ab 2050 sollen arzneimittelresistente Keime zehn Millionen Menschen das Leben kosten - pro Jahr.
Enorme Auswirkungen auf Weltwirtschaft und Medizin
Abgesehen von den gesundheitlichen und psychischen Folgen für die Betroffenen und ihre Familien, würde auch die Wirtschaft erheblich leiden. Laut O'Neill werden Kosten in Höhe von 100 Billionen US-Dollar (80,3 Billionen Euro) auf die Weltgemeinschaft zukommen - und das sei "mit ziemlicher Sicherheit" noch eine zu niedrige Schätzung. Schließlich würden der Rückgang der Population und die vielen zusätzlichen Kranken die Leistung der Weltwirtschaft zudem zwischen zwei und 3,5 Prozent schwächen.
Dabei wurden für die Studie noch nicht einmal indirekte Effekte mit einberechnet, die "die Medizin zurückwerfen könnten ins Mittelalter", so der Bericht düster. Schließlich könnten selbst Routineeingriffe durch Superkeime extrem gefährlich werden - schon jetzt stellen sie zum Beispiel in Krankenhäusern eine große Gefahr dar.
Forschung derzeit nicht profitabel
"Die Bedeutung effektiver antimikrobieller Arzneimittel kann nicht genug betont werden", lautet daher ein zentraler Satz der Studie. Dabei handelt es sich um Antibiotika sowie Medikamente gegen Viren, Parasiten und Pilze. Das Problem, dass Keime gegen Arzneimittel resistent werden, existiert seit der Entdeckung der Antibiotika durch Alexander Fleming 1928.
In den letzten Jahren hat sich das Problem aber extrem verschärft, da immer mehr Keime gleich gegen mehrere Wirkstoffe immun sind. Zudem haben sich viele Arzneimittelhersteller aus dem unprofitablen Forschungsfeld zurückgezogen.
Drastische Maßnahmen gesucht
Schon die Weltgesundheitsorganisation WHO hat vor einer "post-antibiotischen Ära" gewarnt, in der einfache medizinische Versorgung höchst gefährlich wird durch das Risiko, selbst bei simpelsten Eingriffen mit einem Superkeim infiziert zu werden. Die WHO verlangt daher nach drastischen Maßnahmen.
Möglicherweise rüttelt O'Neills Bericht die Weltgemeinschaft nun auf, diese auch zu ergreifen. Es handle sich nur um den ersten von mehreren Reports, so O'Neill, 2016 werde es eine finale Fassung geben. Man suche nun unter anderem nach einem Weg, Anreize für Arzneimittelherstellern zur Forschung und Produktion entsprechender Medikamente zu schaffen.
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