Die einen träumen vom Haus am See und die anderen von der Hütte in den Bergen. Doch wenn Michael Ebner vom perfekten Urlaubsquartier träumt, denkt er an einen Lastwagen. Denn der Software-Unternehmer ist leidenschaftlicher Camper und hat sich für die schönsten Wochen des Jahres einen Mercedes Actros umgebaut.
Sein Dienstwagen ist ein Kombi mit 560 PS und angehobener Höchstgeschwindigkeit, er ist 200 Tage im Jahr auf Achse und alle zwei Minuten klingelt sein Telefon - bis hierhin ist Michael Ebner ein erfolgreicher Software-Unternehmer wie viele andere auch. Doch ins Klischee vom eiligen Handlungsreisenden passt der 43-Jährige aus der Rhön deshalb trotzdem nicht. Viel lieber als den Anzug trägt er Jeans und Pullover und wirklich glücklich ist er, wenn er zwei Meter über der Straße thront und mit nicht einmal 100 Sachen über die Autobahn zuckelt. Denn dann sitzt Ebner am Steuer seines Wohnmobils und genießt die knappe Freizeit.
Zwar könnte er sich wahrscheinlich die edelsten Hotels der Welt leisten. Nicht umsonst habe er mit seiner Medizin-Software eine Monopolstellung und könne das Programm eher an Krankenhäuser verteilen, als dass er es wirklich verkaufen müsse, sagt der Unternehmer und wirkt dabei alles andere als angeberisch. Aber nachdem er auf seinen Dienstreisen das halbe Jahr im Hotel verbringt, schläft er privat am liebsten in seinem eigenen Bett. "Und im Urlaub erst recht", sagt Ebner. Weil er trotzdem ein Herumtreiber ist und mehr sehen will von der Welt als die Hügel der heimischen Rhön, fährt er mit dem Wohnmobil kreuz und quer durch Europa und bisweilen sogar - dem LTE-Router in der Schaltzentrale und dem Laptop in der Küchenschublade sei Dank - zu seinen Geschäftspartnern.
King-Size-Bett & Gourmet-Küche
Das mit dem eigenen Bett darf man dabei wörtlicher nehmen als bei anderen Wohnmobil-Besitzern: Weil er sich lange genug über die mäßige Qualität auch von sehr teuren Caravans und die beengten Platzverhältnisse in den angebotenen Reisefahrzeugen ärgern musste, hat er seinen Magellano kurzerhand selbst entwickelt und von Handwerkern aus seiner Heimat mit Technik aus dem Hausbau aufrüsten lassen. Und wo andere Camper auf ausrangierte Transporter setzen oder das Offroad-Abenteuer im Unimog suchen, hat er als Basis einen Mercedes genommen und den 18-Tonner zur 30 Quadratmeter großen Hotelsuite auf Rädern umgebaut - Wellness-Dusche, King-Size-Bett, Gourmet-Küche, Biergarten und Skikeller inklusive.
Keine fünf Minuten, nachdem er das Monstrum abgestellt hat und der riesige Reihensechszylinder im Bug Ruhe gibt, sind auf Knopfdruck die beiden Erker einen Meter weit ausgefahren und die Federung hat den Fernlaster automatisch ins Lot gebracht. Im Souterrain surren leise Generator und Klimaanlage, die Fußbodenheizung arbeitet und die Anzeigen für Wasser und Treibstoff geben Ebner die Gewissheit, dass er mindestens für drei Wochen autark ist und keine Menschenseele mehr sehen muss.
Während seine Frau und Chefplanerin Stefanie schnell noch ein paar Kerzen im Schlafzimmer anzündet, elektrisch das Bett über der riesigen Fahrerkabine absenkt, die Sitzbank in den breiten Flur stellt und im Wohnbereich den wuchtigen Esstisch deckt, lässt ihr Mann auf Knopfdruck eine Treppe ausfahren und lädt zum Hausbesuch - aber bitte nur auf Socken!
Dass er ständig Gäste hat, daran hat sich Ebner langsam gewöhnt. Denn erstens hat er genauso neugierig an die Türen geklopft, als er bei einem Urlaub in Südtirol vor ein paar Jahren zum ersten Mal solche XXL-Wohnmobile gesehen hat. Und zweitens ist er mit dem Magellano nun schon lange genug auf den Campingplätzen des Kontinents unterwegs, um gelernt zu haben, dass es offenbar einen regen Bedarf an solchen Luxuslinern gibt. "Glamping liegt im Trend", sagt Ebner über die vornehmste Form des Caravan-Urlaubs und erzählt von Menschen, die in den besten Jahren sind, die ihr Vermögen gemacht haben und die ihr Geld nicht in eine Jacht investieren wollen, die man nur an der Küste nutzen kann und deshalb viel zu selten sieht. "Stattdessen kaufen sie lieber eine Landjacht, mit der ist man flexibler und hat am Ende mehr von seinem Geld", hat Ebner festgestellt. Und wer trotzdem noch ein Boot hat, der kann es mit dem Actros bei 3,5 Tonnen Anhängelast ganz einfach an den Haken nehmen.
Aber so luxuriös und großzügig der Magellano auch ist, der Actros hat natürlich auch seine Schattenseiten. Denn Ebner mag sich erhaben fühlen hinter dem riesigen Lenkrad und mächtig Eindruck schinden, wenn er von 12,8 Liter Hubraum, 421 PS und 2100 Nm erzählt. Doch auf der Straße bremst ihn der Reiseriese ganz schön ein. Schneller als 80 darf und mehr als 110 kann er damit nicht fahren.
Aber Ebner ficht das nicht an: Erstens, weil der Urlaub im Megallano ja schon beim Losfahren beginnt und nicht erst nach dem Ankommen. Und zweitens, weil er sich dabei fühlt wie einer der Fernsehhelden seiner Kindheit: "Früher habe ich keine Folge von 'Auf Achse' verpasst und heute fahre ich selbst wie Franz Meersdonk durch die Welt", freut sich der Geschäftsmann und strahlt wie ein kleines Kind, als er die mächtige Actros-Hupe tönen lässt.
Riesenmobile auch in Auftragsarbeit
Neugierige Blicke, wo er auftaucht, und immer wieder Fremde im Flur - schon als das Ehepaar Ebner in die Planung ging, keimte die Erkenntnis, dass sie den Magellano vielleicht doch nicht nur aus Eigennutz bauen. Und nachdem sie mittlerweile bereits 12.000 Kilometer damit unterwegs waren, ist daraus Gewissheit geworden. "Das Interesse war so groß, dass wir auch in die Auftragsfertigung eingestiegen sind", sagt Ebner, der seitdem auch noch Geschäftsführer der Xaxoa GmbH ist und in Saal an der Saale gerade Richtfest für eine neue Fabrik gefeiert hat.
In der Halle arbeiten eine Handvoll festangestellter Mitarbeiter und vor allem viele lokale Handwerker, die binnen sechs bis acht Monaten aus einem Lastwagen eine Luxusvilla auf Rädern machen und dabei dieselben Maßstäbe anlegen wie beim Hausbau: Die Fenster sind deshalb ordentlich isoliert und haben stabile Beschläge, die Schränke sind aus Massivholz statt Pressspan, der Strom fließt mit 220 Volt, die Arbeitsplatte in der Küche ist aus Marmor, und im Bad mit der von unten in verschiedenen Farben beleuchteten Glasdusche sitzt man auf Keramik statt Kunststoff. Wozu hat der Actros schließlich ein zulässiges Gesamtgewicht von 18 Tonnen? Selbst mit dem Massivhaus auf dem Buckel und vollen Tanks für über 1000 Liter Frisch- und Brauchwasser sowie 300 Liter Diesel im Bauch kann man da noch 1,5 Tonnen zuladen, sagt Ebner: "So viel Urlaubsgepäck und Vorräte nimmt man nicht einmal auf eine Weltumrundung mit."
Zwar kostet der Megallano, so wie Ebener ihn sich selbst gebaut hat, 680.000 Euro. Auch mit abgespeckter Ausstattung ist unter 500.000 Euro nicht viel zu machen. Und den Lkw-Führerschein braucht man dafür auch noch. Doch das Interesse an der Hotelsuite mit Mercedes-Stern ist groß: Den ersten Wagen hat er gerade verkauft, mit einer Handvoll Kunden führt er "sehr ernsthafte Verhandlungen" und nebenbei plant er auch schon ein Carsharing-Modell für Luxuscamper, bei dem sich mehrere Partien die Investition und somit auch das Fahrzeug teilen, während Ebner Wartung und Pflege übernimmt und den Kalender für die Kunden führt.
So oft, wie seitdem das Telefon klingelt, muss Ebner bereits aufpassen, dass ihm der Magellano nicht über den Kopf wächst, selbst wenn jede Testfahrt ein bisschen was von Urlaub hat und er bei Kundenbesuchen wenigstens nicht mehr ins Hotel muss. Aber viel mehr als vier Autos pro Jahr will der Unternehmer nicht bauen. Denn weil er nebenbei ja auch noch seinen Job in der Softwarebranche hat, bleibt sonst keine Zeit mehr für die Reisen in den eigenen vier Wänden. Und die will Ebner eigentlich nicht einschränken, sondern sogar noch ausweiten. Spätestens wenn die Kinder aus der Schule sind, will sich die Familie nämlich einen Traum erfüllen und mit dem Magellano nach Amerika - schließlich haben sie ihr Wohnmobil nicht umsonst nach einem Weltumsegler benannt.
(SPX/Benjamin Bessinger)
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