Valve will das Wohnzimmer erobern - und der Steam Controller ist eine der Waffen, mit denen das Unternehmen dieses ehrgeizige Ziel erreichen will. Der Grundgedanke: Statt eine Konsole wie die PS4 oder Xbox One zu nutzen, könnten PC-Spieler einfach ihre bestehende PC-Spielebibliothek am TV-Gerät verwenden und so von besserer Grafik, günstigeren Spielepreisen und kostenlosen Online-Features profitieren, die mit der Konsole verwehrt bleiben.
Dabei gibt es allerdings ein Problem: Die wenigsten Gamer wollen sich einen teuren Spielerechner ins Wohnzimmer stellen, zudem sind viele PC-Games nicht für die Steuerung per Gamepad ausgelegt.
Streaming statt PC, Controller statt Maus
Valve löst dieses Problem auf mehrere Wege. Den Spielerechner im Wohnzimmer ersetzt man durch Streaming-Lösungen. Ein zweckmäßiger Billig-PC oder die neue Streaming-Box Steam Link empfangen vom potenten PC errechnete Games über das Heimnetzwerk. Für das TV-optimierte Interface sorgt der "Big Picture"-Modus, der seit einigen Monaten Bestandteil von Steam ist. Und die Problematik der Steuerung geht Valve mit dem Steam Controller an.
Spiele-Streaming mit Steam haben wir bereits vor einiger Zeit ausprobiert - und waren von den Ergebnissen durchaus angetan. Ein entsprechend flottes Heimnetzwerk vorausgesetzt, streamt ein starker Spiele-PC Games in einer Qualität auf das TV-Gerät, die für Konsolen unerreichbar ist. Und mit Steams neuer Streaming-Box Steam Link klappt das sogar für relativ wenig Geld: 55 Euro verlangt Valve für seinen Streaming-Empfänger.
Eigenwilliger Controller mit zwei Touchpads
Damit es beim Spiele-Streaming auch mit der Bedienung klappt, hat Valve den Steam Controller erdacht. Das Gerät kostet 55 Euro und unterscheidet sich stark von anderen Gamepads wie dem Xbox-360-Controller. Statt zwei Analog-Sticks gibt's nur einen, der zweite Analog-Stick und das Steuerkreuz werden durch kreisförmige Touchpads mit Force-Feedback ersetzt.
Ebenso wie die Controller von PS4 und Xbox One verfügt der Steam Controller zudem über vier Aktions-Buttons sowie Trigger und Bumper an der Oberseite. Zwei große Tasten an der Geräteunterseite können mit dem Ring- und dem kleinen Finger betätigt werden, zudem gibt's einen Steam-Button, der ins Steam-Hauptmenü führt sowie einen Start- und einen Select-Knopf.
Steam Controller emuliert Maus und Tastatur
Der Clou: Der Spieler kann den Steam Controller genau an seine Wünsche anpassen und andere Eingabegeräte emulieren. Ist ein Shooter etwa auf die Steuerung per Maus und Tastatur ausgelegt, lässt sich der Analog-Stick so konfigurieren, dass er die Richtungstasten W, A, S und D emuliert, während das Touchpad als Mausersatz fungiert. Die Maustasten werden auf die Trigger gelegt, Aktionen wie "Springen" oder "Benutzen" auf die übrigen Buttons.
Bei Strategiespielen kann der Spieler mit dem linken Touchpad die Richtungstasten der PC-Tastatur emulieren, während das rechte Touchpad die Maus ersetzt. Auch hier werden die Maustasten mit den Triggern emuliert. Die Einstellmöglichkeiten sind dabei äußerst vielfältig, der Spieler kann bei der Maus-Emulation sogar einstellen, ob sich das Touchpad eher wie ein Trackball oder eben wie eine reguläre Maus verhalten soll. Auch Force Feedback und alle möglichen anderen Dinge, etwa die Mausempfindlichkeit, können im Optionsmenü konfiguriert werden.
Viel Einstellarbeit, aber auch viele Vorlagen
Sie ahnen es vermutlich schon: So mächtig der Steam Controller durch seine Vielseitigkeit in der Theorie auch ist, ein echtes "Plug and Play"-Gerät ist er nicht. Dazu erfordert er gerade bei Games, die keine Controller unterstützen, zu viel Konfigurationsarbeit. Zumindest, wenn man alles selber einstellen will.
Valve hat nämlich mitgedacht und erspart die Konfigurationsarbeit oft mit herunterladbaren Voreinstellungen. Hier gibt es Standard-Einstellungen, mit denen etwa die Maus-Tastatur-Steuerung oder ein Xbox-360-Gamepad emuliert wird, zusätzlich gibt es bei manchen Games - etwa "Portal 2" - spielspezifische Voreinstellungen, und auch die Community kann eigene Controller-Presets hochladen und anderen Spielern zur Verfügung stellen.
Noch stehen diese Voreinstellungen bei weitem nicht für jedes Spiel in der Steam-Bibliothek zur Verfügung, was angesichts dessen, dass der Steam Controller brandneu ist, aber auch wenig verwundert. Gut möglich, dass sich die Situation mit der Zeit bessert und die Spieler relativ schnell bei jedem Spiel in ihrer Steam-Bibliothek aus verschiedensten Vorlagen wählen können.
Steam Controller überzeugt im Praxistest
Abgesehen von der Einstellarbeit: Wie spielt es sich denn nun mit dem Steam Controller. Wir haben ihn mit mehreren Genres ausprobiert und auch solche Games mit ihm getestet, die Gamepad-Spieler normalerweise meiden wie der Teufel das Weihwasser. Zum Auftakt wurde er als Controller-Ersatz in Shootern mit Controller-Unterstützung getestet. Konkret haben wir "Shadow Warrior" und "Bioshock Infinite" mit ihm ausprobiert.
Hier erwies sich die Emulation des rechten Analog-Sticks mit dem Touchpad anfangs als gewöhnungsbedürftig, nach kurzer Zeit klappt die Navigation aber gut. Vor allem das haptische Feedback, das Vibrationsmotoren unter dem Touchpad - hörbar als leichtes Surren - an die Fingerkuppen weitergeben, wusste zu gefallen. Normalerweise den Xbox-360-Controller gewohnt, freundeten wir uns in Controller-optimierten Games schnell mit dem Steam Controller an, auch wenn die Umgewöhnung etwas Zeit erfordert.
Als Gamepad-Ersatz überzeugte der Controller übrigens auch bei anderen Genres, die sich gut für Gamepads eignen. Autorennspiele vom Schlage eines "GRID 2" etwa stellen mit dem Steam Controller kein Problem dar. Auch Action-Adventures, die ohnehin gut mit Controllern spielbar sind, stemmt Valves Gamepad-Erstlingswerk.
Maus-Tastatur-Shooter sind etwas komplizierter
Bei Games, die von Haus aus kein Gamepad unterstützen, verhält sich die Sache etwas komplizierter. Shooter-Klassiker wie "Half Life 2" mit dem Steam Controller zum Laufen zu bekommen, erfordert Einstellarbeit - selbst, wenn man mit den Voreinstellungen arbeitet. Bis man die optimale Maus-Sensitivität gefunden, die wichtigsten Aktionen auf die passenden Tasten gelegt und sich die Steuerung auch noch eingeprägt hat, kann es dauern.
Ist das geschehen, klappt auch hier die Steuerung ganz gut. Freilich: Games, die nicht für Controller optimiert sind, bringen noch andere Probleme mit. Beispielsweise Ingame-Hinweise, welche Aktion mit welcher Tastatur-Taste ausgelöst werden kann - und das darauf folgende Rätseln, auf welche Controller-Taste man denn die besagte Taste gelegt hat.
Da trifft es sich gut, dass die Controller-Einstellungen jederzeit während des Spielens geändert und überprüft werden können, es braucht also keine permanenten Spiele-Neustarts. Erwähnenswert: Der Controller kann mit Steam-fremden Spielen genutzt werden, allerdings müssen diese in die Steam-Spielebibliothek importiert werden.
Bei alten Shootern zeigte sich letztlich: Wenn man sich die Steuerung eingestellt und eingeprägt und sich an das Touchpad als Mausersatz gewöhnt hat, klappt ein Ausflug in Maus-Tastatur-Klassiker mit dem Steam Controller ganz gut.
Selbst Strategietitel sind spielbar
Ganz ähnlich verhält es sich bei weiteren Genres, die PC-Spieler üblicherweise mit Nager und Keyboard spielen: Strategie- und Rollenspielen. Wir haben uns mit dem Steam Controller in "Age of Mythology" und "Pillars of Eternity" gewagt und ihn als Maus-Tastatur-Ersatz genutzt.
Aulen auf die geeignet erscheinenden Controller-Tasten gelegt werden, an die Steuerung mit den zwei Touchpads muss man sich gewöhnen. Und dass das Interface von Strategiespielen - oder auch älteren RPGs - oftmals nicht unbedingt für die Anzeige am TV-Gerät optimiert ist und man ob des kleinen Texts gezwungen ist, näher an die Mattscheibe heran zu rücken, kommt erschwerend hinzu. Aber grundsätzlich sind auch solche Titel mit dem Steam Controller spielbar - wenn auch mit leichten Handicaps.
So schnell wie mit Maus und Tastatur ist man nie
Wichtig: Auch, wenn der Steam Controller Maus und Tastatur solide emuliert, so präzise und flott wie mit den echten PC-Eingabegeräten arbeitet man mit dem Gamepad nicht. Bei schnellen Mehrspieler-Games ist das ein klarer Nachteil gegenüber den Mitspielern und kann in Frust ausarten.
Will man vor allem die Singleplayer-Handlung eines Games aufsaugen oder in Strategiespielen ohne Zeitdruck gemütlich dahinbauen, ist das aber möglicherweise ein Kompromiss, den man aus Gründen der Gemütlichkeit einzugehen bereit ist.
Zumal der Steam Controller ja auch nicht als primäres Eingabegerät gedacht ist, sondern eben genau für die gelegentlichen Sofa-Sessions, die sich PC-Spieler womöglich hie und da wünschen, für die sie aber nicht extra eine Konsole anschaffen und das gewünschte Game nochmal kaufen möchten.
Saubere Verarbeitung, gutes Handling
Noch ein paar Worte zur Hardware an sich: Der Steam Controller ist etwas größer als etwa das Xbox-360-Gamepad, liegt durch seine ergonomische Form aber nicht schlechter in der Hand. Tendenziell erscheint er uns eher für größere Hände geformt zu sein, Besitzer kleinerer Greifwerkzeuge tun sich womöglich mit den beiden Tasten an der Controllerunterseite schwer.
Verarbeitung und Haptik überzeugen, wenngleich Valve für unseren Geschmack auf die Fingerabdruck-anfälligen Klavierlack-Akzente am Gerät verzichten hätte können. Details wie die Force-Feedback-Technologie unter den Touchpads oder die Trigger, die einen Mix aus analogem Tastenhub und digitalem Finish am Ende des Tastenwegs bieten, gefallen uns gut.
Lobenswert: Der Steam Controller kann mit Akkus betrieben und über microUSB aufgeladen werden, allerdings liegen lediglich normale AA-Batterien bei, um die Akkus muss sich der Spieler selbst kümmern. Die Akkulaufzeit erscheint adäquat: Bei uns hatte der Controller nach einer guten Woche mit einigen mehrstündigen Sitzungen noch fast die volle Ladung, ein Batterietausch dürfte also auch bei intensivem Gebrauch nur alle paar Wochen nötig sein.
Fazit: Cooles Gerät für Sofa-Sessions
Der Steam Controller ist aus unserer Sicht ein Eingabegerät mit großem Potenzial. Klar wird man damit nie so schnell und präzise "Counter Strike"-Onlinepartien bestreiten wie mit Maus und Tastatur, und auch bei der nächsten "Dota 2"-Meisterschaft wird wohl kein Teilnehmer mit dem Steam Controller antreten.
Seine Vielseitigkeit und die vielfältigen und komfortabel gelösten Einstellmöglichkeiten sowie die durchdachte Hardware - vor allem die Force-Feedback-Technologie finden wir toll - macht ihn aber zu einem äußerst interessanten Gadget für alle PC-Spieler, die hie und da einen Gaming-Abend auf der Couch bestreiten wollen. Zumindest, wenn sie keine Scheu vor ein paar Minuten im Einstellungsmenü haben.
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