Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) zeigt sich vor der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats am Freitag zuversichtlich, dass es mit der SPÖ doch noch zu einer Einigung beim unter Datenschützern und IT-Experten umstrittenen Sicherheitspaket kommt. Den Entwurf haben Justiz- und Innenministerium nach dem Begutachtungsverfahren in puncto rechtsstaatlicher Absicherung "nachgeschärft", sagte er.
Die SPÖ will weiter über das Sicherheitspaket verhandeln. Die geäußerten Bedenken seien "kein absolutes Nein", erklärte SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Donnerstag. Dennoch sehe er noch "den einen oder anderen Gesprächsbedarf". Ob das Gesetz noch vor oder erst nach der Wahl beschlossen wird, sei ihm egal - Hauptsache, es werde "sauber" gemacht.
Justizminister Brandstetter ist erfreut darüber. "Mich stimmt die jüngste Stellungnahme von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wieder optimistischer. Wir sind uns im Kern ja darüber einig, dass wir die Überwachungsmöglichkeit für die Internettelefonie dringend brauchen, und es geht nur um deren bestmögliche technische Umsetzung. Vergleichbare Staaten haben diese technischen Probleme auch bewältigt, warum sollten wir das nicht auch schaffen", erklärte der Justizminister.
"Negative Massenmails" während Begutachtungsfrist
Datenschützer und die IT- und Telekommunikationsbranche hatten während der Begutachtungsphase des Sicherheitspakets - Gegner sprechen von einem "Überwachungspaket" - massive Bedenken gegen Bestandteile wie WhatsApp-Überwachung, Bundestrojaner und Netzsperren geäußert. Rund 9000 Stellungnahmen wurden bis zum Ende der Begutachtungsfrist eingebracht.
Brandstetter sieht das naturgemäß anders. "Die Begutachtung war keineswegs nur negativ, da darf man sich nicht von jenen täuschen lassen, die uns mit gleichlautenden negativen Massenmails zuschütten wollten. Quantität hat da mit Qualität nichts zu tun. Mit dem Ergebnis der Begutachtung können wir sehr gut arbeiten, wir haben einiges berücksichtigt", so Brandstetter.
An den Eckpfeilern des Sicherheitspakets, das unter anderem eine verstärkte Videoüberwachung im öffentlichen Raum und Straßenverkehr, die verstärkte Überwachung von Internet-Kommunikation sowie einen Neuanlauf zur Vorratsdatenspeicherung vorsieht, werde aber nicht gerüttelt.
"Seriöses Angebot, um Zweifler noch umzustimmen"
"Die Adaptionen sind aber ein seriöses Angebot, um die Zweifler beim Koalitionspartner noch umzustimmen." Man habe im neuen Gesetzesentwurf Wert darauf gelegt, noch einmal klarzustellen, dass es ohne richterlichen Beschluss keine Überwachung gibt. Außerdem soll, anders als im ursprünglichen Entwurf, der Rechtschutzbeauftragte mehr Kompetenzen bekommen, erzählte Brandstetter.
Dass die Maßnahmen notwendig sind, habe auch die Begutachtung gezeigt. "Ich halte es für alarmierend, wenn die ermittelnden Behörden große Effektivitätsverluste in der Strafverfolgung beklagen, weil Verdächtige sich durch die Verlagerung ihrer Kommunikation, etwa auf WhatsApp, jeglicher Kontrolle entziehen können. Das ist für einen Rechtsstaat inakzeptabel."
"Mit Entschlüsselungssoftware in Geräte hineingehen"
Die Begutachtung habe zudem wichtige Klärungen gebracht, wie die Widerlegung der Behauptung, man könne die Entschlüsselung der Internettelefondienste von den Providern bekommen. Brandstetter: "Das geht schon rein technisch gar nicht, weil sich die Verschlüsselung in den jeweiligen Geräten aufbaut, daher muss man mit Entschlüsselungssoftware in diese hineingehen. Und wenn es notwendig ist, dafür Sicherheitslücken in den Geräten zu nützen, so ist es mir im Sinne einer vernünftigen Interessensabwägung lieber, ich nütze, wenn es keine Alternativen gibt, diese Sicherheitslücken, um wirklich bedrohliche Überwachungslücken zu schließen, wohlgemerkt nur bei schwerster Kriminalität und mit strengster rechtsstaatlicher Kontrolle."
Brandstetter stellte auch klar, "dass es nur um die Entschlüsselung der Internetkommunikation geht und nicht um eine komplette Online-Überwachung durch Schnüffeltrojaner, die auf sämtliche Inhalte -auch Festplatten - gehen." Völlig normal ist für den Justizminister hingegen die Überwachung von Anschlüssen Dritter, von denen man annehmen kann, dass der Tatverdächtige sich bei ihnen meldet. "Anders hätte man Peter Seisenbacher nicht verhaften können. Das ging nur, weil der Anschluss seiner Mutter überwacht wurde. Hätte er ausschließlich über WhatsApp oder Skype telefoniert, hätten wir keine Chance gehabt."
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