Eine Handlung im klassischen Sinn hat es bei "Mario Kart" nie gegeben – und es gibt sie auch im achten Teil der Serie nicht. Gestört hat uns das beim Testen überhaupt nicht, ist Nintendos aberwitziger Fun-Racer doch ohnehin selbsterklärend. In Gestalt eines Nintendo-Helden wagen wir uns auf eine von 24 mit viel Liebe zum Detail designten Rennstrecken, drängen uns, wild mit Schildkrötenpanzern um uns schießend, durchs Fahrerfeld nach vorn – und hoffen, dass uns nicht just auf der Zielgerade ein gut platzierter Schuss eines anderen Mitspielers in letzter Sekunde den ersehnten Sieg kostet.
Altes Erfolgsrezept mit neuen Features
So weit, so bewährt. In "Mario Kart 8" hat Nintendo das alte Erfolgsrezept freilich nicht einfach eins zu eins in ein neues Spiel mit besserer Grafik übernommen, sondern auch eine Reihe neuer Features eingebaut. Dazu zählen neue Strecken – zwölf komplett neue Kurse sind im Spiel enthalten, weitere zwölf sind Remakes beliebter Strecken vergangener "Mario Kart"-Games – und neue Fahrer. Neben den üblichen Verdächtigen wie Mario, Luigi, Yoshi, Toad und Peach, treten in "Mario Kart 8" auch Bowsers Kinder und einige andere Neuzugänge wie etwa Shy Guy aufs Gaspedal.
Cooles neues Feature: War die Auswahl an Karts und Motorrädern in früheren Serienablegern relativ klein, wartet "Mario Kart 8" nun mit einem richtigen Fahrzeug-Baukasten auf. Darin darf der Spieler vor jedem Rennen eine Kombination aus Karosserie, Bereifung und Gleitschirm auswählen, mit der er sich auf die Piste wagt. Ja, Sie haben richtig gelesen: Gleitschirm. Nachdem "Mario Kart" bereits in der 3DS-Version "Mario Kart 7" erstmals in die Luft ging und kurze Segelpassagen in die Strecken integrierte, kommt dieses Feature mit "Mario Kart 8" nun auch auf die Wii U.
Antigravitations- und Unterwasser-Fahrzeuge
Als würden die Segelpassagen noch nicht reichen, verfügen die Fahrzeuge in "Mario Kart 8" auch über einen Antigravitations-Modus. Auf bestimmten Streckenabschnitten verwandeln sich die Reifen der Fahrzeuge in Schwebemodule à la "Zurück in die Zukunft", mit denen man nicht nur auf der Straße, sondern auch an Wänden und Decken entlangfahren kann. Entsprechend dreidimensional fallen manche Kurse aus. Auf manch einer Piste kann es vorkommen, dass ein Teil des Fahrerfelds an der Decke, der andere auf der Piste herumbraust.
Gegen die Antigravitations-Features wirkt der neue Unterwasser-Modus der Karts und Bikes schon fast ein bisschen brav. Wurden Ausflüge ins kühle Nass in früheren "Mario Kart"-Teilen noch bestraft, führen nun immer wieder Teile der Strecken durch Flüsse, Seen oder das Meer. Angetrieben werden die Karts dann von einer kleinen Schiffsschraube, die bei Kontakt mit Wasser ihren Betrieb aufnimmt.
Coole neue Items, fast perfekte Balance
Abseits von Fahrern, Strecken und neuen Spielmechaniken hat "Mario Kart 8" natürlich auch ein paar neue Items eingeführt. Besondere Highlights, weil besonders fiese Multiplayer-Waffen: Die Piranha-Pflanze, die während der Aufholjagd andere Fahrer kurzerhand vertilgt, und der Bumerang, der zum Spieler zurückkehrt und mehrfach auf die Gegner geschleudert werden kann. Zusätzlich gibt es nun eine Superhupe, die sich vor allem im dichten Gedränge mit vielen Gegnern als nützlich erweist. Und besonders verheerend: Die Wunder-Acht, mit der man gleich acht Items auf einmal bekommt. Allzu oft bekommt man dieses mächtige Item allerdings nicht – häufig verbergen sich nur Bananen und Münzen in den Power-ups.
Großes Lob gebührt Nintendos "Mario Kart"-Team dafür, dass trotz der beachtlichen Zahl neuer Features die für das Genre im Allgemeinen und "Mario Kart" im Speziellen so wichtige Balance gewahrt wurde. Im Test konnten wir weder signifikante Vorteile für einzelne Fahrzeuge noch für einzelne Fahrer beobachten. Die Strecken bieten einen ausgewogenen Mix von zugänglich bis hart, die Verteilung der Items sorgt dafür, dass der Adrenalinpegel während eines ganzen Rennens konstant hoch bleibt.
Wer das Feld anführt, erhält üblicherweise schlechtere Items, wer weit hinten liegt, bekommt mächtigere Dinge, mit denen er schnell wieder nach vorne kommt. Das hilft Einsteigern auf die Sprünge und macht die Rennen für alte Hasen zu einer ständigen Herausforderung, bei der man nie so genau weiß, ob der vermeintlich sichere erste Platz nicht doch noch durch eine fiese Aktion der Gegner in Gefahr gerät.
Übersicht und Zugänglichkeit bleiben gewahrt
Wer Bedenken hat, dass "Mario Kart 8" durch die Antigravitationspassagen unübersichtlich wird, kann übrigens aufatmen. Im Test behielten wir selbst auf den wildesten Strecken im neuen "Mario Kart" den Überblick. Der Grund: Die Kamera dreht sich stets so mit, dass der Spieler das Gefühl hat, geradeaus zu fahren – auch dann, wenn er eigentlich kopfüber an der Decke rast. Eine weise Designentscheidung, durch die Veteranen mit einer Vorliebe für flache Strecken ebenso zufriedengestellt werden dürften, wie Einsteiger, denen für allzu wilde Ritte auf der "Mario Kart"-Achterbahn die Erfahrung fehlt.
Trotz seiner Zugänglichkeit bietet "Mario Kart 8" zum Glück noch genug zu entdecken. Nach Segelpassagen hat man immer wieder die Möglichkeit, sich an einer nur fliegend zu erreichenden Abkürzung zu versuchen. Und auch unter Wasser hält das Game immer wieder Items, Turbos und Abkürzungen bereit, die man erforschen kann.
Für Anfänger wie Profis interessant
Der Schwierigkeitsgrad von "Mario Kart 8" sollte für jeden die passende Herausforderung bereithalten. Der Spieler darf zwischen drei Hubraum-Klassen – 50, 100 und 150 Kubik – wählen und wird je nach gewählter Klasse mit schnelleren Fahrzeugen und stärkeren Computergegnern konfrontiert. Während das Game auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad für Veteranen eine Spazierfahrt darstellt, fordert die gut gemachte künstliche Intelligenz am höchsten Schwierigkeitsgrad selbst "Mario Kart"-Urgesteine.
Dass "Mario Kart 8" für Anfänger wie Profis gleichermaßen interessant ist, liegt auch an der gelungenen Steuerung. Das Game unterstützt so gut wie alle Eingabegeräte, die es für die Wii U gibt: Das Touchscreen-Gamepad, den Pro-Controller, die klassische Kombination aus WiiMote und Nunchuk und sogar den Classic Controller der Wii. Neben Steuerkreuz oder Analogstick braucht das Game nur drei Tasten – Gas geben, Driften, Schießen. Das sorgt dafür, dass die Steuerung schnell erlernt ist. Wer eine WiiMote oder das Touchscreen-Gamepad nutzt, darf übrigens auch per Bewegungssteuerung lenken. Die Neigung von WiiMote oder Gamepad wird dann als Richtungskommando ins Spiel übertragen.
"Mario Kart" war noch nie so schön
Ebenfalls nichts auszusetzen haben wir an der Optik von "Mario Kart 8". Auch wenn Nintendos Wii U nicht gerade den Ruf genießt, eine besonders leistungsstarke Plattform zu sein: "Mario Kart" hat noch nie so gut ausgesehen wie auf der aktuellen Heimkonsole der Japaner. Alleine schon der Umstand, dass das Bild von der Wii U über HDMI im HD-Format ans TV-Gerät geschickt wird, sorgt für eine spürbare optische Verbesserung gegenüber dem Vorgänger für die Wii. Hinzu kommt eine große Liebe fürs Detail, mit der Nintendos Streckendesigner jede einzelne Rennpiste gestaltet haben.
Auf den Strecken flattern Vögel auf, wenn man um die Kurve kommt. Süße Delfine springen im toll animierten Wasser herum, auf Gatschpisten spiegeln Lacken das Sonnenlicht – und mittendrin pfeifen detaillierte Nintendo-Charaktere im Comic-Look in ihren rasenden Kisten vorbei. Unterwasser-Passagen werden mit realistisch wirkenden Tropfen am Bildschirm beendet, bei Segelpassagen gibt es beeindruckende Wettereffekte zu sehen. Kurzum: "Mario Kart 8" ist eine Schönheit geworden. Besonderiel am Streckenrand passiert, dass man die Übersicht verlieren würde.
Soundtrack-Klassiker neu eingespielt
Beim Soundtrack setzt Nintendo auf einen ansprechenden Mix aus altbekannten und neuen Stücken. Eines haben sie alle gemeinsam: Erstmals wurde der Soundtrack von "Mario Kart" von Profi-Musikern eingespielt, früher setzte man hierfür auf den Computer.
Beim Testen war der Soundtrack ob der rasanten Action auf der Strecke zwar eher Nebensache, gefühlt klingt er aber nun etwas authentischer als noch in den Vorgängern. Die Geräusche, die getroffene Gegner von sich geben, sind unverändert komisch. Nur die Motorengeräusche würde sich manch ein Spieler vielleicht etwas kraftvoller wünschen. Letztlich handelt es sich aber immer noch um Karts, allzu laut röhrende Maschinen sollte man sich also ohnedies nicht erwarten.
Menschlicher Wahnsinn im Multiplayer-Modus
Im Mehrspielermodus läuft "Mario Kart 8" zur Höchstform auf. Vor allem der lokale Mehrspielermodus – bis zu vier Spieler können auf einem TV-Gerät gegeneinander antreten – macht reichlich Laune. Kaum ein anderes Spiel versteht es so virtuos, Schadenfreude zum Spielprinzip zu machen, wie "Mario Kart". Rennen mit menschlichen Gegnern sind und waren immer das Highlight der Serie – und daran ändert sich auch in "Mario Kart 8" nichts. Wenngleich wir die Fahrhilfen aus der Wii-Version vermissen, mit der Einsteigern ohne allzu lange Lernphase eine Chance auf Erfolg eingeräumt wurde.
Tatsächlich gibt es beim Mehrspielermodus von "Mario Kart 8" allerdings nicht nur Licht, sondern auch Schatten. Das fängt bei ganz simplen Sachen wie der Tatsache, dass man im Split-Screen-Modus nicht zwischen horizontaler und vertikaler Bildschirmteilung wählen darf, sondern sich mit der vertikalen Teilung zufriedengeben muss, an.
Fehlender "Battle Mode", halbgares Mario-Kart-TV
Und es setzt sich bei Nintendos Entscheidung, den beliebten "Battle Mode" aus den Vorgängern in seiner ursprünglichen Form zu streichen, fort. Wo die Spieler früher in engen Arenen gegeneinander antraten, um die Luftballons des Gegners durch Beschuss zum Platzen zu bringen, gibt es nun nur normale Rennstrecken. Weil die viel weitläufiger als die alten Arenen sind, massenhaft Computergegner mitfahren und man das menschliche Gegenüber so ziemlich selten trifft, kommt der neue "Battle Mode" leider bei Weitem nicht an die ursprünglich bereits auf dem SNES eingeführte Variante heran.
Online-Rennen bietet "Mario Kart 8" ebenfalls – wahlweise gegen Fahrer auf der ganzen Welt, am eigenen Kontinent oder aus der eigenen Freundesliste. Dass es keine hinreichende Möglichkeit gibt, sich mit den anderen Fahrern zu unterhalten, schmälert das Vergnügen zwar ein wenig. Das ebenso schnelle wie gelungene Matchmaking und das motivierende Online-Rating, das sich mit jedem guten Rennen verbessert, stehen dem Game aber gut zu Gesicht. Am meisten Freude bereitet "Mario Kart" zwar nach wie vor im lokalen Split-Screen-Modus, die auch von mehreren Spielern am gleichen TV-Gerät gleichzeitig bestreitbaren Online-Scharmützel fügen dem Spiel jedoch eine unterhaltsame Online-Würze hinzu.
Fazit: Dass sich "Mario Kart 8" gerade in seiner Kerndisziplin, dem Mehrspielermodus, kleinere Schnitzer wie die fehlende Möglichkeit, von vertikalem zu horizontalem Split-Screen zu wechseln, und den missratenen "Battle Mode" leistet, ist schade und kostet den Fun-Racer auf den letzten Metern noch ein paar Punkte. Der gelungene Mix aus bewährter Kart-Action, neuen Features wie dem Fahrzeug-Baukasten und dem Antigravitationsmodus und nahezu perfekter Spielbalance sorgt am Ende aber doch für jenen Spielspaß, der die Reihe groß gemacht hat. Auch wenn es sich einige wenige Schwächen leistet, ist "Mario Kart 8" doch der bislang beste Fun-Racer 2014 – und der bislang wohl beste Grund, sich eine Wii U anzuschaffen.
Plattform: Wii U
Publisher: Nintendo
krone.at-Wertung: 9/10
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